Amer – Die dunkle Seite Deiner Träume (2009)

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Originaltitel: Amer
Regie: Hélène Cattet, Bruno Forzani
Drehbuch: Hélène Cattet, Bruno Forzani
Kamera: Manuel Dacosse
Musik: n/a
Laufzeit: 90 Minuten
Darsteller: Marie Bos, Delphine Brual, Harry Cleven, Bernard Marbaix, Cassandra Forêt, Charlotte Eugène-Guibbaud
Genre: Thriller, Experimentalfilm
Produktionsland: Frankreich, Belgien
FSK: ab 16 Jahren

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Als kleines Mädchen sieht Ana im Haus ihrer Eltern den aufgebahrten Leichnam ihres Großvaters. Und immer wieder begegnet Ana auch eine verschleierte Frau im Haus, die sie durchs Schlüsseloch in ihrem Zimmer beobachtet.
Jahre später kehrt Ana als junge Frau ins elterliche Anwesen zurück und kämpft immer noch gegen die Dämonen aus ihrer Kindheit und Jugend an.

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Lucas Dämmig hat den Film ja auch bereits besprochen, also will ich mich gar nicht länger mit der Erklärung des Giallo-Films aufhalten, sondern einfach hier meine Meinung über „Amer“ mitteilen.

„Amer“ ist ein visuelles Erlebnis sondergleichen. In vielen Szenen wurde ich natürlich an Dario Argentos alte Meisterwerke erinnert, aber oft, sogar sehr oft, musste ich an Filme von Nicholas Roeg denken. Die ruhige Art, die oft verwirrenden Szenen, die scheinbar nicht zusammenhängen und am Ende des Films trotzdem auf gewisse Art und Weise einen Sinn ergeben, der sich einem aber trotzdem auch nach längerem Grübeln irgendwie nicht erschließt.
„Amer“ ist einer jener Filme, die in die Kategorie „Ich hab’s verstanden , aber irgendwie doch wieder nicht. Oder eigentlich ja schon …“ fallen. So ging es den Zusehern oft bei Filmen von bereits erwähntem Nicholas  Roeg oder auch David Lynch. Aber die Franzosen  Hélène Cattet und Bruno Forzani kopieren nicht einfach – sie haben definitiv ihren eigenen Stil, der manchmal lediglich an andere Filme erinnert, aber dennoch eben seinen eigenen Weg geht.

„Amer“ ist verträumt, gruselig, melancholisch, sexy, anregend, betörend, brutal, wunderschön, verstörend, erschreckend, philosophisch und verwirrend in einem. All das dringt auf den Zuschauer ein, der nur eine einzige Chance hat, den Film auch nur annähernd zu begreifen: Er muss sich einfach fallen lassen, alle gängigen Konventionen, was Filme betrifft, vergessen und sich auf diesen visuellen Trip einlassen. „Amer“ erinnerte  mich auch oft an den fantastischen „Under The Skin“.

Völlig abseits des gängigen Mainstreams werden wir in eine wirre Welt geworfen, die Kindheit, Teenageralter und Erwachsenwerden und -sein ausdrückt. Die drei Teile, aus denen der künstlerische Film besteht, gehen nahtlos ineinander über, vermischen sich, erzählen eigene Geschichten und verbinden sich doch letztendlich wieder zu einem Ganzen. „Amer“ ist Kunst, Film, Lebenserfahrung und Traumabewältigung in einem. Ein sehenswerter Ausnahmefilm für Menschen, die sich auf etwas Außergewöhnliches einlassen und sich in einen Bilderrausch fallen lassen können.

Einziger kleiner Kritikpunkt: Gegen Ende hin zeigt der Film so manches Mal Längen, die man hätte unterbinden sollen, um den interessierten und geduldigen Zuschauer doch nicht am Schluss noch überzustrapazieren.

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Fazit: Zu Recht als Meisterwerk gefeiert, bietet „Amer“ einen unkonventionellen Bilder- und Sinnesrausch, dem man sich schwer entziehen kann, sofern man sich auf dieses filmische Experiment einlässt.

© 2015 Wolfgang Brunner

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