Originaltitel: Para – Wir sind King
Regie: Özgür Yildirim
Drehbuch: Hanno Hackfort, Katharina Sophie Brauer, Luisa Hardenberg
Kamera: Matthias Bolliger
Musik: Timo Pierre Rositzki
Laufzeit: 6 Episoden a 45 – 55 Min.
Darsteller: Dela Dabulamanzi, Jeanne Goursaud, Jobel Mokonzi, Soma Pysall, Roxana Samadi, Anna Platen, David Schütter, Walid Al-Atiyat, Florian Renner, Eidin Jalali
Genre: Drama, Horror, Fantasy, Komödie
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre
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Jazz, Fanta, Hajra und Rasaq sind beste Freundinnen und verbringen ihre Jugend auf den Straßen des rauen Berliner Stadtteils Wedding. Sie haben Träume und durch den Fund von einer Menge Kokain hoffen sie naiv auf schnelles Geld und dadurch ein besseres Leben. Doch ihr Plan entwickelt sich anders, als sie sich vorgestellt haben, und schon bald befinden sich die vier Mädchen in großer Gefahr.
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Ich hatte ja ein wenig Angst davor, dass ich „Para – Wir sind King“ nicht verstehen würde, weil die Serie als Ableger des Erfolges „4 Blocks“ angekündigt wurde, die ich (noch) nicht gesehen habe. Aber meine Bedenken waren vollkommen unbegründet, denn diese Serie hat eine vollkommen eigenständige Handlung, auch wenn ein paar Darsteller aus „4 Blocks“ mitwirken. Doch wenn man die Zusammenhänge nicht erkennt, versteht man das Abenteuer der vier Freundinnen dennoch. Und dieses Abenteuer hat es in sich. Auch wenn man sich anfangs ein wenig an die undeutliche Aussprache (und die manchmal unverständlichen modernen Ausdrücke der Jugendlichen) gewöhnen muss, so wird man sehr schnell mit einem authentischen Bild der heutigen Jugend belohnt, der einen spätestens ab der zweiten Episode vollkommen in seinen Bann zieht. Das liegt vor allem an dem wirklich äußerst natürlichen Schauspiel der vier Hauptdarstellerinnen, die man sofort ins Herz schließt, auch wenn sie nicht immer das machen, was einem gefällt. 😉
Vor allem wie die jeweiligen Familiensituationen geschildert wurden, hat mich regelrecht begeistert. Das war so natürlich und ungestellt, dass man oft vergaß, einen Film zu sehen und eher dachte, es handle sich um eine Dokumentation. Diese Szenen empfand ich als außergewöhnlich lebensnah und echt.
Der Plot ist nicht weltbewegend neu, aber die Kulisse von Berlin und die aus unterschiedlichen Herkunftsländern stammenden Protagonistinnen machen das fehlende Innovative mehr als wett. Es macht so unglaublich Spaß, sie auf ihrem spannenden Weg mitzuverfolgen, so dass man sich auf jeden Fall wünscht, ihnen in einer zweiten Staffel noch einmal zu begegnen. Ihre natürliche Schauspielerei, verbunden mit der rasanten Inszenierungsweise machen „Para- Wir sind King“ zu einem kurzweiligen Trip in die Berliner Drogenszene, bei dem aber auch die Probleme von jungen Menschen einen hohen Stellenwert einnehmen. Auch durch die außergewöhnlichen Kameraeinstellungen hebt sich diese Serie von ähnlichen Serien erfrischend ab. Wie oben schon erwähnt, muss man sich (zumindest die mittlere und ältere Generation) an die Sprache und das Verhalten der vier Mädchen gewöhnen, aber es dauert nicht lange und man fühlt mit ihnen, spürt ihre Ängste und Hoffnungen, als wäre man selber wieder jung. „Para – Wir sind King“ ist neben der spannenden Handlung auf gewisse Art und Weise auch eine einfühlsame Sozialstudie über das Leben der jungen Menschen, die mit verschiedenen Problemen im Alltag zu kämpfen haben. Sicherlich wird auch das ein oder andere Klischee bezüglich Rassismus, brutales Dealerverhalten etc.) bedient, aber auch diese Dinge passiert (leider auch) im wahren Leben. Die Freundschaft der vier Freundinnen hingegen sprengt so manches Klischee des Öfteren.
Die Geschichte wird sehr intensiv und hautnah erzählt, als wäre man unmittelbar dabei. Unbedingt zu erwähnen ist auch die Tatsache, dass in dieser Serie definitiv die Frauen die Hauptrollen übernehmen und ihren toughen, eigenen Weg gehen (unabhängig davon, ob dieser richtig oder falsch ist). „Para – Wir sind King“ hat mich so ziemlich in jeder Hinsicht überzeugt und beweist wieder einmal, dass auch in Deutschland außergewöhnliche Geschichten erzählt werden können, die nicht unbedingt ins Abendprogramm von ARD und ZDF passen, das Publikum aber überwiegend begeistern und für sich gewinnen können. „Para – Wir sind King“ ist eine mutige Serie, wie man sie sich öfters wünscht. Ich fände es jedenfalls toll, wenn die vier Freundinnen in einer zweiten Staffel ihre Freundschaft unter Beweis stellen würden.
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Fazit: Spannender, dramatischer, emotionaler und sehr authentischer Coming-of-Age-Krimi aus Deutschland. Unbedingt ansehen.
©2021 Wolfgang Brunner