Dabulamanzi, Dela (Schauspielerin)

Dela3© Tom Wagner

Dela Dabulamanzi wurde 1980 in Köln geboren. Sie absolvierte eine Ausbildung an der Reduta Schauspielschule und
bestand die Sat 1 Actors Class. Im Jahr 2012 erhält Dabulamanzi den INTHEGA-Preis für „Licht im Dunkeln“
und wird für ihre Rolle in „SchwarzWeißLila“ am Grips-Theater in Berlin für den Ikarus-Preis nominiert.
Sie ist seit 2003 in Kurz- und Langfilmen sowohl im Kino als auch Fernsehen zu sehen.
Aber sie steht auch auf Theaterbühnen wie zum Beispiel im Ballhaus Naunynstrase und Atze Musiktheater (beide in Berlin) am Theater Konstanz und ab Winter 2016 im Hamburger Winterhuder Fährhaus.
Dela Dabulamanzi ist Teil des afrodeutschen Künstlerkollektivs Label Noir, das sich zur Aufgabe gemacht hat,  einen künstlerischen Raum zu schaffen, in dem die Hautfarbe oder die Herkunft schwarzer SchauspielerInnen nicht darauf beschränkt wird, nur Fremdheit und Exotik darzustellen. Hinter der Vereinigung steht das Verlangen nach einem Theater, in dem die SchauspielerInnen nicht nur ihre Hautfarbe, sondern schlichtweg ihr Menschsein verkörpern dürfen.
Dabulamanzi arbeitet immer wieder mal auch noch als Synchronsprecherin.
Film-Besprechungen durfte dem vielseitigen Talent einige Fragen stellen.

1. Zuerst einmal würde mich brennend interessieren, welche Person oder welches Ereignis der Auslöser war, warum Du Schauspielerin geworden bist.

Es gab tatsächlich keinen konkreten Auslöser. Im Alter von 5 Jahren hatte ich schon 3 klare Berufswünsche: Stewardess, Ärztin oder Schauspielerin. Stewardess fiel mit 16 weg, da nach einer Kanadareise die Flugangst bei mir einsetzte, die ich mit Mühe und Not wieder los wurde. Ärztin schied kurz darauf auch aus, als ich bei ’ner Klassenkameradin, dessen Vater Pharmazeut war, mir sämtliche Bildbänder über Krankheiten reingezogen habe und da ist die romantische Vorstellung dieser Form der Nächstenliebe ganz schnell verflogen. Und da ich eh sehr früh in Theater AGs aktiv war, blieb nur noch das Schauspielen übrig. Und was alle 3 Berufe für mich verbindet: Meinem Gegenüber eine bessere Zeit zu bereiten.

2. Du machst auch Synchronisationen. Achtest Du bei dieser Arbeit auch darauf, wie die Schauspielerinnen agieren? Ertappst Du Dich manchmal dabei, dass Du denkst: ‚Das hätte ich jetzt aber anders gemacht.‘?

Ich muß drauf achten, wie die Schauspielerinnen agieren, da ich ja das Spiel von ihnen abnehme. Es ist aber nicht immer gefragt, es eins zu eins abzunehmen. Und die eigene Note kommt sowieso immer mit hinzu. Ehrlich gesagt gab es eine Produktion, wo ich mich bei dem Gedanken ertappte, es anders umzusetzen, als die Schauspielerin es tat. Schließlich gibt es viele Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen bzw. eine Figur darzustellen. Doch zu 99% empfinde ich eher Demut, lang erarbeitete Figurenarbeit in Minutenschnelle zu synchronisieren. Ich hege dabei den Anspruch, die Arbeit der Kollegen bestmöglichst zu übersetzen. Insbesondere bei meiner Rolle „Crazy Eyes“ in „Orange is the New Black“ denke ich mir oft : „Alter, Uzo Aduba spielt die Rolle so genial, wie kann ich dem denn gerecht werden“ – mit dem Regieteam denke ich aber, daß wir das Beste rausgeholt haben bzw. noch tun.

3. Was spielt sich in Deinem Kopf ab, wenn etwas nicht so geklappt hat, wie Du Dir das vorgestellt hast? Frustration oder eher ‚Jetzt erst recht‘?

Früher noch Frust und Angst. Mit der Erfahrung aber eher eine Gelassenheit, da man nur durch Sackgassen die Figur erst kennenlernen kann. Ich reagiere aber sehr allergisch drauf, wenn einem nicht der Raum gewährt wird, um probieren zu können. Es ist vermessen zu denken, daß ein Schauspieler auf Knopfdruck funktioniert. Eine Figur muß sich entwickeln. Beim Theater geht nach der Premiere das Eigenleben der Figur doch auch erst richtig los. Ich erarbeite mir für einen Charakter im Vorfeld,  einen variationsreichen Fahrplan, und dann muß man durch Austausch mit der Regie die Haltestellen gemeinsam festlegen. Beim Casting kriegt man aber schon ein Gespür dafür, wie die Kommunikation funktioniert, und wenn man besetzt wurde, ist eh die halbe Miete drin.

4. Was gehört zu Deinem Alltag als Schauspielerin, außer dem Schauspielen selbst?

FB abhängig sein, Emails checken, mal die Homepages updaten, Kameratraining für die Zeit zwischen den Jobs, mal wieder neue Schauspielerporträts machen, ich sollte mehr auf Premieren und Partys präsent sein, was wichtig in dem Job ist, aber wenn ich in Stimmung bin, bin ich phasenweise gerne unterwegs. Und sonst selber Projekte auf den Weg bringen. Derzeit arbeiten wir an der Umsetzung von Hedda Gabler unter der Regie von John Gould Rubin, an einer Drehbuchadaption von der wunderbaren Sharon Dodua Otoo, die den diesjährigen Ingeborg Bachmann Preis gewonnen hat. Dann an einer Theaterreihe mit Filmelementen über 30 Jahre Schwarze Bewegung in Deutschland, und vor kurzem habe ich ein Projekt abgeschlossen: „ Die Gelegenheit“, das in Zusammenarbeit u.a. mit Label Noir, SFC, E.o.t.o . und BDS (Black Diaspora School) ISD, Amadeu Antonio Stiftung stattgefunden hat und da habe ich ein Drehbuchabend und -workshop veranstaltet.

5. Du bist Mitglied der Gruppen „Schwarze Filmschaffende in Deutschland“ und „Label Noir“. Wie intensiv ist es, sich mit diesen Projekten neben der Schauspielerei zu befassen.

So intensiv, dass ich ehrlich gesagt, keinen Bock habe, mich damit zu befassen. Es ist kein Projekt, es ist eine Notwendigkeit und Überlebensstrategie. Es geht ja gerade nicht nebenher, es ist ein fester Bestandteil meines Berufes und meines alltäglichen Lebens und ich hasse es. Ich hasse es, ein Politikum zu sein, und ich hasse es, dass mein Sohn und Millionen anderer Kinder mit ihrer Geburt zum Politikum gemacht werden. Und alle anderen auch ein Politikum sind, diese sich aber selber nicht als solches wahrnehmen. Es ist einfach alles absurd. War es nicht Bukowski, der gesagt hat, dass der Mensch aus Blut, Wasser und Scheisse besteht? Kann man sich nicht einfach auf diese Gemeinsamkeit besinnen und dass wir alle keinen Plan haben, was nach dieser Nummer hier auf Erden passiert. Wir haben alle Minderwertigkeitskomplexe, und ja die tun weh, aber die mit einem ethnischen und genderbezogenen etc. Feindbild ausgleichen zu wollen, lässt einen geistig nicht wachsen. Und wenn da noch Narzissmus hinzukommt, na denn „Good Morning dear so called civilisation“.  Um aber auf Deine Frage  konkret zurückzukommen, es ist schön und aufbauend, zu sehen, dass sich da ein so großes kreatives Netzwerk entwickelt, das sich weitgehendst unterstützt. In diesem Rahmen hatte ich im Juni den Drehbuchabend „Die Gelegenheit“ im moviemento Kino veranstaltet. An diesem Abend wurden unglaublich tolle, spannende Bücher von Autoren vorgestellt,  die dann von SchauspielerInnen in einer szenischen Lesung präsentiert wurden. Und es ist einfach empowernd, wenn sich politisch geprägte Erfahrungswelten  mit deiner decken. Die junge neue frische Generation an FilmemacherInnen wird die Landschaft aufmischen und alltägliche, spannende Geschichten und Biografien auf die Mattscheibe bringen. 

6. Wie verbringst Du Deine Freizeit? Wo findest Du am besten Entspannung?

Als noch relativ frischgebackene Mutter, mein Sohn ist 2 Jahre alt, ist er die beste Entspannung ever. Entspannung hat für mich eine neue Dimension bekommen. Ich verstehe es nun auf privater Ebene, was das tatsächliche Einlassen bedeutet. Wirklich im Moment zu sein. Der Beruf erfordert es, aber du hast tausend Rädchen im Kopf, die laufen und permanent überprüfen, was Du gerade spielst. Als Eltern sind die Instinkte sowieso permanent aktiv, die dafür Sorge tragen, dass beim Raufen hoffentlich nichts passiert und mit so einem kleinen Menschen darf ich die Zeit stehen lassen, spazierengehen, die Berliner Bären auf den Autokennzeichen zählen … Und seit kurzem treibe ich wieder Sport: Fitnessboxen (geil!). Außerdem Handwerken , Musik hören, bei nem Glas Rotwein oder Cremant mit Freunden Zeit verbringen.

7. Welche fünf Bücher und welche fünf Filme würdest Du auf eine einsame Insel mitnehmen und warum?

Das ist jetzt aber eine Zustandsbeschreibung, nächste Woche kann die Liste anders ausschauen:

Bücher:
Lichtjahre von James Salter : 
Eine wunderbar erzählte Liebesgeschichte, über die Liebe auf Zeit

Set this house in order von Matt Ruff: Cool und kurzweilig geschriebenes Buch über multiple Persönlichkeiten

Alle Bücher von Chimamanda Ngozi Adichie: Ich habe dabei das Gefühl, immer etwas mehr über mich zu erfahren und somit auch über die Welten, zwischen denen ich lebe

Sammelband der Glaubensbücher (Bibel, Koran, Thora …):  Da hab ich mal endlich Zeit, die zu lesen, und die Ruhe drüber zu sinnieren, um festzustellen, daß die wohl mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede haben.

Filme:
Blue Valentine: So wie das Leben spielt: Du hast alles Glück dieser Welt, aber Du scheiterst trotzdem. Weil Dein Glück nicht das Glück des andern sein muß.

L.A. Crash: Zutiefst real, mit Hoffnung auf Besserung

Toni Erdmann: Lass Deinen inneren Clown nicht vor die Hunde gehen; Und ein so ehrliches Vater Tochter Porträt, das mich einfach sehr unterhalten und bewegt hat.

Kevin Hart: Brauch ja noch was zu lachen. 🙂

Netflix: Selbst auf ’ner einsamen Insel gibt es W-Lan. 😉

8. Welcher Mensch steckt in Dir? Was sind Deine Wünsche, Hoffnungen und Ziele?

Was für eine Frage (hehe)! Das versuche ich auch gerade herauszufinden. Es steckt eine gute und friedliche Seele in meinem Körper, die in Situationen, in der sie das Gefühl hat, sich behaupten zu müssen, mal verquert rüberkommt. Ansonsten bin ich ziemlich gelassen, und hasse es, wenn diese als Prinzipienlosigkeit interpretiert wird. Es gibt das Lied von Tony Allen, daß mich seit langem begleitet: „ Don’t take my kindness for weakness“.

Und ansonsten in der Zeit des gesellschaftlichen und politischen Positionierungszwangs, lerne ich meine Weiblichkeit neu kennen und feiere sie. Das setzt unglaubliche Kräfte frei. Und mit dieser positiven Kraft, die zur Ressource wird, erlebe ich mehr Selbstliebe und mit dieser Selbstliebe nehme ich mein Gegenüber mit mehr Humor und weniger Verbissenheit wahr und auch an. Das ist meine kleine persönliche und praktische Erleuchtung. Und diese Erleuchtung impliziert die Wünsche, Hoffnungen und Ziele, die ich habe.

9.  Welchen Schauspieler, Musiker oder wen auch immer würdest Du gerne einmal persönlich treffen?

Es gibt so viele positive spannende Menschen mit interessanten Perspektiven aufs Leben, da lass ich mich doch immer wieder gerne überraschen.

Auf der andern Seite aber gern den ein oder anderen machtbesessenen Politiker / Lobbyist auf den heißen Stuhl setzen und immer wieder die Frage stellen: Was fühlst Du, wenn …?

10. Welche(r) SchauspielerIn war schuld daran, dass Du diesen Beruf gewählt hast?

Meine Familie, alles Schauspieler … you know what I mean …

11. Was sind die fünf wichtigsten Dinge in Deinem Leben?

Familie & Freunde, meine Gesundheit, meine Wohnung, mein Cappuchino am Morgen, ach ja, und mein deutscher Pass.

Ich bedanke mich für die Beantwortung Deiner Fragen und wünsche Dir für die Zukunft alles Gute.

© 2016  Wolfgang Brunner / Dela Dabulamanzi