Barricade (2007)

barricade

Originaltitel: Barricade
Regie: Timo Rose
Drehbuch: Timo Rose, Ted Geoghegan
Kamera: Matthias Jakubski, Timo Rose
Musik: Timo Rose
Laufzeit: 96 Minuten
Darsteller: Raine Brown, Joe Zaso, André Reissig, Thomas Kercmar, Manoush, Andreas Pape, Sebastian Gutsche, Stefan Lenger, Tanja Karius, Timo Rose
Genre: Horror
Produktionsland: Deutschland
FSK: ?

*

Nina, Michael und dessen Kumpel David beschließen, einen kleinen Ausflug in den Schwarzwald zu unternehmen. Dort werden sie von einem mysteriösen Fremden gewarnt, dass sie umkehren sollen. Doch die drei ignorieren die Warnungen des Fremden und setzen ihren Ausflug fort. Doch bald treffen sie auf eine irre Kannibalenfamilie, die seit Jahren in den Wäldern haust und bereits auf sie wartet …

*

Nachdem mich Timo Roses „Nature“, „Death Wish Zero“ und „Reeperbahn“ in letzter Zeit absolut begeistert haben, wage ich mich nochmals an seine älteren Produktionen heran.  Seinen „Lord Of The Undead“ und die „Mutation“-Trilogie habe ich nur noch schwach in Erinnerung. Nun habe ich mir aber „Barricade“ nochmal gegeben. 😉
„Hostel“, „The Hills Have Eyes“
und „Texas Chainsaw Massacre“ waren wohl die Vorbilder, die Timo Rose in seinem Backwood-Gore-Slasher „Barricade“ verwurstelte. Alle drei genannten Kultfilme fand ich persönlich gleichwertig oder sogar schlechter als Timo Roses Schlachtfest. „Hostel“ war eh noch nie mein Fall und die Originalversionen der anderen beiden Filme finde ich mittlerweile einfach vom Inszenierungsstil etwas überholt. Hätte Rose mehr Geld und etwas bessere Schauspieler zur Verfügung gehabt, wäre „Barricade“ eine schockierende Foltertour in deutschen Wäldern geworden. Ich will damit nicht sagen, dass die Schauspieler schlecht gewesen sind, im Gegenteil: Sie haben ihre Sache wirklich gut gemacht, aber in manchen Szenen hätte ich mir einfach mehr Professionalität gewünscht.
Schnittechnisch wurde ebenfalls sehr gute Arbeit geleistet, allerdings hätte man im finalen Kampf vielleicht auf die extrem schnellen Schnitte und leicht gekünstelt wirkenden Wiederholungen verzichten sollen. Da wäre weniger eindeutig mehr gewesen.

Wie es bei derartigen Filmen meist der Fall ist, erfährt man auch hier wenig bis gar nichts über die Hintergründe der metzelnden Kannibalenfamilie. Das finde ich aber gar nicht weiter schlimm, denn bei solchen Gore-Genrebeiträgen erwartet man weniger Tiefgang in der Handlung als vielmehr tiefgreifendes Herumwühlen in verstümmelten Körpern. Und das bekommt man hier eindeutig geliefert, wenngleich sich das blutige Foltergemetzel eher am Ende des Films befindet. Dennoch kam für mich niemals Langeweile auf, weil sich bereits in „Barricade“ ein Inszenierungsstil Roses abzeichnet, den er mit seinen letzten Filmen „Death Wish Zero“ und „Reeperbahn“ perfektionierte. Atmosphärisch stimmige Bilder lösen sich bei „Barricade“ mit leicht amateurhaft wirkenden ab, was der morbiden Stimmung des Gesamtwerks allerdings keinen Abbruch tut. An einigen Stellen, meist im Haus der abartigen Familie, wird die Kamera schockierend nah an exzessive Folterungen und/oder blutspritzenden Wunden gehalten, dass es einem wie ein Schlag in den Magen vorkommt. Rose überschreitet Grenzen und will damit schockieren. Und das gelingt ihm allemal besser als so einigen Backwood-Slasher-Trittbrettfahrern, die bedeutend mehr Budget zur Verfügung hatten.

Timo Rose bewegt sich mit „Barricade“ zwar noch irgendwie im Independent-Amateurfilm-Bereich, zeigt aber zwischendurch unglaublich gekonnte Professionalität, die begeistert. Auch der von Rose selbst komponierte Soundtrack ist absolut passend und stimmig. Fast wie bei den  Filmen von Marian Dora setzte sich bei mir während des Films immer mehr ein unangenehmes Gefühl in der Bauchgegend fest, das mit Sicherheit von den harten und brutalen Goreszenen verursacht wurde. Rose bewegt sich mit seinem Kannibalen-Slasher eindeutig bereits auf seinen heutigen Inszenierungsstil zu. Mit mehr Budget hätte er mit Sicherheit einen beeindruckenden und vor allem schockierenden, im wahrsten Sinne des Wortes „unter die Haut gehenden“ Film abgeliefert.
Ach ja: Und den Kurzauftritt von Rose selbst fand ich äußerst gelungen.

*

Fazit: Blutig und schockierend verlegt Timo Rose den amerikanischen Backwood-Slasher in deutsche Wälder. Freunde des Gore-, Trash-, Splatter- und deutschen Independent-Films dürften ihre Freude an Timo Roses „Barricade“ haben.

© 2015 Wolfgang Brunner