Lincoln (2012)

Lincoln

Originaltitel: Lincoln
Regie: Steven Spielberg
Drehbuch: Tony Kushner
Kamera: Janusz Kaminski
Musik: John Williams
Laufzeit: 150 Minuten
Darsteller: Daniel Day-Lewis, Sally Field, David Stratham, Joseph Gordon-Levitt, James Spader, Hal Holbrook, Tommy Lee Jones
Genre: Filmbiografie, Drama
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 12 Jahren

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Die letzten vier Monate im Leben eines der bekanntesten Präsidenten der Vereinigten Staaten. Abraham Lincoln ist wild entschlossen die Nord- und Südstaaten zu versöhnen und die Sklaverei abzuschaffen. Eine schwierige Aufgabe, denn er muss seine stärksten, politischen Konkurrenten für sich gewinnen.

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Und wieder widmet sich Spielberg einer historischen Begebenheit. Da sieht man wieder einmal, dass der Star-Regisseur so nahezu alle Genres beherrscht.
Für manch einen mag die Geschichte um die letzten Monate in Abraham Lincolns Leben enorm langweilig sein, weil im Grunde genommen irgendwie gar nichts passiert. Und das fast zweieinhalb Stunden lang! Und dennoch passiert wahnsinnig viel …

Daniel Day-Lewis hat zu Recht den Oscar als „Bester Hauptdarsteller“ bei der Verleihung im Jahr 2013 gewonnen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie gefühlvoll sich der Schauspieler in seine Rollen denken kann. Seine Darstellung als Lincoln ist wirklich sehenswert.
Aber auch Sally Field als seine Frau und Tommy Lee Jones als alter Politiker sind vollkommen überzeugend und beachtenswert. Fast wie im Flug vergehen die 150 Minuten, wenn wir Zeuge werden, wie Lincoln mit allen Mitteln versucht, die Sklaverei abzuschaffen.
John Williams Musik ist passend (wie immer), kann aber keine Melodie vorzeigen, die wirklich im Ohr bleibt. Williams kann das besser, das haben unzählige „Ohrwürmer“ bewiesen. Bei „Lincoln“ ist sie eher nichtssagend. Aber das ist auch gar nicht weiter dramatisch, denn der Zuseher richtet automatisch sein Augenmerkt auf die schauspielerischen Leistungen und da sind jede Menge zu sehen.

Mich hat der Film sehr beeindruckt, zumal ich einige Dinge über Lincoln erfahren habe, die ich gar nicht wusste. Okay, dass er Präsident und nicht auch noch Vampirjäger war, war mir klar. 😉

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Fazit: Absolut sehenswertes Historien-Drama mit einem unglaublich guten Schauspieler-Ensemble. Wer ruhige und sehr kurzweile Filme über historische Ereignisse mag, ist hier bestens bedient.

© 2014 Wolfgang Brunner

Sie leben (1988)

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Originaltitel: They Live
Regie: John Carpenter
Drehbuch: John Carpenter (unter dem Pseudonym Frank Armitage)
Kamera: Gary B. Kibbe
Musik: John Carpenter, Alan Howarth
Laufzeit: 90 Minuten
Darsteller: Roddy Piper, Keith David, Meg Foster, Peter Jason, Norman Alden, Al Leong
Genre: Horror, Science Fiction, Thriller
Produktionsland: USA
FSK: ab 18 Jahren

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Als John Nada eine Sonnenbrille findet und sie aufsetzt, macht er eine unglaubliche Entdeckung. Egal, wohin er sieht, erblickt er seltsame Botschaften, die ihm „befehlen“, zu konsumieren und zu gehorchen. Einige der Menschen sehen anders aus, wenn John die Brille aufsetzt und bald entdeckt er, dass die Erde Opfer einer Alieninvasion geworden ist. Die Außerirdischen versuchen, die Menschen durch die versteckten Botschaften zu manipulieren, um dann die Herrschaft über den Planeten zu übernehmen. John Nada nimmt den Kampf auf …

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Kultregisseur John Carpenter hat mit „Sie leben“ einen weiteren Meilenstein in seiner Karriere hingelegt. Zur damaligen Zeit wahrscheinlich unterschätzt, erzählt der Film eine Geschichte, wie sie heutzutage (wenn man die Aliens mal ausklammert) ohne weiteres wahr sein könnte. Sozialkritisch beleuchtet Carpenter die Menschen, die sich sehr leicht beeinflussen lassen und nur auf Konsum, Macht und Geld fixiert sind. Heute, 25 Jahre nach seinem Erscheinen, macht mich Carpenters verkanntes Werk nachdenklicher als seinerzeit.

Gut, man merkt dem Streifen sein Alter an, keine Frage. Die Masken der Aliens wirken teilweise lächerlich, obwohl sie dennoch auch irgendwie immer noch erschreckend und befremdlich aussehen. Aber die Stimmung, die Carpenter (vor allem am Anfang) schuf, ist einfach nur toll. Das liegt mit Sicherheit wieder an der gewohnten Musikuntermalung, die aus Carpenters eigener Feder in Zusammenarbeit mit Alan Howarth (wie schon bei Halloween, Die Klapperschlange, The Fog, Die Fürsten der Dunkelheit, Christine …) stammt, aber auch an den faszinierenden Kamerafahrten von Gary B. Kibbe, der seit 1987 den Carpenter-Stamm-Kameramann Dean Cundey abgelöst hat.

Einziges Manko an „Sie leben“ ist die fünfminütige „Klopperei“ zwischen den beiden Hauptdarstellern, wenn es darum geht, eine der geheimnisvollen Brillen aufzusetzen. Die wirkt auch noch heute auf mich unnötig in die Länge gezogen und übertrieben. Genau jene Prügelei ist es auch, die den Film damals auf den Index gebracht hat, wobei ich nicht verstehe, aus welchem Grund. In der Uncut-Fassung ist diese Szene also enthalten, in der gekürzten fehlt sie.

Ansonsten ist „Sie leben“ für mich ein typischer Carpenter-Film, wenn auch nicht einer seiner absolut besten.

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Fazit: In die Jahre gekommen, aber immer noch aussagekräftig. Carpenter kann es einfach und auch „Sie leben“ besitzt in meinen Augen, wie fast alle Filme des Regisseurs, eindeutig Kultcharakter.

© 2014 Wolfgang Brunner

Cold Prey 3 – The Beginning (2010)

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Originaltitel: Fritt vilt III
Regie: Mikkel Braenne Sandemose
Drehbuch: Peder Fuglerud, Lars Gudmestad
Kamera: Ari Willey
Musik: Magnus Beite
Laufzeit: 97 Minuten
Darsteller: Ida Marie Bakkerud, Julie Rusti, Kim S. Falck-Jørgensen, Pal Stokka, Arthur Berning
Genre: Horror
Produktionsland: Norwegen
FSK: ab 18 Jahren

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Der elfjährige Brath wird von seinem Vater misshandelt und in der einsamen, verschneiten Bergwelt Norwegens ausgestoßen. Doch der Junge kehrt zurück, tötet seine Eltern und verschwindet wieder. Zwölf Jahre später unternehmen sechs Jugendliche eine Bergtour und werden von Brath gejagt, weil der meint, was er in seiner Kindheit nicht hatte, sollen auch andere Jugendliche nicht bekommen …

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Ich habe mich echt auf dieses Prequel gefreut, denn die ersten beiden Cold-Prey-Filme haben mir ausnehmend gut gefallen. (Hier kann man meine Besprechungen zu Cold Prey und der Fortsetzung Cold Prey 2 nachlesen.)

Nun also kommt die Vorgeschichte zu den ersten beiden Teilen. Wer die Teile 1 und 2 gesehen hat, weiß, um welche Vorgeschichte es sich handelt. Nämlich die, in der es darum gehen sollte, wie der kleine Junge Brath von seinen Eltern verstoßen wird. Das kommt im Prequel auch vor, allerdings ist genau diese Handlung innerhalb 15 Minuten abgetan. Da hätte ich mir dann doch ein wenig mehr erwartet. 😦
Was dann, nach dem eigentlichen Rückblick in Braths Kindheit, folgt, ist (leider) ein Abklatsch von diversen Slasher-Filmen, der sich nicht mehr von der Masse abhebt.
Die Landschaftsaufnahmen sind teilweise sogar besser und schöner als in den ersten beiden Teilen, aber die Stimmung ist irgendwie verloren gegangen. Da hätte man wirklich mehr machen können, hätte man sich in erster Linie auf die Vergangenheit des Kindes und die Geschehnisse im elterlichen Haus konzentriert. Auch wenn dann nicht ein typischer Horrorfilm dabei herausgekommen wäre, es wäre aber mit Sicherheit ein stimmungsvolles Prequel geworden, das sich nahtlos in die anderen beiden Teile eingefügt hätte. So hat Regisseur Sandemose nur einen zwar schön anzuschauenden, aber ideenlosen Teenie-Slasher vorgelegt, wie es sie zuhauf gibt. Die außergewöhnlichen Handschriften von Roar Uthaug (Teil 1) und Mats Sternberg (Teil 2) fehlen dem dritten Part.

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Fazit: Leider etwas handlungsleeres Sequel, das sein Potential, nämlich die echte Geschichte des misshandelten Kindes Barth zu erzählen, komplett verspielt und im Sumpf unzähliger Slasher versinkt. Das hätte man besser machen können. Pluspunkte gibt es für die einzigartigen Natur- und Landschaftsaufnahmen.

© 2014 Wolfgang Brunner

Tödliche Versuchung – SOKO Wien (2009)

SOKO Wien

Originaltitel: Tödliche Versuchung
Regie: Robert Sigl
Drehbuch: Fritz Ludl, Mike Majzen
Kamera: David Sanderson
Musik: Lothar Scherpe
Laufzeit: 45 Minuten
Darsteller: Stefan Jürgens, Gregor Seberg, Lilian Klebow, Dietrich Siegl, Mona Seefried, Eva Habermann
Genre: Krimi, Thriller
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Der Bruder von Revierinspektorin Penny Lanz überfährt einen Mann, der, wie sich kurz danach herausstellt, bereits tot war. Was steckt dahinter und warum wurde der Unfall genau so inszeniert, dass es aussieht, als hätte Pennys Bruder den tödlichen Unfall verursacht?

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Und wieder einmal eine SOKO-Folge, die so richtig Spaß macht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass Pennys Bruder respektive Vater mitspielt und dadurch der Fall fast schon „privat“ wird. Das hat mir ausnehmend gut gefallen, vor allem auch, weil Lilian Klebow so richtig gut gespielt hat. Da hat Regisseur Sigl der Schauspielerin wirklich gute Emotionen entlocken können.
Die Inszenierungsweise ist in gewohnt hohem Niveau und die liebevollen Anspielungen auf Verhoevens „Basic Instinct“  sind hervorragend, weil nicht aufdringlich, gelungen.
Eva Haberman, die die meisten wahrscheinlich aus der Kult-Science Fiction-Serie „LEXX – The Dark Zone“ kennen dürften, agiert glaubhaft und verleiht dieser Folge eine gehörige Portion Erotik.

Durch die enorm gute Darstellerleistung dieser beiden Frauen (lilian Klebow und Eva Habermann) geraten die beiden männlichen Ermittler (Stefan Jürgens und Gregor Seberg) und Oberst Dirnberger (Dietrich Siegl) fast schon in den Hintergrund.
Inszenatorisch war auch diese Folge wieder absolut gelungen und auf hohem Level.

„Tödliche Versuchung“ war meines Wissens die erfolgreichste Folge aus der vierten Staffel und zeigt wieder einmal, Robert Sigls sicheres Händchen und Gespür für einen unterhaltsamen, spannenden und hochwertigen SOKO-Fall. Deswegen wird „Tödliche Versuchung“ wohl auch immer wieder gerne wiederholt.

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Fazit: Erotisch, spannend und ein bisschen Penny Lanz „privat“. Dieser sehr gelungene Mix funktioniert einwandfrei und unterhält hervorragend.

© 2014 Wolfgang Brunner

Need For Speed (2014)

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Originaltitel: Need For Speed
Regie: Scott Waugh
Drehbuch: George Gatins
nach einer Story von George Gatins und John Gatins
Kamera: Shane Hurlbut
Musik: Nathan Furst
Laufzeit: 131 Minuten
Darsteller: Aaron Paul, Dakota Johnson, Imogen Poots, Dominic Cooper, Michael Keaton
Genre: Action
Produktionsland: USA
FSK: ab 12 Jahren

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Tobey Marshall ist illegaler Street-Racer. Als der reiche und arrogante Rennfahrer Dino Tobey zu einem Rennen herausfordert, nimmt das Unheil seinen Lauf. Die beiden werden zu erbitterten Gegnern und um eines der größten illegalen Rennen zu erreichen, liefern sie sich eine schonungslose Verfolgungsjagd durch die USA. Beim Rennen selbst entbrennt ein erbitterter Kampf zwischen den Rivalen.

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„Need For Speed“ ist reinrassiges Actionkino. Ich kenne die erfolgreichen Videospiele nicht, war aber durch den Trailer neugierig geworden. Und ich bin überrascht, dass es eine einigermaßen gute Handlung gab, die gespickt mit allen Zutaten war, die ein unterhaltsamer Kinofilm so braucht. Von den Schauspielern hat mich am meisten Aaron Paul beeindruckt. Der sehr sympathische US-Amerikaner meisterte seine erste richtig große Hauptrolle bravourös. Aber auch Dakota Johnson, die übrigens die Tochter von Don Johnson und Melanie Griffits ist, konnte durchaus überzeugen.

Die Actionszenen und Stunts in der Videospielverfilmung sind spektakulär und wirklich atemberaubend gemacht. Auch kann der Film so einige gute Gags verzeichnen. Nur hin und wieder schleicht sich ein Spruch ein, für den man sich am liebsten „fremdschämen“ möchte. Aber insgesamt zeichnet sich der Plot durch konstante Spannung, nette Sprüche und teilweise nie gesehener Stunts aus. Die PS-starken Rennwagen tun ihr übriges, um „Need For Speed“ zu einem echten Konkurrenten der Auto-Renn-Serie „Fast And The Furios“ werden zu lassen. Während der über zwei Stunden andauernden Hetzjagd durch die USA kommt keine Sekunde Langeweile auf und das will schon was heißen, wenn es eigentlich nur um immer wiederkehrende Autorennen und -verfolgungsjagden geht.

Auf jeden Fall ist Scott Waugh ein spannender und cooler Film gelungen, der oft auch wunderschön fotografierte Aufnahmen zeigt. Aus meiner Sicht eine der gelungeneren Videospiel-Verflmungen, die ich mir auf jeden Fall nochmals ansehen werde.

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Fazit: Rasant, spannend und cool! Aufwendig inszenierte Videospielverfilmung mit atemberaubenden Stunts, heißen Autos und gutgelaunten Schauspielern.

© 2014 Wolfgang Brunner

The Legend Of Hercules (2014)

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Originaltitel: The Legend Of Hercules
Regie: Renny Harlin
Drehbuch: Renny Harlin, Daniel Giat, Giulio Steve, Sean Hood
Kamera: Sam McCurdy
Musik: Tuomas Kantelinen
Laufzeit: 99 Minuten
Darsteller: Kellan Lutz, Gaia Weiss, Scott Adkins, Roxanne McKee, Liam Carrigan, Liam McKintyre
Genre: Action
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 12 Jahren

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Hercules, Sohn des göttlichen Zeus und der menschlichen Königin Alkmene, erfährt erst im Alter von 20 Jahren, dass er göttlicher Abstammung ist. Doch auch das ändert nichts daran, dass er seine große Liebe namens Hebe ehelichen kann. Denn Hebe ist seinem Stiefbruder versprochen und durch einen Streit mit ihm wird Hercules von seinem Vater ins Exil nach Ägypten geschickt. Doch Hercules gibt nicht auf und kommt nach Griechenland zurück, um Hebe wieder zu sehen. Bald schon entdeckt er, dass er durch seinen Gottvater außergewöhnliche Fähigkeiten hat, die er dazu nutzt, seine Liebste, aber auch das ihm zustehende Königreich, zurückzuerobern.

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Renny Harlin hat schon einige gute Filme inszeniert („Deep Blue Sea“, „Cliffhanger“, „Cleaner“, „Tödliche Weihnachten“, um nur ein paar zu nennen) und so war ich natürlich auf seinen neuesten Film auch gespannt. „The Legend Of Hercules“ ist ohne Frage gut inszeniert und die teilweise absolut tollen Kämpfe beeindruckend choreographiert. Aber dennoch fehlt dem Film letztendlich das gewisse Etwas. Ich kann nicht einmal genau sagen, woran es liegt. Schauspielerisch ist alles in Ordnung, da haben mich sowohl Kellan Lutz („Twilight-Saga“) in der Titelrolle, als auch Gaia Weiss als Hebe und vor allem Scott Adkins („X-Men Origins: Wolverine“, „Expendables 2“ und „Zero Dark Thirty“) als Amphitryon überzeugt. Es ist wohl die eher „unterkühlte“ Inszenierung, der das richtige Gefühl fehlt.

Nichtsdestotrotz ist Harlins neuester Film absolut unterhaltend und kann mit vielen schönen Bildern und vor allem tollen Kämpfen aufwarten (wobei der erste Kampf in der Grotte gegen die Ägypter mehr als lächerlich wirkt 😉 ). Die Musikuntermalung von Tuomas Kantelinen tut das ihre dazu, um eine entsprechende Abenteuer-Stimmung aufkommen zu lassen. Die Intrigenwelt der Herrscherfamilie war sehr gut dargestellt und hat einen mitfiebern lassen. Und dennoch wirkte der Film „altbacken“ auf mich, was wahrscheinlich am „durchgenudelten“ Thema lag. Hercules kämpfte sich einfach schon zu oft über die Leinwand. Sehenswert ist „The Legend Of Hercules“ allemal, alleine schon wegen den tollen Kampfszenen und einigen guten Schauspielerleistungen.

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Fazit: Toll choreographierte Kämpfe machen leider noch keinen Blockbuster. Renny Harlins „Hercules“-Variante kann absolut unterhalten, aber das gewisse Etwas für einen wirklich guten Film, fehlt leider. Dennoch sehenswert und kurzweilig.

© 2014 Wolfgang Brunner

Vidocq (2001)

Vidocq

Originaltitel: Vidocq
Regie: Pitof
Drehbuch: Pitof, Jean-Christophe Grangé
Kamera: Jean-Pierre Sauvaire, Jean-Claude Thibaut
Musik: Bruno Coulais
Laufzeit: 98 Minuten
Darsteller: Gerard Depardieu, Guillaume Canet, Inés Sastre, André Dussollier, Édith Scob, Moussa Maaskri
Genre: Mystery, Thriller
Produktionsland: Frankreich
FSK: ab 16 Jahren

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Im Paris des Jahres 1830 treibt ein Phantom mit einer mysteriösen Maske aus Glas sein Unwesen. „Der Alchemist“, wie der Geheimnisvolle genannt wird, entführt junge Mädchen, die nie wieder gesehen werden. Vidocq, einer der größten Detektive seiner Zeit, beginnt zu ermitteln und das Phantom mit der gläsernen Maske zu jagen.

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Die visuelle Handschrift Pitofs ist bei „Vidocq“ unübersehbar. Die Bilder erinnern sehr oft an Filme wie „Die Stadt der verlorenen Kinder“ oder „Delicatessen“ bei denen Pitof seinerzeit für die visuellen Effekte verantwortlich war.  Bei seinem Regiedebüt konnte er dann noch zusätzlich die Leitung übernehmen. Herausgekommen ist tatsächlich ein visuell beeindruckender Film, der bei seinem Erscheinen  bahnbrechend wirkte.
Pitofs Inszenierungsstil ist für den ein oder anderen Zuschauer mit Sicherheit gewöhnungsbedürftig, denn die hektischen Kamerafahrten sind nicht unbedingt jedermanns Sache.

Handlungstechnisch wird eine verschachtelte, nicht immer einfache, Mystery-Geschichte mit einigen unabsehbaren Wendungen erzählt, die Spaß macht. Und hat man sich erst einmal an den Regiestil gewöhnt, findet man durchaus an vielen Einstellungen seinen Gefallen. Die Story ist nicht immer hundertprozentig logisch, was ich vom Mitdrehbuchautor und Schriftsteller Jean-Christophe Grangé („Die purpurnen Flüsse“, „Das Imperium der Wölfe“) eigentlich erwartet hätte. Aber, nun gut … es ist schließlich eine pseudo-historische Handlung, die eher in den Fantasy-Bereich rutscht. Und da gibt es nunmal mysteriöse Dinge, die sich nicht unbedingt immer erklären lassen müssen (und vielleicht auch nicht wollen/sollen).

Insgesamt ist „Vidocq“ auf jeden Fall ein sehenswertes Stück französicher Filmgeschichte mit einem gutgelaunten Depardieu. Die Mischung aus Horror, Action, Fantasy, Mystery und Thriller hat gewiss seine Reize, wirkt auf mich aber aufgrund des eigenwilligen Inszenierungsstils letztendlich doch irgendwie „unfertig“ und „unrund“.

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Fazit: Visuell beeindruckend, aber in sehr eigenwilligem Stil inszeniert, bietet „Vidocq“ spannende Unterhaltung mit einem gewohnt guten Gerard Depardieu.

© 2014 Wolfgang Brunner

Amer – Die dunkle Seite der Träume (2009)

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Originaltitel: Amer
Regie: Hélène Cattet, Bruno Forzani
Drehbuch: Hélène Cattet, Bruno Forzani
Kamera: Manuel Dacosse
Musik: n/a
Laufzeit: 90 Minuten
Darsteller: Marie Bos, Delphine Brual, Harry Cleven, Bernard Marbaix, Cassandra Forêt, Charlotte Eugène-Guibbaud
Genre: Thriller, Experimentalfilm
Produktionsland: Frankreich, Belgien
FSK: ab 16 Jahren

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Nach dem Tod ihres Großvaters besucht die kindliche Ana den Landsitz ihrer Familie. In den unheimlichen Fluren des bedrohlichen Herrenhauses fühlt sie sich bald von seltsamen Gestalten verfolgt.
Ein paar Jahre später: In Anas  Jugend trifft ihre seltsame Lust an der Angst auf ihre erwachende Sexualität – eine Kombination, die zumindest in ihrer Phantasie äußerst schräge Blüten treibt. In der dritten und längsten Episode stellt sich die erwachsene Ana im Haus ihrer Großmutter den Geistern ihres Lebens, die inzwischen erschreckend reale Formen angenommen haben …

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Wow! Was soll ich zu diesem Film sagen… „Mindfuck“, „a real masterpiece“, „fuckin‘ awesome“ – all das wäre zuwenig, um Amer zu beschreiben. So etwas habe ich bisher noch nie gesehen. Das belgisch-französische Filmdebüt der beiden Regisseure in Spielfilmlänge hat es echt in sich.

Doch bevor ich jetzt weiterschwärme noch einen Warnung: Das ist ein Kunstfilm! Wer einfach nur Unterhaltung sucht, sollte hier die Finger davon lassen! Hier bekommt der Hollywood-Mainstream so richtig ein’s in die Fresse.

Amer ist eine Hommage an das Genre des italienischen Giallo-Filmes, der in Italien um 1960 äußerst populär war. Gialli (wie sie in der Mehrzahl heißen) waren oft reißerische Thriller voller Gewalt und Sexualität, die mit einfallsreichen Bildern in Szene gesetzt wurden. Ohne dieses Genre wären viele Filme Brian de Palmas (z.B. Scarface) überhaupt nicht denkbar gewesen. Und der typische amerikanische Slasherfilm beruft sich auch auf dieses Genre, was als erstes die Abgründe der menschlichen Seele zeigte. Amer nähert sich diesem Genre mit einem künstlerischen Ansatz und rückt besonders Töne und aufwendige Perspektiven in den Mittelpunkt. Der Name Giallo (bedeutet gelb) leitet sich übrigens vom gelben Einband billiger italienischer Krimi-Taschenbücher ab. Und „Amer“ bedeutet übersetzt soviel wie „Verbitterung“.

Doch genug der Vorinformation, kommen wir nun zum eigentlich Film. Wenn ich den Film mit einem oder zwei Worten beschreiben müsste, würde ich sagen: bizarre Schönheit. Es ist ein wildes, verrücktes und ziemlich gewagtes Experiment. Im Großen und Ganzen umfasst es drei Stationen im Leben einer Frau namens Ana – von der Kindheit bis zum Erwachsenenleben. Wie diese drei Episoden ursprünglich zusammenhängen, wird nicht erklärt – man ahnt es eher, als es zu wissen. Da der Film kaum einen Dialog enthält (insgesamt werden wohl nicht viel mehr als 10 Sätze gesprochen), der die Vorgänge auf der Leinwand erklären könnte, muss man sich ganz auf die sorgsam komponierten Bilder verlassen und sich von ihnen die Geschichte erzählen lassen. Diese lassen natürlich mehr als genug verschiedene Interpretationen zu sodass außer dem Grundgerüst nicht viel fest steht.

Einen weiteren wichtigen Aspekt des Filmes macht die „Filmmusik“ aus. Hier kommen Originalstücke aus Giallos zum Einsatz. Es ist inszeniert wie ein Drogenrausch. Besonders mit Licht und Farbe sowie extremen Kameraeinstellungen wird hier viel gespielt. Das extravagante Sounddesign treibt das Ganze dann noch auf die Spitze. Ich könnte endlos über diesen Film schreiben, ohne seiner künstlerischen Schönheit auch nur im geringsten gerecht zu werden. Besonders fasziniert hat mich, dass man fast kaum ein gesprochenes Wort hört, der Film aber dennoch permanent durch die Bildsprache zu erzählen weiß. Durch die vielen Interpretationsmöglichkeiten ist das Ganze wie gesagt oft nur schwer nachvollziehbar und daher sicher nicht jedermanns Sache, aber wer den künstlerischen Aspekt eines Filmes würdigen kann – nur zu!

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Fazit: Ein Film der mehr Fragen stellt als er beantwortet. Außergewöhnlich. Ich freue mich schon richtig auf der nächste Werk der beiden Regisseure welches am 29. Januar 2015 auf DVD erscheint und den Titel The Strange Colour Of Your Body’s Tears (deutscher Titel: Der Tod weint rote Tränen) trägt.

© 2014 Lucas Dämmig

Stalingrad (2013)

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Originaltitel: Сталинград
Regie: Fjodor Bondartschuk
Drehbuch: Ilja Tilkin, Sergei Sneschkin
Kamera: Maxim Osadtschi
Musik: Angelo Badalamenti
Laufzeit: 135 Minuten
Darsteller: Pjotr Fjodorow, Janina Studilina, Dmitri Lyssenkow, Alexei Barabasch, Andrei Smoljakow, Marija Smolnikowa, Thomas Kretschmann, Heiner Lauterbach
Genre: Krieg, Drama
Produktionsland: Russland
FSK: ab 16 Jahren

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Die Einnahme eines strategisch wichtigen Gebäudes in Stalingrad ist Ziel der vorrückenden deutschen Armee. Eine Gruppe entschlossener Soldaten und eine Frau, die schon immer in diesem Haus wohnt, stellen sich den deutschen Soldaten und verteidigen das Gebäude mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mittel.

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„Stalingrad“ ist der erste russische Film, der komplett in 3D gedreht wurde. Und da bin ich auch schon bei meinem ersten Pluspunkt, den ich diesem Kriegsfilm „verleihe“, denn ich habe die 3D-Fassung gesehen und war wirklich absolut begeistert. Vollkommen unaufdringlich zieht die dreidimensionale Fassung den Zuseher mitten ins Geschehen und lässt einen dabei sein. Das macht richtig Spaß.

Aber nun zum eigentlichen Film: Der hat mir ebenfalls sehr gefallen. Vor allem die russischen Darsteller machten ihre Sache wirklich sehr gut. Da gingen die deutschen Schauspieler Heiner Lauterbach und Thomas Kretschmann fast schon unter. 😉
Allen voran war Janina Studilina wirklich sehr überzeugend.
Die relativ einfach gestrickte Handlung war dennoch in hohem Maße unterhaltend, was aus meiner Sicht in erster Linie daran lag, dass Regisseur Fjodor Bondartschuk immer wieder geschickt zwischen actionlastigen und ruhigen, fast schon melancholisch wirkenden, Szenen wechselte. Dadurch bekam „Stalingrad“ fast schon einen Hauch von „Pearl Harbor“.

Die umwerfend gute Musik von Angelo Badalamenti tat ihr übriges dazu. Sie untermalte das Kriegsdrama eindringlich mit einer bombastischen, aber auch -wo angebracht- mit einer wundervollen, zarten Melodie, die einem nicht mehr aus dem Ohr ging. So muss Kino sein, egal aus welchem Land es kommt. Die ein oder andere kleine Drehbuchschwäche sei vergeben, wenn man zwei Stunden lang bombastisch, spannend und emotional unterhalten wird.
Sicherlich fühlt man sich so manches Mal an den Film von Joseph Vilsmaier aus dem Jahr 1993 erinnert, viel öfter musste ich allerdings an den 2001 erschienenen „Duell – Enemy At The Gates“ denken. Aber das bleibt natürlich auch bei der gleichen Thematik unausweichlich.

Auch wenn der Anfang des Films erst einmal befremdlich wirkt, so rundet er das Bild der dramatischen Kriegsereignisse dennoch (wenn auch nicht unbedingt vollkommen logisch) irgendwie auf melancholische Weise ab. Mir hat es, je länger ich darüber nachdenke, gefallen. Lasst euch überraschen, denn anfangs denkt man in der Tat, man sitzt im falschen Film. 🙂

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Fazit: Bombastisch, spannend und melancholisch zeigt „Stalingrad“ eine Auseinandersetzung aus russischer Sicht um ein wichtiges strategisches Gebäude. Die 3D-Umsetzung ist hervorragend gelungen und lässt, wie der Film überhaupt, nichts zu wünschen übrig.

© 2014 Wolfgang Brunner

…und Gerechtigkeit für alle (1979)

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Originaltitel: … And Justice for All
Regie: Norman Jewison
Drehbuch: Valerie Curtin, Barry Levinson
Kamera: Victor J. Kemper
Musik: Dave Grusin
Laufzeit: 115 Minuten
Darsteller: Al Pacino, Alan North, Craig T. Nelson, Lee Strasberg, Jack Warden u.v.m
Genre: Drama
Produktionsland: USA
FSK: ab 16 Jahren

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Der Anwalt Arthur Kirkland hat ein idealistisches Verständnis von Recht und Justiz. Seiner Meinung nach soll die Justiz dafür sorgen, dass die Gerechtigkeit siegt. Im Laufe seiner Tätigkeit muss er aber feststellen, dass die Realität anders aussieht. Bürokratische Pedanten wie der Richter Henry T. Fleming sorgen dafür, dass Kirklands Vertrauen in das Rechtssystem ziemlich erschüttert wird. Als er gebeten wird, ausgerechnet Fleming in einer Vergewaltigungsklage zu verteidigen, ahnt er nichts Gutes. Kirkland geht davon aus, dass Fleming seinen Ruf als glühender Verfechter für die Gerechtigkeit nutzen will, um als Unschuldiger dazustehen. Widerwillig nimmt er das Mandat an und gerät immer mehr in einen Konflikt zwischen seiner Karriere und seinem Selbstwertgefühl …

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Die Phrase „…und Gerechtigkeit für alle“ stammt aus dem üblichen Treueschwur der USA und ist am Anfang des Filmes zu hören. Aktuelle Ereignisse sprechen diesem Gelöbnis allerdings mehr als Hohn. Gerechtigkeit ist leider extrem subjektiv. Doch ich bin nicht hier um meine Meinung über Gerechtigkeit zu verbreiten sondern um über einen Film zu rezensieren.
Der Regisseur Norman Jewison ist in Hollywood keineswegs ein unbeschriebenes Blatt. Er ist für seinen sozialkritischen Blick auf Amerika bekannt. Ob Krimi- , Polit- oder Pokerfilme als auch Science-Fiction-Dystopien – er hat sich bisher an fast allem versucht und wurde dafür fünfmal für einen Oscar nominiert. Leider hat er bisher noch keinen gewonnen. Auf diesen Film bin ich durch ein Lied meiner Lieblingsband gekommen. Als ich dann noch feststellte das (der damals noch junge) Al Pacino (bekannt unter anderem aus Der Pate) mitspielt (wofür er übrigens auch für einen Oscar nominiert wurde), war klar dass ich mir den Film ansehen muss. Das Thema ist bekannt. Ein Justizwesen, das nach eigenen Regeln und fernab der hohen Ideale agiert. In dem Film sieht es allerdings eher wie eine Irrenanstalt aus, oder, um es anschaulicher zu formulieren wie das Haus, das Verrückte macht.

Jewison konnte Al Pacino für die Hauptrolle gewinnen und sich damit schon einen halben Erfolg sichern. Dieser spielt hier einen desillusionierten Staranwalt. Und das mit Bravour! Natürlich spielen neben Pacino auch noch andere bekannte Größen der damaligen Zeit wie Alan North und Craig T. Nelson mit. Insgesamt fand ich die Besetzung sehr gelungen. Der Regisseur schafft das Kunststück trotz aller Kritik, nicht lediglich ein zorniges, pessimistisches Drama daraus zu machen, sondern sogar so etwas wie Humor (wie etwa über schrullige Richter) einzubringen, und das an einer Stelle, wo man es am wenigsten erwartet. Nur bei der Filmmusik hat sich Jewison etwas vergriffen. Diese Art Pop mag zwar in den 70er-Jahren populär gewesen sein, passt jedoch hier überhaupt nicht dazu. Man merkt es dem Film eben an, das er vor 35 Jahren gedreht wurde. Nichtsdestotrotz halte ich ihn für eine gelungene Anprangerung des Justizsystems. Er hat zwar nicht viel geändert, doch vielleicht einigen Menschen zum Nachdenken gebracht.

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Fazit: Ein recht bissiger Film der die Utopie von Ethik und hoher Moral der Wirklichkeit gegenüber stellt. Nicht schlecht, doch durch Pacino mindestens Mittelmaß.

Metallica – …And Justice For All

© 2014 Lucas Dämmig