Knightriders – Ritter auf heißen Öfen (1981)

Knightriders

Originaltitel: Knightriders
Regie: George A. Romero
Drehbuch: George A. Romero
Kamera: Michael Gornick
Musik: Oscar Brown, Jr., Donald Rubinstein
Laufzeit: 145 Minuten
Darsteller:Ed Harris, Tom Savini, Gary Lahti, Amy Ingersoll, Patricia Tallman, Brother Blue, Ken Foree, Scott Reiniger, Martin Ferrero, Warner Shook
Genre: Drama, Action
Produktionsland: USA
FSK: ab 12 Jahre

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Billy führt eine Schaustellertruppe an, die Ritterspiele und -turniere auf Motorrädern zum Besten gibt. Für die meisten der Truppe ist es lediglich eine Möglichkeit, Geld zu verdienen, für Billy ist es allerdings eine Lebenseinstellung. Als die Medien auf die Gruppe aufmerksam werden und man mit den verrückten Bikern Geschäfte machen will, kommt es zu Diskrepanzen innerhalb der Gruppe. Billys bis dahin bester Freund Morgan, der durch die Aussicht auf Geld und Ruhm geblendet wird, macht Billy den Rang als König streitig. Ein Duell zwischen ihm und Billy bleibt unausweichlich.

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George A. Romeros „Knightriders – Ritter auf heißen Öfen“  erfuhr leider, wie viele seiner Filme, nicht die Aufmerksamkeit, die er verdient hätte. Schon bei Romeros anderen Filmen, seine Kultklassiker „Night of the Living Dead“ und „Dawn of the Dead“ einmal ausgenommen, passierte dasselbe: Das Mainstream-Publikum war für derart intellektuelle Filme einfach nicht bereit genug, um diesen einen entsprechenden (natürlich auch finanziellen) Erfolg zu verschaffen. Denn Kultcharakter hat so ziemlich jeder Film von Romero, selbstredend auch der vorliegende „Knightriders“. Ähnlich wie Romeros „Bruiser“ verschwand der Film nahezu sang- und klanglos in der Versenkung, um Jahre später zu einem Kultklassiker zu avancieren. Und diesen Titel kann man „Knightriders“ ohne weiteres zusprechen.

Romero setzt auch hier in erster Linie sein Hauptaugenmerk auf  sozialkritische Aspekte, wie er das übrigens auch hervorragend im genannten „Bruiser“ und natürlich auch bei „Dawn of the Dead“ und nicht zu vergessen dem meiner Meinung nach absolut unterschätzten „Diary of the Dead“ umgesetzt hat. Es wäre kein Romero-Film ohne diese Botschaft, die in die Handlung verpackt ist. So auch bei „Knightriders“, wo der sympathische und leider viel zu früh verstorbene Regisseur als wichtigste Aussage fokussiert, dass man sein Leben gestalten soll, wie man es mag. Ed Harris verkörpert die Rolle des Anführers Billy auf geniale, einfühlsame und glaubwürdige Weise. Man nimmt ihm jede seiner Handlungen ab und fühlt mit ihm. Die Ritterturniere auf dem Motorrad sind für Billy ein Lebensmotto, nahezu der einzige Sinn des Lebens. Und genau dieses Gefühl bringt Harris während des ganzen Films rüber. Es macht absolut Spaß, ihm dabei zuzusehen, wie er seine Lebenseinstellung verteidigt und dabei auf materielle Dinge keinen Wert legt.

Sein Widersacher Morgan, erstklassig dargestellt von „Spezialeffekte-Gott“ Tom Savini, stellt das Gegenteil dieser Lebensphilosophie dar und verkörpert dadurch den Anteil unserer Bevölkerung, der den größeren Teil ausmacht. „Knightriders“ spricht aber zudem auch noch Tabuthemen (damals noch weitaus tabuisierter als heute) wie Homosexualität an. Und das auch noch mit einer sympathischen Leichtigkeit, die beim Zuschauer unwillkürlich die Frage aufkommen lässt, warum dieses „Problem“ in der Gesellschaft eigentlich eines ist. Man muss Romeros Film unter einem bestimmten Aspekt sehen, um richtig Gefallen daran zu finden. Diejenigen, denen das zu anstrengende ist, bekommen aber dennoch ein gut durchdachtes, emotionales Drama mit hervorragenden Mottorrad-Stunts zu sehen.
Unbedingt erwähnenswert, und für Fans ein Muss, sind die beiden Kurzauftritte von Stephen King und seiner Gattin Tabitha, die sich zwischen den Zuschauern tummeln und eine grandiose Darstellung abgeben. Dieser Cameo-Auftritt kam auf Wunsch Romeros zustande, der mit Stephen King gut befreundet war. Nach „Knightriders“ arbeiteten die beiden bei „Creepshow“ zusammen.
Die vorliegende Veröffentlichung von Koch Media lässt für den Romero-Fan keinerlei Wünsche mehr offen: Auf zwei Blu-Rays und einer DVD im Mediabook sind sowohl die Kinofassung als auch die ungekürzte Fassung sowie jede Menge Extras enthalten. Ein Fest für Liebhaber dieses (aus meiner heutigen Sicht zumindest) zeitlosen Klassikers, den man immer wieder mal ansehen kann (und sollte).

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Fazit: Zeitloser, gesellschaftskritischer  Kultklassiker von Regielegende George A. Romero.

© 2019 Wolfgang Brunner

Die Schlange im Regenbogen (1988)

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Originaltitel: The Serpent And The Rainbow
Regie: Wes Craven
Drehbuch: Richard Maxwell, Adam Rodman
Kamera: John Lindley
Musik: Brad Fiedel
Laufzeit: 97 Minuten
Darsteller: Bill Pullman, Cathy Tyson, Zakes Mokae, Paul Winfield, Brent Jennings, Conrad Roberts, Badja Djola, Theresa Merritt, Michael Gough
Genre: Horror
Produktionsland: USA
FSK: ab 18 Jahre

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Dennis Alan ist Wissenschaftler und sucht im Auftrag eines Pharmaunternehmens auf Haiti nach  einem Pulver, das angeblich Menschen in Zombies, willenlose Untote, verwandeln soll. Mit der Psychiaterin Marielle Duchamp begibt er sich auf eine gefährliche Reise zwischen Leben und Tod …

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Ich habe „Die Schlange im Regenbogen“ das letzte Mal vor circa 30 Jahren gesehen. Schon damals hat mich dieser Film außerordentlich beeindruckt und fasziniert. Umso neugieriger war ich, wie Wes Cravens Voodoo-Shocker heute auf mich wirken würde. Und was soll ich sagen? Der Film hat mich sogar weitaus mehr als vor drei Jahrzehnten mitgerissen. Wie bereits bei seinem Ausnahme-Horrorfilm „Das Haus der Vergessenen“ schlug auch hier Wes Craven einen Weg ein, der sich vom Mainstreamkino etwas entfernt. „Die Schlange im Regenbogen“ ist ein Film, der sich erfreulicherweise mit der Thematik Voodoo und Zombies auf eine komplett andere Art und Weise beschäftigte, wie man es in den 80er Jahren von Filmen mit ähnlicher Thematik gewohnt war. Craven schafft eine einzigartige, fast schon hypnotische Atmosphäre, die sich durch den ganzen Film zieht. Bill Pullman meistert die Hauptrolle brillant. Und auch der Soundtrack von Brad Fiedel unterstreicht diese außergewöhnliche und bedrückende Stimmung optimal.

Hin und wieder sieht man Szenen, die sogar etwas an Wes Cravens Erfolgshit „A Nightmare on Elm Street“ erinnern. „Die Schlange im Regenbogen“ zeigt einen Horror, der mich an Ken Russells „Der Höllentrip“ erinnert hat: Realität und Drogenrausch vermischen sich zu einer wahnwitzigen Welt. Und die hat Craven hervorragend und vor allem glaubhaft inszeniert. Koch Media hat nun ein Mediabook auf den Markt gebracht, das neben der Blu-Ray auch noch die DVD-Version des Films enthält und eine Bonus-DVD. Jede Menge Extras erwarten den Fan, sodass ich das Mediabook als absolut gelungen bezeichnen möchte. Leider wurde „Die Schlange im Regenbogen“ in der Zeit seiner Veröffentlichung zu einem Flop. Der Film wurde damals definitiv unterschätzt und hat wahrscheinlich nur aus einem einzigen Grund den verdienten Erfolg nicht gehabt: er bedient nämlich nicht die gängigen Horrorklischees und lässt grauenerregenden Monster auf die Kinozuschauer los, sondern zeigt den Horror namens Realität.

In teils wunderschönen Bildern wird hier eine atemberaubende Geschichte erzählt die eventuell nur noch mit dem erwähnten „Der Höllentrip“ oder aber auch dem fantastischen „Angel Heart“ von Alan Parker zu vergleichen ist. Die Aufmachung des Mediabooks ist äußerst ansprechend und gefällt mir sehr gut. Eine Krönung wäre eventuell noch eine CD mit dem Score von Brad Fiedel gewesen, aber man kann schließlich nicht alles haben. Ausschlaggebend ist, dass dieser hervorragende Film endlich eine Veröffentlichung bekommen hat, die er verdient hat. Die Bildbearbeitung ist ebenfalls sehr gelungen. Sicherlich sieht man dem Film sein Alter an, aber in den meisten Szenen bekommt man diesen Streifen jetzt in einer Qualität zu sehen, die bedeutend besser ist als alle bisherigen Publikationen.
„Die Schlange im Regenbogen“ zählt für mich auf alle Fälle zu den zeitlosen Klassikern des „modernen“ Horrorfilms, den man sich immer wieder mal ansehen kann und auch sollte.

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Fazit: Würdige Veröffentlichung eines zeitlosen Horrorklassikers, der seinerzeit leider zu wenig Beachtung fand.

© 2019 Wolfgang Brunner

 

Baskin (2015)

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Originaltitel: Baskin
Regie: Can Evrenol
Drehbuch: Can Evrenol, Cem Özüduru, Erçin Sadıkoğlu, Eren Akay
Kamera: Alp Korfali
Musik: JF (Ulas Pakkan & Volkan Akaalp)
Laufzeit: 97 Minuten (uncut)
Darsteller: Mehmet Cerrahoğlu, Ergun Kuyucu, Görkem Kasal, Muharrem Bayrak
Genre: Thriller, Horror
Produktionsland: Türkei
FSK: JK geprüft

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Eine Sondereinheit der Polizei gerät im Keller eines Gebäudes durch eine Falltür in eine düstere, schockierende Unterwelt. Durch dunkle Tunnel betreten sie eine Welt, die eine wahr gewordene Hölle aus einem Alptraum zu sein scheint. Furchterregende Gestalten machen Jagd auf sie und eine blutige Auseinandersetzung entsteht.

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Ein Horror-Thriller aus der Türkei? Ich ging mit gemischten Gefühlen an diesen Film heran und wurde absolut positiv überrascht. Klar, die Handlung ist wirklich nicht das Nonplusultra und wirkt, wenn man genauer darüber nachdenkt, erst einmal wie an den Haaren herbeigezogen. Aber das tut der extrem düsteren Atmosphäre und den teils wirklich schockierenden Szenen keinen Abbruch.
Es dauert ein wenig, bis der Film Fahrt aufnimmt, aber genau das hat mir gefallen. Man lernt erst die Männer und ihre Freundschaft zueinander, bevor es ans Eingemachte geht. Und das tut es!

Die Atmosphäre dieses türkischen Horrorfilms ist durchgehend düster und bedrohlich. Von der Inszenierung her erinnert die Höllenfahrt ein wenig an die alten italienischen Meister wie Mario Bava, Lucio Fulci oder gar Dario Argento. Aber auch ein Hauch David Lynch, was die Surrealität des Plots betrifft, ist mit dabei. So manches Mal fühlt man sich auch in die 80er Jahre zurückversetzt. Hin und wieder kam mir auch die irreale Stimmung von „Hellraiser“ in den Sinn, wobei „Baskin“ einen völlig anderen Weg geht, der dann schon eher in Richtung „The Green Inferno“ von Eli Roth führt. Die Schauspieler sind völlig in Ordnung und machen aus meiner Sicht ihre Sache sehr gut. Leider fehlt es an manchen Stellen ein wenig an Logik, hat aber für mich dennoch nicht die Auswirkung gehabt, dass ich keinen Spaß mehr an dem blutigen Trip hatte.
Es gab, wie schon in dem erwähnten „The Green Inferno“ ein paar Szenen, die mir wie ein Schlag in die Magengrube vorkamen: unausweichliche, unheimliche, brutale Stellen, die wirklich schonungslos schockieren. Das nimmt einen als Zuschauer mit und man kann die Angst und Verzweiflung der Protagonisten hautnah spüren.

Regisseur Can Evrenol lässt den Film wie einen (Alp-)Traum ablaufen, surreal und an manchen Stellen (gewollt?) unlogisch. Denn vielleicht ist es gerade diese fehlende Logik, die „Baskin“ zu diesem außergewöhnlichen und schockierenden Horrortrip macht, denn wer kennt nicht das schreckliche Gefühl, wenn man aus einem wirklich, wirklich schlimmen Alptraum erwacht? Genau so eine bedrohliche Stimmung vermittelt Evrenol und zieht einen damit sofort in seinen Bann. Oft denkt man sich, wann denn dieser Alptraum endlich ein Ende findet, und dennoch kann man nicht genug davon bekommen. Mein Respekt an den Regisseur für diese oft an die Schmerzgrenze gehenden Momente. Aber nicht nur mit provokanten Verstümmelungen und gruseligen Schockmomenten kann der türkische Horrorfilm punkten, denn auch die visuelle Seite ist keineswegs zu verachten. Wie bereits erwähnt, setzt Evrenol sehr düstere Farben ein, die durch den geschickten Einsatz von Licht noch einmal verstärkt werden. Das Szenario vermittelt von Anfang an Unheil und deprimierende Aussichtslosigkeit, die noch lange im Gedächtnis haften bleibt.
Vor allem der Anführer der Kreaturen, auf die die Polizisten treffen, jagte mir einen Schauer nach dem anderen über den Rücken. Das ist wirklich extremst gruselig inszeniert.

Auch wenn ich durchaus begeistert bin von „Baskin“, bin ich mir ziemlich sicher, dass einige nicht so empfinden werden wie ich. Ich sehe schon die ratlosen Gesichter vor mir, die nichts mit dem mystischen Plot anfangen können und sich einfach einen geradlinigeren Film gewünscht hätten. Aber ich bin der Meinung, dass es bereits genug geradlinige Filme gibt, und man sich durchaus auch einmal auf einen „traumhaften“ und visionären Trip a la Clive Barker begeben kann. Und genau das bekommt man mit „Baskin“ geboten. Für mich ein große, überraschende Entdeckung, die ich mit Sicherheit noch öfter ansehen werde.

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Fazit: Brutal, schockierend und auf gewisse Art und Weise visionär. „Baskin“ wird allerdings die Lager spalten und auf der einen Seite euphorische Begeisterung und auf der anderen enttäuschte Ratlosigkeit verursachen. Ich neige fast zu euphorischer Begeisterung.

© 2016 Wolfgang Brunner

Eden Lake (2008)

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Originaltitel: Eden Lake
Regie: James Watkins
Drehbuch: James Watkins
Kamera: Christopher Ross
Musik: David Julyan
Laufzeit: 87 Minuten (uncut)
Darsteller: Kelly Reilly, Michael Fassbender, Thomas Turgoose, Bronson Webb, Jsck O’Connell, Finn Atkins
Genre: Drama, Thriller, Horror
Produktionsland: Vereinigtes Königreich
FSK: SPIO/JK (indiziert)

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Jenny und Steve verbringen ein paar friedliche Tage an einem See in der englischen Provinz. Doch schon bald treibt eine Gruppe Jugendlicher ihre provozierenden und gemeinen Späße mit ihnen. Eine erste Auseinandersetzung zwischen Steve und den Halbstarken ist unvermeidlich. Als die Einheimischen das Auto der Urlauber stehlen und bei einer erneuten Auseinandersetzung der Hund eines der Jugendlichen aus Versehen getötet wird, eskaliert die Situation. Ein blutiger Albtraum beginnt.

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„Freitag, der 13.“ trifft auf „Die Klasse von 1984“ – irgendwie so empfand ich „Eden Lake“.
Die Landschaft, in der sich das Drama abspielt, erinnerte von der Stimmung her an die Filmserie um Jason Voorhees. Und die Provokationen der Jugendlichen glichen denen aus Mark L. Lesters Revenge-Thriller aus dem Jahr 1982. „Eden Lake“ lullt den Zuseher erst einmal mit schönen Landschaftsaufnahmen, einem verliebten Ehepaar und ruhiger Musik ein, bevor es so richtig zur Sache geht. Man möchte an manchen Stellen in den Bildschirm schlüpfen, um Jenny und Steve zu helfen und den Jugendlichen ordentlich eine mitzugeben.
Immer wieder versucht Steve, die Beleidigungen der Kinder zu ignorieren und Frieden zu stiften. Aber die Provokationen hören nicht auf und als nach einem eher unfreiwilligen Kampf aus Versehen der Hund eines der Jugendlichen getötet wird, eskaliert die Situation.

James Watkins legt in seinem Regiedebüt weniger Wert auf blutige Gewaltorgien, sondern lässt den Zuschauer mit an der Hilflosigkeit der Protagonisten, und später am wilden Rachefeldzug, teilhaben. „Eden Lake“ ist ein harter Thriller, der einen Alptraum heraufbeschwört, wie er tatsächlich passieren könnte. Eine Verstrickung unglücklicher Zufälle führt von einem Schrecken zum anderen. Manchmal erinnerte mich der Plot auch an die fantastische Jack Ketchum-Verfilmung „Red“.
Watkins versucht, Hintergründe zu eruieren, warum Jugendliche sich so verhalten, gleitet aber in einen schonungslosen, brutalen Revenge-Thriller ab, der seine anfängliche Botschaft bald schon zerstört. Das macht aber nichts, denn der Zuschauer fühlt wie die Protagonisten und will nur noch eines: Rache! Man fiebert also mit und vergisst manchmal, dass es Kinder sind, an denen sich die Erwachsenen rächen wollen. Hin und wieder tun einem dann die Kinder plötzlich doch wieder leid und so ist man in einem Wechselbad aus Gefühlen gefangen, aus dem man nicht mehr entkommt. Denn ab einem gewissen Zeitpunkt ist Schluss mit lustig und Watkins dreht die Spannungsschraube abrupt höher. Geschickt schürt Watkins beim Zuschauer einen Hass auf Kinder (!!!), was im Grunde genommen kein Mensch möchte. Kinder sind liebens- und nicht hassenswert. Aber die Kinder in „Eden Lake“ schaffen es, nicht nur Jenny und Steve, sondern auch uns Zuschauer zu provozieren, bis wir zurückschlagen möchten.

Das Schöne an dem Film ist, dass sich Watkins wirklich Zeit lässt, um die anfangs ruhige Inszenierung schleichend immer schneller vorwärts zu treiben. Man gerät unweigerlich in einen Sog, der einen nicht mehr loslässt und bis zum bitteren Ende in Atem hält.
Schauspielerisch glänzen Kelly Reilly und Michael Fassbender gleichermaßen, obwohl Reilly letztendlich dann doch irgendwie mehr leistet. Gerade durch die anfangs teils berührenden Momente, in denen beide ihre Liebe zueinander zeigen, wird der brachiale Gewaltsturm, der über die beiden sozusagen aus heiterem Himmel hereinbricht, schier unerträglich für den Zuschauer. „Eden Lake“  bietet eine Menge: Drama, Liebe, Thriller, Horror, Splatter … und ist meiner Meinung nach schwer in ein Genre einzuordnen. Im Prinzip ist es ein Drama, das jedem von uns genauso passieren könnte. Und das ist das Erschreckende an diesem Film. So hart und unerbittlich die Bilder sind, die uns Watkins da präsentiert, so hart könnte die Realität für uns aussehen, wenn wir in eine solche Lage kommen würden.

„Eden Lake“ ist, wie die Kinder im Film, provokativ und führt uns vor Augen, wie schrecklich die Wirklichkeit sein kann (und manchmal schon ist). Der Film kommt mir vor wie eine Warnung – eine Warnung vor uns selbst und der Entwicklung der Menschheit. Das ist wahrer Horror …

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Fazit: Schockierend, verstörend, brutal und deprimierend. Ein Thriller-Drama, das es in sich hat und nachhaltig im Magen liegt.

© 2015 Wolfgang Brunner

Let Us Prey (2014)

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Originaltitel: Let Us Prey
Regie: Brian O’Malley
Drehbuch: David Cairns, Fiona Watson
Kamera: Piers McGrail
Musik: Steve Lynch
Laufzeit: 92 Minuten
Darsteller: Liam Cunningham, Pollyanna McIntosh, Bryan Larkin, Hanna Stanbridge, Douglas Russell, Niall Greig Fulton, Jonathan Watson, Brian Vernal
Genre: Horror
Produktionsland: Großbritannien, Irland
FSK: SPIO JK (uncut)

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Ein Unbekannter wird bei einem Autounfall schwer verletzt, verschwindet aber noch am Unfallort spurlos. Die Polizistin Rachel ist nicht wenig erstaunt, als der Fremde wenig später im Polizeirevier erscheint und sich äußerst merkwürdig verhält. Man beschließt, ihn  erst einmal einzusperren, bis sich die Lage geklärt hat. Doch schon bald werden sowohl die Inhaftierten als auch die anwesenden Polizisten von unheimlichen Visionen heimgesucht, die wohl etwas mit dem mysteriösen Mann zusammenhängen.

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Schon alleine die Anfangssequenz ist es wert, einen Blick auf „Let Us Prey“ zu werfen. Stylisch und atmosphärisch wird hier das Erscheinen des Bösen in atemberaubend genialen Bildern gezeigt. Danach fühlt man sich an die Filme der 80er Jahre erinnert, wenn Polizistin Rachel ihren Dienst antritt. Es ist Old School Horror mit einer unglaublich guten Musik, den uns Regisseur Brian O’Maley da serviert. Simmungsvoll, düster und mit beeindruckender Optik hebt sich „Let Us Prey“ von den mittlerweile zur Genüge bekannten und vorhersehbaren Horror-Plots ab. Wenngleich man auch hier schon bald bemerkt, wie „der Hase läuft“, geht O’Maley mit seinem Horror-Thriller dennoch einen erfrischenden Weg, der durchgehend unterhält. Der ein oder andere Horrorfreak wird dem Film aufgrund seiner oftmals ruhigen Inszenierung nichts abgewinnen, denn nur allzu sparsam sind die blutigen Goreszenen eingesetzt.

„Let Us Prey“ ist stimmungsvoller Horrorthriller, der sich irgendwo zwischen John Carpenters „Assault – Anschlag bei Nacht“ und der Stephen King Verfilmung „Needful Things“ ansiedelt. In einem Interview bestäätigte dann Regisseur O’Maley meine Vermutung, die ich während des ganzen Films hatte: Der erwähnte John Carpenter Klassiker diente gewissermaßen als Vorbild für „Let Us Prey“. 😉 Wie gesagt, es wird viele Menschen geben, die diesen Thriller langweilig und uninspiriert empfinden. Mir hat er ausnehmend gut gefallen, obwohl der Plot sogar noch mehr hergegeben hätte. Die Musik von Steve Lynch untermalt die triste Atmosphäre perfekt und lässt sogar ein gewisses Carpenter-Flair aufkommen. Erst gegen Ende hin wird die Spannungsschraube nach oben gedreht und der Zuschauer mit blutigen Splattereinlagen bombardiert. Insgesamt handelt es sich bei „Let Us Prey“ dennoch um einen Film der eher ruhigeren Machart.

Schauspielerisch kann Pollyanna McIntosh („The Woman“) durchaus überzeugen. Aber Liam Cunningham stiehlt ihr, und nicht nur ihr sondern allen anderen Beteiligten, ganz klar die Show. Cunningham passt hervorragend in die Rolle des Bösen und sein Schauspiel ist es auch, dass den Film hochwertig erscheinen lässt. Die charismatische Ausstrahlung des Iren schlägt einen sofort in den Bann und lässt einen auch bis zum Ende nicht mehr los. Wer sich auf die Geschichte einlassen kann, wird mit einer verstörend wirkenden Auseinandersetzung menschlicher Abgründe belohnt. Die ein oder andere Szene brennt sich ins Gehirn ein, allerdings spreche ich dabei nicht von den handgemachten Splattereffekten. Denn die sind irgendwie nicht so ultrabrutal, wie man sich erhofft hat. Ich habe zwar die ungeschnittene Fassung gesehen, bin aber nicht sicher, was genau in der geschnittenen Fassung fehlen soll.

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Fazit: Mit einer visuell beeindruckenden Inszenierung entführt uns Regisseur Brian O’Maley mit seinem Debütfilm in eine triste, bedrückende Welt. Liam Cunnighams Schauspiel ist eine Klasse für sich.

© 2015  Wolfgang Brunner

Maggie (2015)

Maggie

Originaltitel: Maggie
Regie: Henry Hobson
Drehbuch: John Scott III
Kamera: Lukas Ettlin
Musik: David Wingo
Laufzeit: 95 Minuten
Darsteller: Arnold Schwarzenegger, Abigail Breslin, Joely Richardson, Douglas M. Griffin, J.D. Evermore, Rachel Whitman, Jodie Moore, Bryce Romero
Genre: Horror, Drama
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Schweiz
FSK: ab 18 Jahre

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In den Vereinigten Staaten bricht eine Epidemie aus, die die Infizierten in fleischfressende Zombies mutieren lässt und innerhalb kürzester Zeit Millionen Menschenleben fordert. Wades Tochter Maggie ist ebenfalls von dem Virus infoziert und soll in eine Quarantänestation gebracht werden. Aber Wade kämpft mit allen Mitteln darum, seine Tochter bei sich zu Hause behalten zu können. Gemeinsam mit seiner neuen Frau wartet er nun darauf, dass seine Tochter zu einem Zombie wird, ohne zu wissen, was er im Falle einer Mutation unternehmen wird.

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„Maggie“ ist tatsächlich der etwas andere Zombiefilm. Bis auf wenige Ausnahmen läuft der Film wie ein ruhiger Bach an einem vorbei und baut dabei eine unglaublich intensive Atmosphäre auf. So ein bisschen erinnerte das Szenario an „The Returned“, wo die Zombies ebenfalls sehr menschlich dargestellt wurden. Zumindest bis sie vollständig verwandelt waren. Henry Hibson hat ein Händchen für wunderschöne Aufnahmen, die so manches Mal wie ein Gemälde wirken. „Maggie“ ist ein extrem ruhiger Film, der sich irgendwo zwischen „The Walking Dead“ und „The Road“ ansiedelt. Diese Mischung funktioniert absolut gut. David Wingos leiser Soundtrack untermalt die wunderschönen, melancholischen Bilder traumhaft und zeichnet sich zum Großteil für die elegische Stimmung mit verantwortlich.

Schauspielerisch ist dieser effektearme Film eine wahre Freude. Hier wird das Augenmerk auf schauspielerische Leistungen gelegt und die bekommt man auch zu sehen. Allen voran sei hier Arnold Schwarzenegger genannt, der in seiner Rolle als besorgter Vater wirklich berührt.  Man möchte es dem Actionhelden gar nicht so richtig zutrauen, wie emotional er Sorge und Verbissenheit ausdrücken kann. Schwarzeneggers Schauspiel ist wirklich sehr gefühlvoll und absolut überzeugend. Daneben kann aber auch Abigail Breslin in der Titelrolle bestehen, die ebenfalls sehr authentisch agiert. Joely Richardson als anfangs leicht verstörte und dann immer toughere Mutter konnte mich ebenfalls fesseln. Wie gesagt, aufgrund der fehlenden Special Effects ist „Maggie“ einfach ein Film für Schauspieler und das hat mir außerordentlich gut gefallen.

Sicherlich geht es um ein Virus, um Zombies und die Apokalypse. Aber genaugenommen könnte man das Zombievirus-Thema ausklammern und einfach einem Vater zusehen, wie er seine kranke Tochter nicht aufgibt und um ihr Leben kämpft. Das Zombievirus wäre in „Maggie“ austauschbar mit Krebs oder einer anderen tödlichen Krankheit, die das Ende unausweichlich macht. Lediglich die apokalyptische Atmosphäre rechtfertigt den Zombie-Hintergrund. „Maggie“ ist ein Drama, und zwar ein sehr gutes, das betroffen macht.

Warnung an alle, die Horror, Splatter, Action, Blut und Grusel erwarten. Von all dem findet man in „Maggie“ (Gott sei Dank) nichts. Wie in „The Road“ wird man in eine deprimierende Weltuntergangsstimmung geworfen, die einen betroffen und nachdenklich macht. Und traurig …

Warum allerdings auf dem Cover eine FSK 18-Freigabe klebt, ist ein Rätsel, denn es gibt keine einzige Szene, die solch eine Entscheidung rechtfertigt. Fast möchte man meinen, es sei ein kluger Schachzug des Verleihs, um die Splatterfans zu einem Kauf zu verleiten, damit der Verkauf angekurbelt wird. Denn wo „FSK 18“ und „Uncut“ draufsteht, ist schließlich auch beides drin. Allerdings frage ich mich, was genau man denn hätte cutten können/müssen bei „Maggie“. Dann könnte man auch ohne schlechtes Gewissen bei den „Minions“ einen „Uncut“-Kleber draufmachen, denn uncut ist der bestimmt auch. 😉

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Fazit: Ruhig, elegisch, melancholisch und traurig wird hier eine Familiengeschichte erzählt, die auf ein unausweichliches Ende zusteuert. Meiner Meinung nach einer der besten Filme von Arnold Schwarzenegger.

© 2015 Wolfgang Brunner

Seed 2 – The New Breed – Director’s Cut (2013)

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Originaltitel: Seed 2 – The New Breed
Regie: Marcel Walz
Drehbuch: Marcel Walz
Kamera: Wolfgang Meyer
Musik: Klaus Pfreundner
Laufzeit: 89 Minuten (Uncut, Director’s Cut)
Darsteller: Natalie Scheetz, Nick Principe, Caroline Williams, Christa Campbell, Annika Strauß, Sarah Hayden, Manoush, Jared Demetri Luciano
Genre: Horror
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Kanada
FSK: SPIO/JK – keine schwere Jugendgefährdung

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Vier Freundinnen feiern in Las Vegas  einen Junggesellinnenabschied und machen sich danach mit dem Wohnmobil durch die Wüste von Nevada auf den Heimweg. Doch dann lauert ihnen der Serienkiller Max Seed auf. Und er ist dieses Mal nicht allein. Für die Freundinnen beginnt ein Kampf ums Überleben, denn der Mörder hat nur eines im Sinn: sie quälen und foltern …

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„Seed 2“, die Fortsetzung zu Uwe Bolls im Jahr 2007 gedrehten, brutalen Horrorfilm. Uwe Boll hat Feinde, Marcel Walz wahrscheinlich noch mehr. 😉 Immer wieder wird ihm nachgesagt, er hätte kein Talent und würde nur Müll inszenieren. Also, ganz ehrlich? So schlecht fand ich „Seed 2“ definitiv nicht, wie viele behaupten.
Und ich gehe sogar einen Schritt weiter und behaupte, Walz hat Talent, auch wenn ich mit dieser Aussage viele auf die Palme bringe.  Aber „Seed 2“ hat einen gewissen Style, der mich durchaus fasziniert hat. Die Zeitrafferaufnahmen und die herrliche Naturkulisse wurden aus meiner Sicht wirklich gut in Szene gesetzt. Und auch die Geschichte wurde keinesfalls stümperhaft inszeniert, wie viele sagen. Gerade durch die geradlinigere Erzählweise des Director’s Cut dürfte nun auch den Nörglern der Film etwas mehr Spaß machen.
„Seed 2“ bewegt sich ein wenig im Bereich „Torture Porn“, vermittelt aber auch viele Anleihen zu Werken wie „The Hills Have Eyes“ oder „Texas Chainsaw Massacre“.  In dieser Hinsicht bietet Walz‘ Fortsetzung nicht wirklich viel Neues, aber das finde ich auch nicht weiter dramatisch. Denn wer sich diese Art Filme ansieht, weiß doch eigentlich, was einen erwartet.

Schauspielerisch sind hier wirklich keine Meisterleistungen zu verzeichnen, aber das Niveau liegt eindeutig über dem Amateurbereich. Da habe ich schon weitaus untalentiertere Schauspieler gesehen, die sich in bedeutend höherbewerteten Filmen getummelt haben. Aber gut, das ist ja immer Geschmackssache. Genauso wie der Inszenierungsstil eines Regisseurs. Marcel Walz steigt mit einer kontroversen Einstellung ein, die schon gleich zu Anfang des Films schockt und den FSK-Leuten wahrscheinlich unruhige Nächte beschert hat. Dann geht es aber etwas ruhiger zur Sache. Was viele zweifelsohne als langweilig empfinden, hat mir persönlich gefallen. Sicherlich war der ein oder andere Dialog fast schon auf Politiker-Niveau („Viel Worte um Nichts“), aber die Mädchen bei ihrer ausgelassenen Heimreise zu beobachten, machte mir Spaß. Mit Auftauchen des Killers Max Seed änderte sich das aber schlagartig und der Film bietet einige derbe Spezialeffekte, die erfreulicherweise handmade, also ohne Computer, entstanden sind. Auch hier kann Walz zwar nichts Neues bieten, aber unter die Haut gehen manche Einstellungen schon. Der Blutfaktor bleibt aber in Grenzen und wird nicht bis zum Exzess ausgeweitet.
Manoush in ihrer Rolle als Polizistin konnte mich leider anfangs nicht wirklich überzeugen, erst gegen Ende hin nahm ich ihr die Rolle dann doch einigermaßen ab. Da war ihr Auftritt in „Caedes“ schon besser. Natalie Scheetz konnte mich neben Annika Strauß am meisten überzeugen.

Marcel Walz kümmert sich nicht um gängige Vorgaben, dreht seine Filme wie er will und gerade das beschert ihm wahrscheinlich viele Feinde, tut aber seiner persönlichen Ausdrucksweise, was Filme angeht, gut. Ich mag Walz‘ Filme, weil sie einfach anders funktionieren, ähnlich wie die Skandalfilme von Marian Dora, der ebenfalls polarisiert. Wer es nicht sehen (und ertragen) kann, muss es sich ja nicht ansehen …

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Fazit: Marcel Walz‘ Fortsetzung von Uwe Bolls „Seed“ kann sich durchaus sehen lassen. Ein geradlinigerer Inszenierungsstil der Ursprungsfassung hätte dem Mainstream-Publikum für Walz‘ erste internationale Produktion wahrscheinlich gut getan. Aber nun gibt es ja endlich den Director’s Cut und alles ist gut. Für Torture-Fans auf jeden Fall einen Blick wert.

© 2015 Wolfgang Brunner

First Person Shooter (2014)

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Originaltitel: First Person Shooter
Regie: Andreas Tom
Drehbuch: Andreas Tom
Kamera: Andreas Tom
Musik: Julio de la Garza, Nelson Scott
Laufzeit: 80 Minuten
Darsteller: Andreas Tom, Atlanta Amanda Lützelschwab, Hans Lützelschwab, Ines Klein, Tobias Winkler, Sascha Strack, Achim Lützelschwab, Sebastian Kettner
Genre: Horror
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 18 Jahre (ungekürzt)

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„Held“ will seine schwangere Freundin retten, die von einem irren Wissenschaftler in einer von Zombies bevölkerten Klinik festgehalten wird. „Held“ muss sich gegen die Monster stellen und hinterlässt eine blutige Spur, bis er seine Freundin findet …

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Spiel oder Film? Film oder Spiel? Was ist Andreas Toms Regiedebüt?
Egal, Hauptsache „First Person Shooter“ unterhält. Und das tut er auf ganzer Linie. Erstaunlich wie konsequent der Regisseur das Level und den Spannungsbogen über die ganze Spieldauer aufrechterhält. Ich selbst bin kein wirklicher Gamer, dennoch konnte ich mich der Faszination dieser Inszenierung nicht widersetzen. Die Ego-Shooter-Perspektive rockt und macht unglaublichen Spaß. Man spielt praktisch ein Spiel, ohne es selbst zu spielen und ist zum Zuschauen verdammt.
„First Person Shooter“ ist in dieser Hinsicht wirklich einzigartig und Andreas Tom hat einen der innovativsten deutschen Horrorfilme der letzten Jahre abgeliefert. Ich kann nicht einmal genau erklären, was den Reiz ausmacht, aber eines ist sicher: Ich werde mir diesen Film noch öfter ansehen. 🙂

Mit wenig Geld wurde vom Team um Andreas Tom eine Perle des Independent-Films geschaffen. Die Aufnahmen bekommt man nicht mehr so schnell aus dem Kopf. Hin und wieder kehrt man, eben wie in einem Spiel, an die gleichen Orte zurück, um sie noch einmal zu untersuchen. Die Perspektive, die sich durch den ganzen Film zieht, ist einfach nur der Hammer. Ebenso wie die Sets, die besser nicht ausgewählt hätten sein können. Andreas Tom inszenierte ein(en) Spiel/Film, das/der enorm spannend und unterhaltsam ist.
Die vielen Anspielungen auf Computerspiele blieben mir (leider) verschlossen, da ich, wie erwähnt, kein echter Gamer bin. Aber die zahlreichen Andeutungen auf Filme und Regisseure waren eine wahre Freude für mich. In „First Person Shooter“ liegt eine unglaubliche Detailverliebtheit in alte Computerspiele und man erkennt, dass  das Ganze ein Filmfreak  (und wohl auch ein Computerspielefreak) inszeniert hat.

Durch die wirklich hervorragenden Kulissen, in denen gedreht wurde (eine alte Klinik und ein Bergwerk) kommt eine absolut tolle Atmosphäre auf. Die witzigen und neuartigen Ideen der Filmemacher machen so richtig Spaß, genauso wie die zum größten Teil hervorragenden Splattereffekte. Auch hier erkennt man die Euphorie und Hingabe des Teams, etwas Vernünftiges auf die Beine zu stellen. Und das haben sie geschafft, denn man sieht „First Person Shooter“ in keiner Sekunde an, dass es sich um eine Low-Budget-Produktion handelt.

Ich habe noch tagelang die genialen Aufnahmen aus der Ego-Shooter-Perspektive im Kopf gehabt, was meine Begeisterung nur unterstreicht. Andreas Tom ist ein extrem cooler und vor allem anderer Horrorfilm gelungen, der süchtig macht. Mich zumindest … 😉

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Fazit: Erster Film aus der Ego-Shooter-Perspektive, bei der der Hautprotagonist zugleich der Zuschauer ist. Innovativer, liebevoller und extrem kurzweiliger Horrorfilm aus Deutschland. Einfach cool!

© 2015 Wolfgang Brunner

Cigarette Burns (2005)

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Originaltitel: Cigarette Burns
Regie: John Carpenter
Drehbuch: Drew McWeeny, Scott Swan
Kamera: Attila Szalay
Musik: Cody Carpenter
Laufzeit: 59 Minuten
Darsteller: Norman Reedus, Udo Kier, Taras Kostyuk, Julius Chapple, Collin Foo
Genre: Horror
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: SPIO JK (ungekürzt)

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Kirby Sweetman ist Spezialist für das Aufspüren seltener und obskurer Filme. Der Millionär  Bellinger heuert Kirby an, einen speziellen Film mit dem Titel  „La Fin Absolue du Monde“ („Das absolute Ende der Welt“) für ihn zu beschaffen. Dieser Film ist bislang nur einmal aufgeführt worden und die Vorführung endete in einem blutigen Massaker. Es heißt, der Film mache die Zuschauer verrückt. Kirby begibt sich auf die Suche nach dem Film …

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Altmeister John Carpenters zweiter Beitrag nach „Pro-Life“ zur Mini-Serie „Masters Of Horror“. Auch hier zeigt Carpenter nicht unbedingt sein wahres Können und verliert sich in einer eher durchschnittlichen Inszenierung. Dennoch hat „Cigarette Burns“ für mich einige Reize. Da wäre zum einen schon einmal die Idee einer Geschichte über einen Filmliebhaber, der seltene Filme sammelt. Das ist schon eine cineastische Hommage an verschollene Filme, die Carpenter da abliefert. Mystisch und mit einem Hauch Grusel nimmt Carpenter den Zuschauer auf eine Reise mit, die entfernt sogar an Alan Parkers „Angel Heart“ erinnert.

Mit Norman Reedus, dem Charakter Daryl Dixon aus der Kultserie „The Walking Dead“, gelang den Produzenten ein Glücksgriff, denn seine Darstellung des Spezialisten Kirby Sweetman ist beeindruckend und sehr glaubwürdig. Reedus verkörpert den Mann überzeugend und verleiht dem Film dadurch eine besondere Note, die durch einen anderen Schauspieler wahrscheinlich nur schwer in dieser Art erreicht worden wäre. Udo Kier dagegen wirkte sogar ein wenig störend auf mich. Der „Engel“ aus dem verschollenen Film hingegen war mystisch und unheimlich.
Cody Carpenter, Sohn des Regisseurs, zeigte sich wieder für die Filmmusik verantwortlich, die sogar entfernt an die Töne seines Vaters erinnern. Aber hätte John Carpenter selbst die Musik beigesteuert (Material hätte er ja genug gehabt, wie seine jüngste CD-Veröffentlichung „Lost Themes“ zeigt), wäre mit Sicherheit eine weitaus stimmungsvollere Atmosphäre aufgekommen.

„Cigarette Burns“ ist mit Sicherheit kein Meisterwerk und auch kein typischer Carpenter-Film, wie ihn seine Fans mögen. Aber ein cineastisches Kleinod ist diese Folge der von Mick Garris produzierten Serie allemal, was zum einen an der Handlung, aber auch an Norman Reedus‘ grandioser Darstellung liegt. Carpenters Ambitionen und Können liegen manches Mal in den Bildern verborgen, zeigen sich aber nie so, wie sie es tun sollten. Carpenter hätte es besser gekonnt, warum er es, wie bei „Pro-Life“ nicht getan hat, wissen wohl nur die verantwortlichen Produzenten.

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Fazit: Ganz ansehnliche Folge aus der Serie „Masters Of Horror“ mit einem grandiosen Norman Reedus in der Hauptrolle. (Leider) Kein typischer Carpenter-Film, aber dennoch sehenswert.

© 2015 Wolfgang Brunner

Aggression Scale – Der Killer in dir (2012)

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Originaltitel: The Aggression Scale
Regie: Steven C. Miller
Drehbuch: Ben Powell
Kamera: Jeff Dolen
Musik: Kevin Riepl
Laufzeit: 91 Minuten
Darsteller: Ray Wise, Dana Ashbrook, Derek Mears, Fabianne Therese, Ryan Hartwig, Jacob Reynolds
Genre: Thriller
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Kanada
FSK: ab 18 Jahre (uncut)

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Familie Rutledge zieht in ein abgelegenes Haus, um einen Neuanfang zu wagen. Keiner der Familienmitglieder weiß allerdings, dass Familenvater Bill noch eine offene Rechnung mit einem Gangsterboss hat. Der schickt seine Leute aus, um einen großen Batzen Geld, den Bill unterschlagen hat, wieder zu besorgen. Doch die Einbrecher rechnen nicht mit Bills Sohn, der äußerst aggressiv ist und eigentlich in eine geschlossene Anstalt gehört. Schon bald kämpfen die Gangster um ihr Leben …

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Ich mochte Steven C. Millers Hommage an die 80er Jahre Horrorfilme „Under The Bed“, deswegen war ich natürlich auch auf seinen „Aggression Scale“ neugierig. Handlungstechnisch fand ich den Home Invasion-Thriller ganz okay. Vor allem die erste Hälfte des Films, in der man die Familie näher kennengelernt hat, fand ich überzeugend und gut.
Komischerweise gefiel mir der Film ab dem Zeitpunkt nicht mehr so besonders, an dem es spannend wurde. Diese Spannungsmomente wurden zu sehr in die Länge gezogen, dass sie für mich schon bald nicht mehr spannend, sondern eher nervend wirkten.

Hätte Miller bessere Schauspieler zur Verfügung gehabt, wäre sein Thriller mit Sicherheit überzeugender geworden. Aber so scheitert das Ganze an teilweise unbeholfenem Agieren, das den an sich nicht schlechten Plot zunichte macht. Wie gesagt, so lange keine wirklich Spannung aufkam, wirkten auch die Schauspieler nicht ganz so schlecht, wie sie es dann in den actionreicheren Szenen leider waren.
Inszenatorisch war „Aggression Scale“ enttäuschenderweise auch nicht gerade der Knaller. Zu viele offensichtliche Anleihen, die aber unausgegoren wirkten, verloren schon nach kurzer Zeit die Luft. Ein Wiedersehen mit Ray Wise und Dana Asbrook aus David Lynchs Kultserie „Twin Peaks“ konnte da leider auch nichts ändern. Vor allem Dana Ashbrook, der mir in seiner Rolle als Bobby noch sehr gut in Erinnerung war, konnte mich hier gar nicht mehr überzeugen. Seine Darstellung wirkte auf mich sehr unprofessionell oder gar laienhaft. Da hätte ich wirklich mehr erwartet.

Auch Ryan Hartwig in der Rolle des kleinen „Rambo“ konnte mich nicht ganz überzeugen. Wie oben schon erwähnt, fand ich die Grundidee gar nicht schlecht. Aber man hätte aus der härteren, brutalen Version von „Kevin allein zu Hause“ durchaus mehr machen können. Da hat Miller viele Möglichkeiten leider nicht genutzt und durch die nicht besonders guten Schauspieler noch zusätzlich ein Manko zu verzeichnen. Schade drum, denn „Aggression Scale“ hätte durch seinen Plot ein durchaus sehenswerter Thriller werden können.

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Fazit: Netter Home Invasion-Plot, der leider durch eine nicht überzeugende Inszenierung und schlechte Schauspieler sämtliches Potential verliert.

© 2015 Wolfgang Brunner