Demonic (2021)

Originaltitel: Demonic
Regie: Neill Blomkamp
Drehbuch: Neill Blomkamp
Kamera: Byron Kopman
Musik: Ola Strandh
Laufzeit: 104 Min.
Darsteller: Carly Pope, Chris William Martin, Michael J. Rogers, Nathalie Boltt, Terry Chen, Kandyse McClure
Genre: Horror, Science-Fiction
Produktionsland: Kanada, Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

*

Carlys Mutter liegt im Koma. Durch eine neue Technologie kann Carly Kontakt mit ihr aufnehmen und landet im „Kopf“ der Patientin. Dort erkennt Carly, dass ihre Mutter von einem Dämon besessen ist. Doch damit nicht genug, denn Mutter und Tochter werden auch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und müssen nicht nur gegen die fremde Macht, sondern auch gegen ihre eigenen Ängste ankämpfen.

*

Wie so oft, scheiden sich auch bei Blomkamps neuestem Film die Geister. „Elysium“ und „Chappie“ brachte ihm bei vielen Filmfans Vergleiche mit Night. M. Shyamalan ein (dessen Filme ich im übrigen, außer vielleicht „Die Legende von Aang“, wie Blomkamps Werke allesamt mag). Man sagt, „Demonic“ sei unausgereift, habe zu schlechte Spezialeffekte, die Schauspieler wären nicht gut und der Regisseur würde das Potential, das in der Story liegt, nicht nutzen. Was soll ich sagen? Ich persönlich empfinde das absolut anders und muss sagen, dass mich „Demonic“ in meinen Erwartungen sogar noch übertroffen hat. Mich hat dieser Genremix von der ersten bis zur letzten Minute in den Bann gezogen. Es gab schon lange keinen Film mehr, der mich so fasziniert hat, dass ich nicht merkte, wie die Zeit verging. „Demonic“ ist ein Familiendrama, ein unheimlicher Horrorfilm und eine visuelle Reise in die Gedanken eines im Koma liegenden Menschen in einem. Ich hätte gut und gerne noch weitere zwei Stunden zusehen können.

Gerade die virtuelle Welt im Kopf der Mutter waren aus meiner Sicht optimal dargestellt. Klar sah es aus, wie die Grafik eines alten Videospiels, aber die Technik, mittels derer man in den Kopf eines Komapatienten gelangen konnte, stand (im Film) noch in den Kinderschuhen. Meiner Meinung nach hätte man das gar nicht besser (und glaubwürdiger) umsetzen können. Zudem wirkte es ein wenig wie ein Ausflug in die goldene Filmära der 1980er-Jahre. Die absichtlich pixelige Welt besaß für mich einen ganz besonderen Reiz, der auf mich teilweise auch sehr unheimlich wirkte.
Als ich den Dämon sah, dachte ich kurzzeitig, dass er wie ein Monster in einem billigen Kostüm wirkte (was letztendlich ja auch stimmt 😉 ), aber auch hier fühlte ich mich an die alten Horrorfilme der 1980er-Jahre zurückerinnert. Ob das von Blomkamp jetzt so beabsichtigt war, weiß ich nicht, ich hatte für mich jedenfalls letztendlich großen Spaß an diesem Umstand.

Schauspielerisch fand ich Carly Pope in der Hauptrolle sehr passend und authentisch. Ich mochte ihre Ausstrahlung, die absolut zur Rolle und in die Handlung passte. Aber auch die anderen Darsteller konnten mich überzeugen. Besonders beeindruckend gefiel mir der Score von Ola Strandh, der den Bildern einen entsprechende Untermalung und Atmosphäre verschaffte. „Demonic“ wirkte auf mich wie eine innovative Mischung aus „The Cell“, „Der Exorzist“, „Akte X“ und „Silent Hill“. Es herrschte durchgängig eine unheimliche, bedrückende Stimmung. Die „Vorwürfe“, die viele Neill Blomkamp machen, kann ich nicht nachvollziehen, ganz im Gegenteil. Ich empfand „Demonic“ als echte Bereicherung des modernen Horrorgenres, da er überwiegend auf unnötige Jumpscares verzichtet, sondern eine interessante Geschichte erzählt, die eben einmal nicht den gängigen Konventionen des Horrors folgt.

*

Fazit: Innovative „The Cell“ trifft auf „Der Exorzist“ trifft auf „Akte X“ trifft auf „Silent Hill“-Mischung.

©2021 Wolfgang Brunner

Proxima – Die Astronautin (2019)

Originaltitel: Proxima
Regie: Alice Winocour
Drehbuch: Alice Winocour
Kamera: Georges Lechaptois
Musik: Ryuichi Sakamoto
Laufzeit: 107 Min.
Darsteller: Eva Green, Matt Dillon, Zélie Boulant, Aleksey Fateev, Lars Eidinger, Sandra Hüller, Trond-Erik Vassal, Nancy Tate, Grégoire Colin, Igor Filippov
Genre: Science Fiction, Drama
Produktionsland: Frankreich, Deutschland
FSK: ab 6 Jahre

*

Sarah ist Astronautin Sarah und bereitet sich als einzige Frau auf eine einjährige Mission ins All vor. Sie ist alleinerziehende Mutter einer achtjährigen Tochter und ihr Vorhaben entpuppt sich immer mehr zu einem schier unüberwindbaren Problem, mit dem sowohl die Mutter als auch die Tochter kämpfen müssen.

*

Schon zu Anfang wird einem bewusst, dass man hier etwas Besonderes, Außergewöhnliches zu sehen bekommt. Man spürt es schon an Eva Greens Schauspielkunst, dass sich „Proxima – Die Astronautin“ eher in Richtung Familiendrama als Weltraum-Science-Fiction bewegt. Es wirkt von der ersten Minute an sehr ruhig, was Regisseurin Alice Winocour da inszeniert hat, und man muss sich auf diese grandiose Geschichte einlassen können, die von den Problemen einer liebenden Mutter erzählt, die sich genau genommen nicht zwischen der Liebe zu ihrer Tochter und der, in den Weltraum zu fliegen, entscheiden kann. Eva Green spielt ihre Rolle grandios, anders kann man das nicht bezeichnen, was die natürlich wirkende Schauspielerin hier leistet. Man nimmt ihr jede Mimik und Gefühlsregung ab. Es ist sehr intensiv, was in „Proxima – Die Astronautin“ passiert, und, wenn man selbst ein Kind hat, kann man den Kampf zwischen Gewissenbissen, dem Ehrgeiz der beruflichen Karriere und die Sehnsucht nach einem Ziel, das man erreichen möchte, absolut nachvollziehen.

Aber nicht nur Eva Green überzeugt mit ihrer Rolle, auch ihre männlichen Kollegen, Matt Dillon und Lars Eidinger, machen ihre Sache äußerst gut. Doch vor allem das Zusammenspiel zwischen Green als Mutter und Zélie Boulant als Tochter funktioniert auf beeindruckende Weise. Auch wenn es an vielen Stellen traurig und trostlos ist, so möchte man den beiden am liebsten stundenlang zusehen, so hervorragend passt die Chemie zwischen den beiden Schauspielerinnen. Boulant verkörpert sehr eindringlich die liebevolle, andererseits aber auch trotzige Tochter, die der Mutter einerseits natürlich Erfolg wünscht, andererseits aber nicht auf sie verzichten möchte. Es wirkt sehr natürlich und glaubhaft, wenn Bouland zwischen bockiger Göre und tougher, junger Frau auftritt und ihrer Verzweiflung und Unschlüssigkeit, wie sie sich in dieser Situation verhalten soll, Ausdruck verleiht.

Matt Dillon gewinnt in der ersten Hälfte einen Preis als unsympathischer Kollege, entwickelt sich aber später dann doch noch zu einem ganz annehmbaren Charakter, was wiederum zeigt und beweist, dass Dillon gut schauspielern kann. Auch hier muss man sagen, dass das Zusammenspiel wirklich gut klappt. Neben Green und Boulant hat mich jedoch am meisten Lars Eidinger in der Rolle als Vater überzeugt. Auch er hat, wie Eva Green, eine sehr natürliche und unverfälschte Ausstrahlung, die seiner Rolle eine uneingeschränkte Glaubwürdigkeit verleiht.
„Proxima – Die Astronautin“ ist ein ernstes, aber dennoch auf gewisse Art und Weise wunderschönes Familiendrama, das in eine Science-Fiction-Handung eingebettet wurde. Der Film behandelt Ehrgeiz, mütterliche Liebe, eine in die Brüche gegangen Beziehung, die dennoch nicht vollkommen kaputt ist, und ein Wagnis, neue Wege zu gehen. Ich bin sehr begeistert und weiß schon jetzt, dass ich mir diesen Film definitiv noch einmal ansehen werde. Unbedingt erwähnt werden muss noch der fantastische und optimal passende Score von Ryuichi Sakamoto, der spannend, elegisch und sehr emotional die gezeigten Bilder unterstreicht.

*

Fazit: Ruhiges, emotionales Familiendrama im SF-Gewand mit wunderbaren Schauspielern.

©2021 Wolfgang Brunner

Superdeep (2020)

Originaltitel: The Superdeep
Regie: Arseny Syuhin
Drehbuch: Arseny Syuhin
Kamera: Hayk Kirakosyan
Musik: Dmitry Selipanov
Laufzeit: 100 Min. (Langfassung 115 Min.)
Darsteller: Milena Radulovic, Sergey Ivanyuk, Nikolay Kovbas, Nikita Dyuvbanov, Viktor Nizovoy, Vadim Demchog
Genre: Science Fiction, Horror
Produktionsland: Russland
FSK: ab 16 Jahre

*

Ein Forschungsteam begibt sich durch ein gigantisches Bohrloch unter die Erdoberfläche, um eine geheimnisvolle, schreckliche Krankheit zu erforschen. Was sie im Erdinneren finden, überschreitet ihr Vorstellungsvermögen und stellt sich als größte Bedrohung in der Geschichte der Menschheit heraus. Die Zukunft der Erde liegt in den Händen der Forscher.

*

Vergleiche wie John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder Ridley Scotts „Alien“ lassen den geneigten Filmfan zum einen aufhören und zum anderen sofort argwöhnisch werden. Wie kann man sich nur erdreisten einen neuen Film mit Kultklassikern zu vergleichen, die deren Qualität ohnehin niemals erreichen werden? Es ist letztendlich immer das gleiche Spiel und man sollte vollkommen unvoreingenommen an solche reißerischen Aufzählungen herangehen. Im Falle von „Superdeep“ sind jedoch beide Vergleiche wirklich sehr naheliegend, obwohl Regisseur Arseny Syuhin eine eigenständige Geschichte erzählt, die dennoch immer wieder in verschiedenen Szenen an die beiden genannten Klassiker erinnert. Aber das ist auch gar nicht verwerflich, sondern macht, ganz im Gegenteil, sogar unglaublich viel Spaß. „Superdeep“ besitzt eine tolle Atmosphäre, die hin und wieder tatsächlich sogar den Anschein macht, er wäre vom Meister John Carpenter höchstpersönlich inszeniert worden. Auch der Score von Dmitry Selipanov unterstützt diesen Eindruck ebenfalls, besonders dann im spannenden Finale. „Superdeep“ könnte man also fast einen John-Carpenter-Film nennen, der nicht von Carpenter gedreht wurde. 😉

Die Verwendung von überwiegend handgemachten Spezialeffekten verströmt eine Horror-Ästhetik der 1980er-Jahre und macht daher unglaublich viel Spaß.
Leider wirken einige Dialoge etwas unbeholfenen und hölzern. Hinzu kommt, dass sie die Handlung auch nicht wirklich vorantreiben oder eine tiefere Charakterzeichnung eines Protagonisten zeichnen, sondern einem eher wie Füllsel vorkommen. Wirklich störend ist es allerdings nicht, weil man dennoch gespannt ist, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Hauptsächlich sind es aber die brillanten Spezialeffekte, die „Superdeep“ zu einem sehenswerten Film machen.
Regisseur Arseny Syuhin lässt sich Zeit mit seiner Konstruktion des Schreckens. Das mag für den ein oder anderen Zuschauer Grund genug sein, Kritik am Film zu üben, andere werden diesen schleichenden Aufbau genießen, weil er sich dadurch ein wenig von gängigen Genrebeiträgen abhebt. Vor allem der unterirdische Schauplatz ist grandios und vermittelt eine bedrückende Atmosphäre, die sich durch den ganzen Film zieht. Unter diesem Aspekt besitzt „Superdeep“ einige überaus lohnende Szenen und kann dadurch über einige Unstimmigkeiten und inszenatorische Fehler hinwegsehen lassen. Insgesamt gesehen hat mir persönlich „Superdeep“ sehr gut gefallen und ich habe mich vor allem perfekt unterhalten.

*

Fazit: Spannender Sci-Fi-Horror-Albtraum, der durch seine hervorragenden Effekte überzeugen kann.

©2021 Wolfgang Brunner

Cosmic Sin (2021)

Originaltitel: Cosmic Sin
Regie: Edward Drake
Drehbuch: Edward Drake, Corey Large
Kamera: Brandon Cox
Musik: Scott Glasgow
Laufzeit: 88 Min.
Darsteller: Frank Grillo, Bruce Willis, Brandon Thomas Lee, C.J. Perry, Lochlyn Munro, Corey Large, Costas Mandylor, Adelaide Kane, Johnny Messner
Genre: Science Fiction
Produktionsland: USA
FSK: ab 16 Jahre

*

Im Jahr 2520 besiedeln die Menschen die äußeren Planeten. Vier Jahre später wird auf einem dieser abgelegenen Planeten eine Soldateneinheit von Aliens angegriffen. Der pensionierte General James Ford wird wieder aktiviert, um die Menschheit vor einer Invasion zu retten. Die außerirdischen Gegner sind sogar in der Lage, menschliche Körper zu infizieren und zu besetzen. Ein Wettlauf gegen die Zeit und um das Überleben der Menschheit beginnt.

*

Wenn man die Namen Frank Grillo und Bruce Willis hört, denkt man natürlich erst einmal, man bekommt einen sehenswerten Film zu sehen. Es ist jetzt auch nicht so, dass „Cosmic Sin“ nicht sehenswert wäre. Das Science-Fiction-Abenteuer von Edward Drake, der mit seinem Pandemie-Drama „Animals“ einen ersten Erfolg feiern konnte, hat einiges an Potential, das der Regisseur allerdings nur bedingt nutzt, um daraus einen ansehnlichen Film zu machen. Es gibt sicherlich einige Momente, an die man sich gerne erinnert, doch sind die meistens in den teilweise gelungenen Spezialeffekten und nicht in der Schauspielkunst und Handlung zu finden. „Cosmic Sin“ wirkt irgendwie lieblos, unreif und oftmals wirr. Die Handlung ist an sich nicht die schlechteste, obwohl man derartiges schon des Öfteren gesehen hat, aber sie ist, wie gesagt, unprofessionell und teilweise nicht nachvollziehbar umgesetzt. Die Schauspieler wirken alle hölzern wie in einem billig produzierten B-Movie, was „Cosmic Sin“ schon alleine aufgrund seiner Effekte eigentlich dann doch irgendwie nicht ist. Aber es wirkt insgesamt gesehen leider so und verdirbt einem dadurch den Spaß.

Was mir persönlich permanent aufgestoßen ist, waren die Rüstungen, die wie aus Pappmaché gemacht wirkten und auch keinerlei Sinn ergaben. Die bulligen Auswüchse waren auf normale Kleidung geklebt und hätten die Soldaten schon beim kleinsten Gefecht nicht schützen können. Das wirkte auf mich während des ganzen Films lächerlich und in einigen Szenen sogar unfreiwillig lächerlich. Hätte man auf dieses „Gimmick“ ganz verzichtet, wäre das Ganze um einiges glaubhafter rübergekommen. Außerdem erfüllte die computerveränderte Stimme der Aliens, die durch die besetzten Menschen sprachen, sämtliche Klischees eines schlechten Science-Fiction- oder Horrorfilms. Das empfand ich als unpassend und störend. Auch das hat mir den Spaß genommen und das Niveau stark heruntergeschraubt. Wie gesagt, Potential wäre da gewesen und gerade durch die Wurmlöcher hätte der Plot durchaus einen großen Unterhaltungs- und Schauwert abgegeben. Aber durch die obengenannten Fauxpas wurde genau dieser unentwegt gestört.

Ich möchte „Cosmic Sin“ dennoch nicht ein paar gelungene Momente absprechen: Zum einen trifft man wieder einmal auf Bruce Willis, der zwar nicht eine schauspielerische Glanzleistung abliefert, aber zumindest bekommt man sein für ihn typisches und sympathisches Grinsen zu sehen. Auch Frank Grillo kann seine Qualitäten nicht einmal ansatzweise zeigen, denn der Fan weiß schließlich, was er eigentlich kann. Die für mich beeindruckendsten Szenen des Films waren immer die, in denen man die Spezialeffekte zu sehen bekam, die für das wohl geringe Budget gar nicht mal so schlecht aussahen. Letztendlich kann man zusammenfassen, dass die Inszenierung und die Umsetzung eines mittelmäßigen Plots den durchaus gelungenen Effekten und vor allem den Schauspielern in keiner Weise gerecht werden. Leider!

*

Fazit: Leider nicht überzeugend, obgleich durchaus sehenswerte Momente zu verzeichnen sind.

©2021 Wolfgang Brunner

8 Tage (2019)

Originaltitel: 8 Tage
Regie: Stefan Ruzowitzky, Michael Krummenacher
Drehbuch: Peter Kocyla, Rafael Parente, Benjamin Seiler
Kamera:  Benedict Neuenfels
Musik: David Reichelt
Laufzeit: 400 Min. (8 Episoden)
Darsteller: Mark Waschke, Christiane Paul, Fabian Hinrichs, Nora Waldstätten, Murathan Muslu, Henry Hübchen, Devid Striesow, David Schütter, Luisa-Céline Gaffron
Genre: Science Fiction
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre

*

Ein Asteroid rast auf die Erde zu und soll in 8 Tagen an der französischen Altantikküste einschlagen. Dabei werden laut wissenschaftlichen Berechnungen weite Teile Europas vollständig vernichtet. Das Ehepaar Steiner versucht über die Grenze nach Russland zu flüchten, während Herrmann und seine hochschwangere Frau versuchen, einen der begehrten Plätze auf einem Evakuierungsflug nach Amerika zu bekommen. Der Bauunternehmer Klaus hat indessen vorgesorgt und sich heimlich während der letzten Monate einen Bunker erbaut. All diese Schicksale sind miteinander verbunden und vermischen sich zu einem dramatischen Überlebenskampf.

*

Und wieder einmal beweist eine Mini-Serie, dass qualitativ Hochwertiges auch aus Deutschland kommen kann und sich nicht einmal ansatzweise hinter Hollywood-Produktionen verstecken braucht. „8 Tage“ ist eine Dystopie und ein Weltuntergangs-Katastrophen-Szenario, das man nicht mehr so schnell vergisst. Das liegt zum einen an der unglaublichen Rasanz der Inszenierung und zum anderen an den wirklich tollen Schauspielerinnen und Schauspieler, die in jeder Episode ihr Können zeigen. Hinzu kommt dann noch der Score von David Reichelt, der eine Sogwirkung entfaltet, der man sich nicht entziehen kann. All diese Zutaten machen aus „8 Tage“ ein Filmereignis, von dem man sich wünscht, es hätte doppelt so lange gedauert. Es fällt nämlich am Ende wirklich schwer, sich von den Charakteren zu trennen. Interessant ist, dass dies nicht nur die „Guten“, sondern auch irgendwie die „Bösen“ betrifft, denen man immer wieder gerne begegnet ist. Die beiden Regisseure Stefan Ruzowitzky und Michael Krummenacher haben hier einen Volltreffer gelandet, den man sich auch gerne ein zweites Mal ansieht, weil es unglaublich Spaß macht, die Geschichten der Figuren zu verfolgen und zu beobachten, wie sie sich miteinander vermischen.

Darstellerisch haben die Regisseure ein Ensemble um sich vereint, das sich sehen lassen kann. In dieser Hinsicht gab es für mich keinerlei Beschwerden, denn sie spielten allesamt perfekt und glaubwürdig. Mark Waschke als Uli Steiner konnte ebenso überzeugen wie Christiane Paul als seine Frau Susanne. Auch das Zusammenspiel der beiden war einfach nur grandios und bemerkenswert. Klaus Frankenberg hätte keiner fieser, hinterhältiger, psychopathischer und kaltblütiger darstellen als Devid Striesow. Ich weiß gar nicht, wie oft ich ihm gerne durch den Fernsehbildschirm den Hals umgedreht hätte, so hat mich seine Spielweise aufgeregt. 😉
Fabian Hinrichs als Herrmann und Nora Waldstätten als seine Frau Marion waren ebenfalls sehr eindringlich in ihrer Darstellung und haben mir ausnehmend gut gefallen. Das Schauspiel aller Beteiligten war sehr intensiv und emotional,. so dass es einen wirklich mitgerissen hat. Man war hautnah mit dabei.
Henry Hübchen entwickelte sich von einer fast schon unscheinbaren Nebenrolle in einen aussagekräftigen Charakter, der mich emotional in hohem Maße berührt hat und der Serie noch eine zusätzliche, menschliche Note verleiht hat, die mir imponierte.
David Schütter in seiner Rolle als Robin war phänomenal. In einer Mischung aus Klaus Kinski, André Eisermann und Christoph Waltz verschaffte er mir in manchen Szenen sogar eine Gänsehaut, so intensiv war sein Schauspiel.

„8 Tage“ ist ein Sszenario, das realistischer nicht sein könnte und Charakterzüge von Menschen zeigt, wie sie in der Wirklichkeit in solch einer Situation mit Sicherheit auch zutage treten. Das Chaos, die Liebe, die Angst, das Umdenken, die Hoffnungen … all dies kann man hundertprozentig nachempfinden.
Und wie das I-Tüpfelchen kommt dann noch der hammermäßige Score von David Reichelt hinzu, der die apokalyptischen Bilder, aber auch die ruhigen Momente so genial untermalt, dass man sich dabei ertappt, die Titelmelodie immer wieder im Kopf zu hören. Nach Sichtung bleiben nachhaltige Eindrücke zurück, an die man sich immer wieder zurückerinnert. „8 Tage“ ist einer der Serien, die man sich mit Sicherheit noch einmal ansieht, weil sie einfach zum einen unterhält und zum anderen auch zum Nachdenken anregt, dass man sein Leben vielleicht so leben sollte, wie man möchte, und das vor allem in der Gegenwart und nicht erst, wenn es eigentlich zu spät ist.
Ich vergebe volle Punktzahl für diese Miniserie aus Deutschland und freue mich schon jetzt darauf, sie bald wieder zu sehen.

*

Fazit: Eindringliche, emotionale, realistische und spannende Dystopie aus Deutschland.

©2021 Wolfgang Brunner

Spides (2020)

Originaltitel: Spides
Regie: Joern Heitmann, Rainer Matsutani
Drehbuch: Peter Hume, Fabian Marquez, Rainer Matsutani, Carola M. Lowitz, Eckhard Vollmar, Mark Wachholz
Kamera:  Clemens Messow
Musik: Mario Grigorov, Steven Schwalbe
Laufzeit: 360 Min. (8 x 45 Min.)
Darsteller: Rosabell Laurenti Sellers, Falk Hentschel, Florence Kasumba, Désirée Nosbusch, Francis Fulton-Smith, Susanne Wuest, Aleksandar Jovanovic, Lion-Russell Baumann, Anna Bullard-Werner
Genre: Science Fiction
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre

*

Nachdem Nora eine mysteriöse neue Modedroge namens Blis genommen hat, erwacht sie ohne Erinnerung an ihr früheres Leben aus dem Koma. Die beiden Ermittler Leonhart und Navar wollen wissen, was sich hinter der Droge verbirgt, und finden dabei zahlreiche Fälle vermisster Teenager, die damit zusammenhängen. Nora entdeckt eine unglaubliche Verschwörung hinter Blis, denn Aliens versuchen mit dieser synthetischen Droge Menschen zu kontrollieren und deren Körper als Wirt zu benutzen.

*

Ich war sehr gespannt, was eine deutsche Produktion im Science-Fiction-Genre schafft. „Spides“ ist eine wilde Mischung aus diversen SF-Filmen wie etwa „Die Körperfresser kommen“, „Species“ und „V – Die Außerirdischen kommen“. Das größte Vorbild der Serie dürfte dennoch der erstgenannte, im Jahre 1956 unter der Regie von Don Siegel entstandene „Die Körperfresser kommen“ sein. Die Regisseur Joern Heitmann und Rainer Matsutani, die jeweils verschiedene Episoden inszeniert haben, erschufen eine interessante und spannende Version dieser Geschichte, die nur die Situation an sich zum Anlass nimmt und ansonsten einen vollkommen anderen Weg geht. Leider funktioniert die Geschichte nur halbwegs und die Qualität der Episoden ähnelt einer Achterbahnfahrt. Es geht nämlich nach jedem Aufwärtstrend meist wieder ernüchternd nach unten. Gerade die ersten vier Episoden hangeln sich mehr oder weniger innovativ dem Handlungsstrang entlang, ohne besonders faszinierend zu wirken. Einzig die Einführung und Entwicklung einzelner Charaktere macht die erste Hälfte dieser deutschen SF-Serie interessant und hält den Zuschauer am Ball, weiterzusehen. In vielen Belangen gleitet „Spides“ leider auch immer wieder in für das Genre typische Klischeefallen, die eine Außergewöhnlichkeit (nämlich eine hochwertige, deutsche Science-Fiction-Serie) irgendwie zunichte machen. Aber das ändert sich dann ja glücklicherweise in den letzten vier Episoden.

Wie gesagt, der Ansatz ist gut und letztendlich ist das Gesamtpaket durchaus ansehnlich. Dennoch wird man durch bestimmte Szenen, Dialoge und Begebenheiten aus der überwiegend düsteren Atmosphäre herausgerissen und denkt sich nur, wie die Drehbuchautoren so etwas nur haben schreiben können. Ab der Hälfte geht es dann weitaus stimmiger und vor allem stimmungsvoller zur Sache, auch wenn man immer wieder den Eindruck hat, dass sich die Drehbuchautoren viel zu viel von anderen Genrebeiträgen haben beeinflussen lassen. Letztendlich gibt es dann doch nichts Neues in „Spides“, das man nicht schon irgendwo anders gesehen hat.
Schauspielerisch gibt es nicht viel zu bemängeln, die Akteure machen ihre Sache auf alle Fälle gut. Besonders positiv herausgestochen sind für mich Désirée Nosbusch (obwohl sie nur eine relativ kleine Rolle innehatte), die Hauptdarstellerin Rosabell Laurenti Sellers, Susanne Wuest und Aleksandar Jovanovic. Hinzu kommen natürlich auch noch Falk Hentschel und Florence Kasumba, die die beiden Ermittler verkörperten. Ihr Zusammenspiel war unglaublich authentisch und hat ungemein Spaß gemacht. All die genannten Personen haben „Spides“ aus schauspielerischer Sicht interessant gemacht und oftmals über wirre, unausgegorene Handlung hinwegsehen lassen.

Zwei große Mankos gibt es allerdings, die sich durch sämtliche Episoden ziehen und manchmal richtig nerven: Das eine ist die Synchronisation und das andere die manchmal sehr holprig wirkenden Dialoge. Wenn dann auch noch beides zusammenkommt, so kommt man als Zuschauer so manches Mal an seine Grenzen, dem Drang zu widerstehen, die Stop-Taste zu drücken.
Im Nachhinein wirkt es gar nicht mehr so schlimm, wie es während der Sichtung war, aber dennoch bleibt dieser fade Beigeschmack an der Serie hängen. Besonders die emotionslose, teils gelangweilt wirkende Synchronisation der Marie, gespielt von Anna Bullard-Werner, macht viel Atmosphäre zunichte. Diese ausdruckslose Stimme lässt jegliche Gefühle der Schauspielerin vollkommen verschwinden und macht aus der Figur einen uninteressanten Charakter, der einem völlig egal ist. Sobald sie den Mund aufmacht, geht die Spannung der Szene absolut verloren und man denkt, man sieht sich gerade einen Low-Budget-Film an, bei dem an der Synchronisation gespart wurde.
Trotz dieser Kritikpunkte ist „Spides“ allemal einen Blick wert, zumal einige wirklich ansehnliche Spezialeffekte und schauspielerische Leistungen zu sehen sind. Ob die Geschichte allerdings aufgrund der genannten Mängel mittels einer zweiten Staffel fortgesetzt wird, ist für mich fraglich.

*

Fazit: Anfangs etwas schwerfällige, aber danach durchaus sehenswerte deutsche Variante von „Die Körperfresser kommen“.

©2021 Wolfgang Brunner

Psycho Goreman (2020)

Originaltitel: Psycho Goreman
Regie: Steven Kostanski
Drehbuch: Steven Kostanski
Kamera: Andrew Appelle
Musik: Blitz/Berlin
Laufzeit: 95 Minuten
Darsteller: Matthew Ninaber, Kristen MacCulloch, Nita-Josee Hanna, Owen Myre, Rick Amsbury, Adam Brooks, Reece Presley
Genre: Komödie, Science Fiction, Horror
Produktionsland: Kanada
FSK: ab 18 Jahre

*

Die Geschwister Mimi und Luke beschwören, während sie spielen, eine uralte, außerirdische Macht herauf. Mimi kann das schaurige Monster mittels eines magischen Edelsteins kontrollieren und richtet mit ihrer kindlichen Unbekümmertheit und ihrer Naivität allerhand Schaden in ihrer Heimatstadt an. Was sie nicht weiß, Psycho Goreman, wie sie das Monster nennt, ist in einen galaktischen Krieg verwickelt und die außerirdischen Gegner sind bereits auf der Suche nach ihm …

*

„Psycho Goreman“ ist das Paradebeispiel eines Edel-Trash-Films, den man entweder liebt oder hasst. Bei mir dauerte es ganze fünf Minuten, bis ich wusste, dass ich eindeutig in die erste Kategorie gehöre und diesen Film lieben werde. Und genau so war es dann auch: Ich habe „Psycho Goreman“ genossen und mich köstlich amüsiert. Es kommt ja nicht oft vor, dass ich so ziemlich jeden Gag, der in einem Film vorkommt, auch mag. Oftmals enden diese Versuche in einem fast schon unerträglichen Klamauk und Slapstick, bei dem Fremdschämen angesagt ist. Nicht aber bei „Psycho Goreman“, wo tatsächlich die meisten der Witze zünden und perfekt funktionieren (zumindest war das bei mir so). Man sollte sich bei diesem Film schlichtweg zurücklehnen, das Hirn ausschalten (oder es sich einfach nur durchpusten lassen) und den Spaß genießen, der über den Monitor flimmert, so wie es augenscheinlich auch die Darsteller genossen haben, diesen Film zu drehen.

Zum wirklich hohen Spaßfaktor kommen teilweise derbe Splattereffekte hinzu, die das trashige Gesamtbild im positiven Sinne abrunden. Da spritzt das Blut teilweise eimerweise und man denkt, Peter Jackson ist zu seinen Wurzeln zurückgekehrt und hat einen neuen Kultfilm inszeniert. „Bad Taste“ lässt in diesem Fall am meisten grüßen, denn auch dort wurde neben den Blutbädern noch eine ordentliche Portion Humor serviert. Man sieht, dass die Effekte nicht am Computer, sondern durch gekonnte Handarbeit gemacht wurden. Auch hier sieht man förmlich die Freude der Spezialeffekte-Crew an ihrer Arbeit. „Psycho Goreman“ mutet teilweise wie eine Interpretation der „Power Rangers“ für Erwachsene an, die dennoch Kind geblieben sind. Die Gratwanderung zwischen übermütiger Komödie mit pointierten Gags und heftigen Splatterszenen macht einfach nur Spaß, sofern man sich darauf einlassen kann. Ich bin sicher (und kann das auch durchaus verstehen), es wird Leute geben, die den Spaß daran nicht verstehen und den Film nicht mögen.

Wer sich nicht davor scheut, einen amüsanten und nicht ganz ernst zu nehmenden Retro-Rückblick in die Welt der 1980er-Jahre zu werfen, wird schnell feststellen, dass Regisseur Steven Kostanski schon jetzt einen Kultfilm inszeniert hat, der mit Absicht den schlechten Geschmack eines Trashfilms auf ein gehobeneres Niveau setzt. Wer legt schon Wert auf charakterliche Tiefe, wenn es weitaus bedeutenderes bei solch einem Film gibt, nämlich einen grenzenlosen Unterhaltungswert. Entweder man wird von diesem Reiz des Films gepackt oder nicht. Ich denke, ein echtes Zwischendrin gibt es da nicht, denn man muss wahrscheinlich schon in ähnlicher Weise ticken wie der Regisseur, um das Ganze zu „verstehen“. Fans der 1980er-Jahre werden diverse Anspielungen finden und darüber begeistert sein. „Psycho Goreman“ ist eine Verneigung vor den legendöären Troma-Filmen, die ebenfalls längst Kultstatus erreicht haben und ein ganz spezielles Publikum ansprechen. Und genau dieses spezielle Publikum wird bei „Psycho Goreman“ aufjubeln, weil er genau diese Tradition an Edel-Trash auf geniale Weise fortführt respektive sogar neu erweckt.
Für mich eine ganz große Überraschung und, ganz ehrlich, ich könnte ihn mir gleich schon wieder ansehen. 😉

*

Fazit: Witziger und blutiger Edel-Trash in der Tradition der Troma-Filme.

©2020 Wolfgang Brunner

Paradise Hills (2019)

Originaltitel: Paradise Hills
Regie: Alice Waddington
Drehbuch: Brian DeLeeuw, Nacho Vigalondo
Kamera: Josu Inchaustegui
Musik: Lucas Vidal
Laufzeit: 95 Minuten
Darsteller: Emma Roberts, Danielle Macdonald, Awkwafina, Jeremy Irvine, Arnaud Valois, Eiza González, Milla Jovovich
Genre: Science Fiction, Thriller
Produktionsland: Spanien
FSK: ab 12 Jahre

*

Uma erwacht auf einer abgelegenen Insel namens Paradise Hills, wo junge Frauen zu feinen Damen erzogen werden. Doch hinter dem farbenprächtigem und märchenhaftem Paradies versteckt sich ein dunkles Geheimnis.

*

Schon während der ersten Minuten wird einem klar, dass man es bei „Paradise Hills“ mit einem außergewöhnlichen Film zu tun bekommt, der sich von der breiten Masse an Mainstream-Produktionen abhebt. Man fühlt sich bei der Farbenpracht, die man zu sehen bekommt, teilweise an „Pleasantville“ oder an eine dezentere Farbexplosion eines Tim-Burton-Streifens erinnert. „Paradise Hills“ wirkt wie eine cineastische Droge, auf die man sich einlassen muss, um das Werk in seiner ganzen Vielfalt zu genießen. Vielen Zuschauern wird das ganze zu abgedreht sein, denn „Paradise Hills“ fordert zum Nachdenken auf, denn es verbergen sich einige sozialkritische Aspekte in den Dialogen. Es geht unter anderem um die Entwicklung gesellschaftlicher Schichten (Ober- und Unterschicht) und um die Unterdrückung der Freiheit eines Menschen (in diesem Falle junger Frauen), sich eigenständig zu entwickeln und ein Leben nach eigenen Vorstellungen zu führen. Regisseurin Alice Waddington erzählt diese Geschichte aber keineswegs mit erhobenem Zeigefinger, sondern verpackt ihre feministische Gesellschaftskritik in eine düstere und, zumindest aus meiner Sicht, spannende Science-Fiction-Thriller-Dystopie.

In verträumten Bildern wird das Schicksal einiger Mädchen geschildert, die aus dieser bunten, stylischen Welt ausbrechen wollen, obwohl diese auf den ersten Blick tatsächlich wie ein Paradies wirkt. Inszenatorisch überaus ansprechend und schauspielerisch auf gutem Niveau wird das Publikum Zeuge, das nicht alles, was glänzt, auch zwangsweise gut ist. Anfangs erscheint „Paradise Hills“ wie ein modernes Märchen, das uns mit verklärtem Blick eine Welt zeigt, wie sie in der Zukunft tatsächlich sein könnte. Und, wie es bei Märchen immer ist, betritt früher oder später eine böse Präsenz die Bühne und zerstört die positiven Aspekte, denen nicht nur die Protagonisten sondern auch die Zuschauer kurzzeitig verfallen sind. Das Böse tritt in Gestalt der „Duchess“ auf, einer hinterhältigen Hexe, die an jene aus „Schneewittchen“ oder „Dornröschen“ erinnert und ihre Bösartigkeit hinter einer kalten, aber dennoch faszinierenden Schönheit versteckt. Milla Jovovich eignet sich hervorragend für diese Rolle und, wenngleich sie nicht wirklich viel Schauspielerei zeigt, bleibt sie dennoch neben Emma Roberts, Danielle Macdonald und Awkwafina im Gedächtnis haften.

„Paradise Hills“ funktioniert genau genommen auf allen Ebenen: Er wird den Aspekten eines Science-Fiction-Films, einer Dystopie und einem Thriller genauso gerecht wie einem Gesellschaftsdrama. Vielleicht ist genau diese „Überfrachtung“ an Genres und Themen der Problempunkt des Films, dass er bei vielen Zuschauern nicht das erreicht, was er erreichen wollte. Vor allem durch das Ende wirkt der Film, als wollte die Regisseurin, respektive die Drehbuchautoren, so viel wie möglich in eineinhalb Stunden pressen. Für mich bedeutet das, dass „Paradise Hills“ zum einen kein Film zum Konsumieren, sondern zum intensiven Zusehen ist, und zum anderen mindestens zwei Mal gesehen werden muss, um all seine Facetten auch registrieren und begreifen zu können. Gerade die in unserer heutigen Welt so oft diskutierte Definition von Geschlechterrollen und Identitäten findet in diesem Film ein Sprachrohr, das neben seiner ernsthaften Absichten dennoch hervorragend unterhält.
Für mich war „Paradise Hills“ eine große Überraschung, mit der ich gar nicht gerechnet habe, und die durch den geschickt verpackten Genremix weitaus mehr zu erzählen hat, als man im ersten Moment denken mag.

*

Fazit: Beeindruckender Genremix mit Botschaft. Kein Film zum Nebenhersehen.

©2021 Wolfgang Brunner

Die Farbe aus dem All (2019)

farbe

Originaltitel: Color Out Of Space
Regie: Richard Stanley
nach einer Kurzgeschichte von H.P. Lovecraft
Drehbuch: Richard Stanley, Scarlett Amarise
Kamera:  Steve Annis
Musik: Colin Stetson
Laufzeit: 111 Minuten
Darsteller: Nicholas Cage, Q’orianka Kilcher, Joely Richardson, Tommy Chong, Madeleine Arthur, Brendan Meyer, Julian Hilliard, Elliot Knight
Genre: Science Fiction, Horror
Produktionsland: USA
FSK: ab 16 Jahre

*

Die Familie Gardner lebt in einem abgelegenen Farmhaus in New England, um der Hektik des Alltagslebens zu entfliehen. Es dauert nicht lange und ein Meteorit schlägt in ihrem Vorgarten auf. Der mysteriöse Stein aus dem All infiziert die Umgebung mit einer seltsamen Farbe, die Veränderungen in der Natur hervorruft. Aber auch bei Tieren und Menschen zeigen sich Auswirkungen.

*

Es ist immer schwierig, einen Film nach einer literarischen Vorlage zu drehen, zumal solch eine Vorlage auch noch Kultstatus besitzt. H.P. Lovecrafts Erzählung über eine mysteriöse Bedrohung aus dem All in Form einer mysteriösen Farbe, besitzt eine außergewöhnliche Atmosphäre, die bei den Anhängern des Autors und vielen Lesern einen ganz besonderen Status einnimmt. Es gibt bereits einige Verfilmungen dieser Geschichte, die nicht immer die Stimmung perfekt eingefangen haben, so dass auch bei Richard Stanleys Neuinterpretation sofort argwöhnische Stimmen laut wurden. Okay, es ist wirklich nicht einfach, eine Lovecraft-Story zu verfilmen, so dass man Stanley auf alle Fälle schon einmal zugute halten muss, dass er sich richtig Mühe gegeben hat. Und das erfolgreich, zumindest aus meiner Sicht.

„Die Farbe aus dem All“ besitzt in der Tat eine sehr schöne Atmosphäre, die sich gerade in der ersten Hälfte (zumindest stimmungsvoll) sehr schön an die literarische Vorlage hält. Immer mehr entwickelt sich diese Stimmung, die mich übrigens an manchen Stellen sehr an die Science-Fiction-Verfilmung „Auslöschung“ erinnert hat) zu einem Klon von John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“. Die außerirdische Farbe ist ja auch ein Ding aus einer anderen Welt, so dass mir die Entwicklung eigentlich auch noch sehr gut gefallen hat. Leider vertieft Richard Stanley diese Seite der Story so sehr, dass der Film zu einem massentauglichen Horrorfilm mutiert (was für ein Wortspiel 😉 ) und die Atmosphäre der ersten Hälfte so ein klitzeklein wenig zerstört. Nichtsdestotrotz fühlte ich mich äußerst angenehm und spannend unterhalten, zumal die Schauspieler auch noch das ihrige dazu beitrugen. Das Gesamtbild, das „Die Farbe aus dem All“ bei mir zurückließ, ist für mich auch ausschlaggebend, so dass ich auf jeden Fall behaupten kann, dass ich diesen Film nicht so schnell vergessen werde.

Visuell ist Stanleys Comeback absolut gelungen und auch die Schauspieler können allesamt überzeugen. Nicholas Cage zeigt, was er kann und spielt seine Figur sehr glaubwürdig, wie aber letztendlich alle beteiligten Darsteller. Der Score von Colin Stetson untermalt die Bilder auf sehr beeindruckende Weise.
Man sollte „De Farbe aus dem All“ eine Chance geben und ihn als von der literarischen Vorlage unabhängiges Werk betrachten, der lediglich seine Inspirationen in Lovecrafts Erzählung sucht und diese dann auf eigenständige Weise (neu) interpretiert. Ich persönlich sah in Richard Stanleys Film eine Verneigung vor dem großen Meister der fantastischen Literatur, bei der er einen Weg gehen wollte, der auch ein Massenpublikum anspricht (in der heutigen Zeit nicht unbedingt der falscheste Weg, wenngleich ich mir persönlich ein etwas unabhängigeres und vor allem intellektuelleres Ergebnis gewünscht hätte). „Die Farbe aus dem All“ stellt für mich trotz dieser Kritikpunkte eine der gelungeneren Verfilmung nach einem Stoff von H.P. Lovecraft dar, vor allem auch, weil er einen Spagat zwischen cineastischer Kunst und Mainstream schafft.

*

Fazit: Gelungene, stimmungsvolle und visuell ansprechende Literaturverfilmung mit einem tollen Cast.

©2020 Wolfgang Brunner

Star Force Soldier (1998)

soldier

Originaltitel: Soldier
Regie: Paul W. S. Anderson
Drehbuch: David Webb Peoples
Kamera: David Tattersall
Musik: Joel McNeely
Laufzeit: 99 Minuten
Darsteller: Kurt Russell, Jason Scott Lee, Connie Nielsen, Gary Busey, Jason Isaacs, Sean Pertwee, Michael Chiklis, Mark Bringelson
Genre: Action, Science Fiction
Produktionsland: USA
FSK: ab 18 Jahre

*

Im Jahr 2036 haben Wissenschaft  Krieger entwickelt, die seit ihrer Geburt ausschließlich für den Kampf ausgebildet wurden. Sie sind ihrer sämtlichen Individualitäten beraubt, werden von der Gesellschaft weitestgehend getrennt und leben nur noch nach dem Motto: töten und getötet werden. Einer von ihnen, Todd, wird auf einen Planeten gebracht, auf dem vergessene Krieger ihr Dasein fristen. Als die dortige Zivilisation dann bedroht wird, erwacht in Todd der kaltblütige Krieger …

*

Obwohl „Star Force Soldier“ im Jahr 1998 gedreht wurde, erinnert er durchwegs an die Kassenschlager der 80er Jahre. Er verstrahlt ein entsprechendes Flair, das sich durch den ganzen Film zieht. Das mag vielleicht daran liegen, dass Kurt Russel mitspielt und man permanent seine Rolle als Snake Plissken in John Carpenters „Die Klapperschlange“ vor Augen hat, aber es sind auch die Sets, die an dieses Filmjahrzehnt erinnern.
Regisseur Paul W. Anderson hat einen handfesten Science Fiction-Action-Knaller erschaffen, der von Anfang bis Ende unterhält. Kurt Russel spielt seine Rolle sehr minimalistisch und spricht nicht wirklich viele Sätze. Sein Schauspiel besteht nur aus einer verbissenen Mimik, bei der man kein einziges Mal ein Lächeln zu sehen bekommt. „Star Force Soldier“ ist auch nicht unbedingt ein Highlight in Kurt Russels Karriere, aber dennoch bleibt seine Rolle als wortkarger Söldner im Gedächtnis haften.

Ich kann durchaus nachvollziehen, dass viele Zuschauer diesen Film nicht mögen und als puren Trash bezeichnen. Zum Teil trifft diese Aussage auch sicherlich zu, denn das Set und auch teilweise die schauspielerischen Leistungen sehen danach aus. Aber man sollte den Film vielleicht auch einmal unter einem anderen Aspekt betrachten: Der von Kurt Russel dargestellte Söldner ist sehr wortkarg und zeigt seine Emotionen nur durch Mimik. In dieser Hinsicht kann man über den Schauspieler sagen, was man will, aber diesen Part hat er wirklich sehr gut gespielt. Was mir persönlich am besten gefallen hat, sind die Szenen, in denen der Söldner mit einem kleinen Jungen agiert. Gerade diese Stellen sind sehr emotional, wenn man sich darauf einlassen kann. „Star Force Soldier“ ist mit Sicherheit nicht jedermanns Geschmack und ich denke viele werden nicht verstehen, was einem daran gefallen kann. Bei mir sind es auf alle Fälle die schauspielerische Leistung von Kurt Russel und  das 80er Jahre-Flair, das dieser Film verströmt, obwohl er eigentlich nicht in diese Filmära gehört.

Koch Media hat nun diesen Film erstmalig auf Blu-Ray veröffentlicht. Und das auch noch in der ungekürzten Version. Warum man damals diese Szenen allerdings herausgeschnitten hat, ist mir unverständlich, denn so brutal, wie man jetzt meinen könnte, sind sie definitiv nicht. Nichtsdestotrotz ist es für den Filmfan schön, diese ungekürzte Version endlich ansehen zu können. Die Bildqualität bewegt sich in einem absolut tollen Rahmen. Da hat Koch Media ganze Arbeit geleistet. Es macht großen Spaß, diesen Film einmal in bestmöglicher Qualität zu sehen. Ich bin froh, dass sich Koch Media diesem Film angenommen und mir (und hoffentlich auch vielen anderen) damit einen Ausflug in meine filmische Vergangenheit beschert hat. Wer den Film damals schon mochte, wird mit dieser Version definitiv zufrieden sein.

*

Fazit: Erstmalige Uncut-Veröffentlichung auf Blu-Ray in hervorragender Bildqualität.

© 2019 Wolfgang Brunner