Alone (2020)

Originaltitel: Alone
Regie: John Hyams
Drehbuch: Mattias Olsson
Kamera: Federico Verardi
Musik: Nima Fakhrara
Laufzeit: 98 Min.
Darsteller: Jules Willcox, Marc Menchaca, Anthony Heald. Jonathan Rosenthal
Genre: Drama, Thriller
Produktionsland: USA
FSK: ab 16 Jahre

*

Jessica, kürzlich erst Witwe geworden, wird auf der Reise zu ihren Eltern von einem kaltblütigen Mörder entführt. Ihr gelingt die Flucht in die Wildnis, wo sie sich nicht nur gegen den Killer sondern auch noch zusätzlich gegen die Naturgewalten beweisen muss.

*

Kein geringerer als der Sohn des Regisseurs Peter Hyams (unter anderem „Outland – Planet der Verdammten“, „2010 -Das Jahr, in dem wir Kontakt aufnehmen“ oder „Das Relikt“) steckt hinter diesem perfiden Katz-und-Maus-Thriller, der einen von der ersten Minute an den Atem raubt und in seinen Bann zieht. Hyams beherrscht sein Handwerk, das sieht man dem Film durchgehend an. „Alone“ wirkt wie eine Mischung aus den Kultfilmen „Beim Sterben ist jeder der Erste“ (1972), „Open Season – Jagdzeit“ (1974) und „Unhinged – Außer Kontrolle“ (1982) mit einem Schuss „Hitcher – Der Highway Killer“ (1986) oder auch Süüielbergs „Duell“ (1971). Doch trotz dieser Vergleiche geht Hyams Thriller einen eigenen Weg. Und den vergisst man nicht mehr so schnell, denn die Spannungsschraube dreht sich während der fast 100 Minuten langen Laufzeit unerbittlich enger. Das Tempo, das Hyams vorgibt, hält er konsequent ein und treibt nicht nur die Hauptdarstellerin damit in den Wahnsinn, sondern auch das Publikum. Die Spannung von „Alone“ ist manchmal fast schon unerträglich und man würde am liebsten in den Bildschirm springen, um der gejagten Frau zu helfen.

Neben der Spannung kann „Alone“ aber auch mit wunderschönen Aufnahmen aufwarten. Wenn Jessica etwa vor ihrem Entführer und Peiniger in den Fluss springt, denkt man bei den stimmungsvollen Naturaufnahmen unwillkürlich an den bereits oben genannten „Beim Sterben ist jeder der Erste“. Der Film ist handwerklich perfekt und fängt die unterschiedlichen Stimmungen auf geniale Weise ein, so dass man gar nicht bemerkt, wie die Zeit vergeht. Hyams versteht es, den Zuschauer in seinen Bann zu schlagen und bis zum bitteren Ende nicht mehr loszulassen.
Beide Schauspieler zeigen ihr Können auf beeindruckende Weise. Da ist zum einen Jules Willcox als Witwe, die sich urplötzlich in den Fängen eines Geisteskranken befindet. Durch ihre natürliche und sympathische Spielweise zieht sie das Publikum auf ihre Seite, obwohl da auch Marc Menchaca als „Mann“ zumindest am Anfang in die gleiche Kerbe schlägt und einen durchaus charmanten Charakter darstellt. Wie er sich dann aber im Laufe des Filmes immer mehr zu einem kaltblütigen, rücksichtslosen Dreckskerl entwickelt, ist schon fast oscarreif. Die beiden Hauptdarsteller „harmonieren“ in ihren Rollen absolut und bringen Täter und Opfer überzeugend auf die Leinwand. Ich hätte noch gut und gerne eine weitere Stunden dabei zusehen können, wie der Psychopath sein Opfer jagt, das sich wiederum nicht kampflos ergibt. Es gibt einige wirklich beeindruckende Szenen mit den beiden.

Ich habe vorhin bereits erwähnt, dass der Spannungsaufbau bei diesem Film nicht besser sein könnte. Was Hyams aber dann mit seinen beiden Hauptdarstellern als furioses Finale inszeniert hat, hat schon fast Kultcharakter. Eine brutale Auseinandersetzung zwischen einer Frau und einem Mann bekommt man selten in dieser Form zu sehen. Und auch hier hat die Schauspielkunst von Jules Willcox und Marc Menchaca einen großen Anteil daran, dass dieses blutige Ende funktioniert.
Die beiden Hauptdarsteller tragen neben der professionellen Inszenierung mit ihrer Schauspielerei den Film und lassen vergessen, dass es sich eigentlich gar nicht um eine Großproduktion handelt. Jules Willcox vermittelt mit ihrer Mimik kraftvoll eine komplexe Mischung aus Angst und Stärke, während Menchaca mit seinen Blicken einen kaltblütigen und sehr gefährlichen Psycho mimt. In einer Szene telefoniert der Killer mit seiner Ehefrau, als wäre er der normalste Mann der Welt und hätte keinen böswilligen Kern in seinem Inneren versteckt. Genau das macht diesen Charakter so glaubhaft, denn auch in der Realität kann man sich oftmals nicht ganz sicher sein, dass jemand, den wir kennen oder sogar lieben, in Wirklichkeit nicht ein Monster wie der „Mann“ in „Alone“ ist.

*

Fazit: Nervenaufreibender Psychothriller mit zwei grandiosen Schauspielern. Unbedingt ansehen.

©2021 Wolfgang Brunner

Hinterlasse einen Kommentar