![Daniele Grieco](https://filmbesprechungen.wordpress.com/wp-content/uploads/2016/04/daniele-grieco.jpg?w=415&h=624)
© 2016 Stella Maris Film
Daniele Grieco wurde am 15. September 1967 in Köln geboren und studierte ursprünglich Meeresbiologie in Neapel. Allerdings brach er das Studium ab, um als WDR-Radioreporter zu arbeiten.
1995 studierte Grieco vier Jahre lang an der New School of Social Research und der New York University den Fachbereich Filmproduktion und sammelt erste Erfahrungen als Autor und Regieassistent.
Nach dem Abschluss des Studiums kehrte Grieco nach Köln zurück, wo er als freier Autor und Regisseur (unter anderem für Sat1) tätig war.
Der Dokumentarfilm „The Last Giants – Wenn das Meer stirbt“ aus dem Jahr 2009 war Griecos Langfilmdebüt. 2014 folgte dann der Found Footage Horrorfilm „Die Präsenz“.
Film-Besprechungen freut sich sehr über das Interview mit Daniele Grieco.
1. Dein erster Film war eine Dokumentation über Wale. Vom Dokumentarfilm zum Horrorstreifen. Du scheinst sehr vielfältig zu sein. Was kommt als nächstes von Dir? War da nicht ein blutiger Film über eine Alien-Invasion in Planung?
„The Last Giants“ und „Die Präsenz“ waren die Erfüllungen von Kindheitsträumen, denn seit ich klein war, haben mich vor allem drei Dinge fasziniert: Erstens das Meer, zweitens Dämonen und drittens das Weltall. Es ist richtig, dass es in meinem dritten Film um eine Alien-Invasion geht. Mein dritter Film wird also die Erfüllung meines dritten Kindheitstraums. In diesem Fall geht es um etwas aus dem Weltall, das auf der Erde landet. Ridley Scotts „Alien“ war eine große Inspiration für mich, aber das traue ich mich kaum zu sagen, denn natürlich kann niemand an dieses Meisterwerk herankommen. Für einen solch anmaßenden Versuch hätten wir auch nicht genug Geld gehabt, denn auch mein dritter Film ist wieder eine Low-Budget Produktion im Found Footage Stil. Bei den Testscreenings haben sich die Zuschauer allerdings schon ziemlich gefürchtet. Im Oktober starten wir damit, im nächsten Monat legen wir mit der Facebook-Kampagne los. Dann können wir auch den Titel verraten.
2. Warum hast Du bei „Die Präsenz“ die Form des Found Footage gewählt? War dieses Stilmittel zwingend notwendig aus Deiner Sicht?
Es gab zwei Gründe: Zunächst mal Geldmangel – ich hatte keine Lust, jahrelang zu versuchen, ein großes Budget zusammen zu kratzen – Ausgang ungewiss – und wer weiß, ob einem dann am Ende nicht so viele Leute über die Schulter gucken, dass das Ergebnis nur noch bescheiden sein kann.
Der zweite Grund ist mindestens ebenso gewichtig: Bei „The Blair Witch Project“ und „Paranormal Activity“ habe ich am eigenen Leib erlebt, dass einem ein derart günstig produzierter Film genauso viel Angst machen kann wie ein teurer – vielleicht sogar mehr! Denn erstens darf man bei so wenig Geld jede noch so extreme und freakige Idee ausleben, die einem kommt und zum anderen sind die Zuschauer heutzutage alle möglichen Tricks und Kniffe aus der Geschichte des Horrorfilms gewohnt, so dass sie gegenüber konventionell produzierten Horrorfilmen eine gewisse Distanz zu den Ereignissen einnehmen. Einfacher gesagt: Sie sind nicht so leicht zu erschrecken. Wenn man nun etwas Scheindokumentarisches (eben Found Footage) zeigt, dann wissen die Zuschauer spätestens seit The Blair Witch Project zwar, dass dies nur ein Stilmittel ist, dennoch verfallen sie wider besseren Wissens dem dokumentarischen Stil und halten alles für etwas echter als in einer Hochglanzproduktion – die Distanz zur Leinwand schwindet so.
3. Mir persönlich haben in „Die Präsenz“ die vielen Anspielungen auf andere Horrorklassiker gefallen. Wie kamst Du auf die Idee, solche Kleinigkeiten darin zu verbauen?
Danke! Ich denke, jeder Filmemacher kämpft bei jedem Film erneut um jeden einzelnen Moment. Wenn man einen Horrorfilm macht, will man den Zuschauern etwas für ihr Geld geben. Das heißt: Man will sie so oft wie möglich erschrecken (und niemand ist wütender, als ein Horrorpublikum, dem man keine Angst gemacht hat!). Dafür muss man sich inspirieren lassen und sehen, wie das die Besten der Besten in früheren Jahrzehnten gemacht haben. Natürlich ist das auch jedesmal eine Hommage gegenüber den Genies, deren Filme man liebt und deren Tricks man kopiert. Andererseits braucht man dabei kein schlechtes Gewissen zu haben, denn auch diese Meister haben ihre Filme ganz genauso erschaffen. Niemand produziert im luftleeren Raum – alle bedienen sich bei denen, die vor ihnen waren.
4. Welches Projekt wäre bei finanzieller Unabhängigkeit Dein größter Traum?
Mein nächstes Projekt! Film Nummer 4 soll eine Dystopie werden. Titel und Inhalt kann ich noch nicht verraten, und ich habe auch noch keine Idee, wie ich ihn finanzieren soll. Mir schwebt allerdings nur ein Budget von 1,5 Millionen vor, denn ein Riesenbudget hat für mich mehr Nach- als Vorteile. So gut wie alle Kultfilme hatten ein geringes Budget. Für 150 Millionen kann man nur ein Studio-Monstrum drehen mit den üblichen Verdächtigen in der Hauptrolle und jeder Menge CGI, bis das Ganze nur noch wie ein riesiges Stück Plastik aussieht.
5. Was sind Deine absoluten Lieblingsfilme? Verrätst Du uns auch, warum das so ist?
„Alien“: Weil es der größte Science-Fiction Film aller Zeiten ist, weil dieses Wesen so grausam, so real, so zerstörerisch und so vollkommen ist wie die Physik der Sterne – so dass man eine tiefe, existentielle Wahrheit befürchten darf: Dies ist es, was die Tiefen des Alls für uns bereit halten. Das ist absolut erhabener Horror!
„Halloween“: Weil er es wie kein anderer Film geschafft hat, die größte Angst, die wir haben können, auf die Leinwand zu bringen: Die Angst vor uns selbst – die Angst vor dem schwarzen Mann.
Fellinis „Achteinhalb“: Fellini war kein Regisseur. Fellini war ein Magier. Er war der einzige Mensch, bei dem ich zu hundert Prozent sicher bin, dass er und nur er allein diese Filme hätte schaffen können. Wie? Das wird für immer ein Geheimnis bleiben.
Fellinis „Satyricon“: Der einzige Historienfilm, bei dem ich nicht das Gefühl habe, dass ein paar Schauspieler ein paar Sandalen angezogen haben, sondern bei dem ich mich so fühle, als hätte tatsächlich jemand vor 2000 Jahren eine Kamera aufgestellt.
6. Als Regisseur hat man es in Deutschland nicht leicht, wenn man sich dem Horrorgenre verschreibt. Du machst es trotzdem.:)
Siehst Du in der Zukunft eine Chance für den deutschen Horrorfilm?
Die Deutschen merken: Überall auf der Welt gehören Genre-Filme zum Filmsystem, nur in Deutschland traut man es sich entweder nicht oder die Ergebnisse sind nicht sehr spannend. Horrorfilme sind hierzulande etwas für Freaks, dabei waren sie seit Beginns des Kinos immer unter den größten Blockbustern: Von Murnaus „Nosferatu“ über „Psycho“ und „Halloween“ zu „Paranormal Activity“. Ein weiteres Problem ist, dass deutsche Kinofilme oft in Wahrheit Fernsehfilme sind, weil sie durch einen Sender mitfinanziert werden: Hätte bei Carpenters „Halloween“ damals eine Horde von TV-Redakteuren mitreden dürfen, wäre es wahrscheinlich ein Art weiterer Tatort geworden.
7. Was war das Witzigste bei den Dreharbeiten zu „Die Präsenz“?
Als Lukas Rebecca erschreckt, indem er mit einer Eishockey-Maske hinter den Möbelschonern hervorspringt: Die Szene stand nicht im Skript, und wir haben es mit Henning Nöhren geschafft, Liv Lisa Fries tatsächlich so zu erschrecken, dass ihr Schrei echt war! Was haben wir alle gelacht. Liv nicht. Doch, eigentlich sie auch – aber erst, nachdem ihr Herz wieder anfing zu schlagen.
8. Welche Art von Filmen schaut sich Daniele Grieco in seiner Freizeit an?
Vor allem alte Filme, immer wieder. Ich habe eine sehr große und einigermaßen vielfältige DVD-Sammlung, in der Sci-Fi- und Horror -Klassiker stehen wie „Der Exorzist“, „Alien“ (nur der erste!), „Blade-Runner“, „Halloween“, dann aber auch italienische Filme der 60er u.a. Fellini, mein Lieblingsregisseur, Pasolini, Antonioni, aber auch 70er Giallos von Fernando Di Leo etc. etc. Ich glaube, der einzige deutsche Film in der Sammlung ist der großartige „Es geschah am hellichten Tag“ von 1958, der mich als Kind mit Angst und Schrecken erfüllt hat.
9. Woran denkst Du spontan bei
– James Cameron
– Arnold Schwarzenegger
– Bob Hoskins
– Werner Herzog
James Cameron: „Terminator“! Ein großartiger und am Anfang von den Studios sträflich unterschätzter Film, der von einer Episode der 60er Jahre Serie „The Outer Limits“ inspiriert ist (die Episode hieß „Soldier“).
Arnold Schwarzenegger: Siehe Eintrag zu Cameron.
Bob Hoskins: Ein sympathischer Schauspieler, der aber in Filmen mitspielt, die mich nicht sehr interessieren.
Werner Herzog: Klaus Kinski.
10. Wie offen bist Du als Regisseur gegenüber verschiedenen Genre? Könntest Du Dir denn zum Beispiel vorstellen, einen Liebesfilm oder einen Western zu drehen?
Als vierten Film nach unserem Release im Oktober plane ich gerade einen dystopischen Film, sofern wir ihn finanziert bekommen. Einen Western könnte ich mir gut vorstellen, aber er wäre extrem realistisch und wohl auch ziemlich blutrünstig.
11. Welche fünf Dinge möchtest Du in Deinem Leben nicht missen?
Erstens: Die Menschen, die ich um mich herum habe, klar.
Zweitens: Surfen, so oft im Jahr wie möglich
Drittens: Gute Filme und Bücher.
Viertens: Wein
Fünftens: Vorzügliches Essen!
Vielen Dank für die interessanten Antworten. Ich freue mich schon sehr auf Deine nächsten Projekte und wünsche Dir alles Gute, sowohl im privaten wie auch im beruflichen Bereich.
Wer wisen will, wie mir Griecos „Die Präsenz“ gefallen hat, kann hier meine Rezension nachlesen.
© 2016 Daniele Grieco / Wolfgang Brunner
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