Violent Obsession (2023)

Originaltitel: Violent Obsession
Regie: Sebastian Zeglarski
Drehbuch: Sebastian Zeglarksi
Kamera: Dr. Kalt, Sebastian Zeglarski, Tim Rabenstein
Musik: Prisma Audio (Song: ALone – Kaltes Blut)
Laufzeit: 34 Minuten
Darsteller: Jim Aal, Kat Divine, Azraela Macabre, Jen Grotesque, Ben Grotesque, Ramona Groth, Carina
Genre: Horror, Splatter, Amateur
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Ein Mann erwacht. Er ist verwirrt und wird von seltsamen, blutigen Visionen heimgesucht. Während er durch den Wald torkelt, plagen ihn ekelerregende Erinnerungen, die Tod und Verderben beschwören. Illusion und Wirklichkeit verschmelzen immer mehr …

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Wer die Filme von Sebastian Zeglarski kennt, weiß genau, was einen erwartet. Nicht anders verhält es sich bei seinem neuen Kurzfilm „Violent Obsession“, der in 34 Minuten einen blutigen Albtraum erzählt, der abartiger nicht sein könnte. Da wird in keiner einzigen Minute mit Blut gespart. Zeglarski ist Teil von P.S.Y.C.H.O. Productions, wo er sowohl als Effektezauberer als auch Schauspieler mitwirkt. Doch entgegen der humorvollen Herangehensweise dieser Filme, setzt Zeglarski in seinen Solo-Projekten auf Zurschaustellung von Qualen, Folterungen und blutigen Toden. Wer auf handgemachte Spezialeffekte steht, wird hier eine halbe Stunde lang bestens unterhalten. Zeglarski versteht sein Handwerk. Seine Effekte brauchen sich nicht hinter größeren Produktionen zu verstecken. Als Beispiel sei hier nur die Szene genannt, in der einer Person das Auge mit einem Korkenzieher aus dem Schädel gerissen wird. Das wirkt durchaus wie eine Verbeugung vor Luis Buñuels und Salvador Dalís „Der andalusische Hund“ oder Lucio Fulcis Holzsplitterszene aus „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“.

Handlungstechnisch braucht man beim vorliegenden „Violent Obsession“ nicht viele Worte verlieren, denn Zeglarski geht es in seinen Filmen um etwas ganz anderes als Handlung. Zum einen sind es natürlich die bereits erwähnten Spezialeffekte, die seine Werke ausmachen, zum anderen sind es die Botschaften, die dem Regisseur wichtig sind. Ähnlich wie Jörg Buttgereit befasst sich Zeglarski mit den düsteren und deprimierenden Seiten des Lebens, setzt sich mit dem Tod und allen damit verbundenen Verästelungen auseinander, hält dem Publikum schonungslos den Spiegel vor Augen. Aber das ist bei weitem noch nicht alles: „Violent Obsession“ behandelt Schmerz, sexuelle Ausschweifungen, Wollust und Nekromantie; versucht eine Verbindung zwischen Leben und Tod herzustellen, die man durch die gezeigten Bilder durchaus versteht.

Gerade die Mischung aus brutaler Blutorgie und dunkler Poesie und Philosophie macht Zeglarskis Arbeit aus und verschafft ihm eine Art Sonderstellung in der Welt der Amateurfilmer. Auch wenn mir persönlich seine vorherigen Werke wie „What’s Wrong with You?“ oder „Lilli Got Sick“ ein klitzeklein bisschen besser gefallen haben, so reiht sich „Violent Obsession“ dennoch nahtlos in die filmischen Prämissen Zeglarskis ein. Und eines ist sicher: Sein neuestes Werk ist definitiv das blutigste, grenzwertigste und irgendwie auch mutigste. Sebastian Zeglarski – ein Name, den man sich merken sollte, wenn man an gut gemachten Amateurfilmen interessiert ist.

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Fazit: Blutiger Amateursplatter mit hervorragenden Spezialeffekten.

©2023 Wolfgang Brunner

Der Wolf (2021)

Originaltitel: Der Wolf
Regie: David Brückner
Drehbuch: Dominik Starck
Kamera: Tim Strecker
Musik: Cornel Hecht
Laufzeit: 90 Min.
Darsteller: Robin Czerny, Wolfgang Riehm, Kiana Klysch, Marta Shkop, Sabine Heinen, Robin Leo Hoffmann, Davis Schulz, Arman Kashani, Camelia Minicuta, Michael Krug
Genre: Horror, Thriller
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre

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Schauspielstudentin Emma hat große Bühnenangst, was mit dem Tod ihres Vaters zusammenhängt. Am Abend vor Halloween tritt sie ihre letzte Schicht als Servicekraft in einem Theater an. Doch dort macht ein Killer in Gestalt eines Wolfes Jagd auf Emma und ihre Freunde. Ein blutiger Kampf ums Überleben beginnt …

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Nach „Rapunzels Fluch“ liefert Regisseur David Brückner einen weiteren Horror-Thriller ab, der dieses Mal aber weitaus mehr in Richtung Slasherfilm der 1980er-Jahre geht. „Der Wolf“ ist ein weiterer Schritt Brückners ins professionelle Filmemachen. Spürt man in seinen vorhergehenden Filmen immer wieder noch das Herzblut, wie es Amateurfilmern zu eigen ist (das ist keinesfalls abwertend, sondern vielmehr gegenteilig aufzufassen), so zeigt Brückner im vorliegenden „Der Wolf“ seine bislang ausgereifteste Arbeit. Alles wirkt sehr professionell und die Geschichte wird in schönen Bildern eingefangen, in denen Brückner beleuchtungstechnisch immer wieder seine Hochachtung an den Kultfilmer Dario Argento ausdrückt. Das macht, wenn man diese Aspekte neben der Handlung und den guten Schauspielern beachtet, außerordentlich Spaß. Brückner versteht es, Anspielungen auf Genreklassiker in seinem Film zu verstecken, ohne etwas davon plump zu kopieren. Dominik Starcks Drehbuch ist durchdacht, auch wenn es einigen typischen Klischees des Horrorgenres folgt, was wiederum mit voller Absicht geschieht.

„Der Wolf“ erweckt Erinnerungen an Slasherperlen wie „Halloween“, „Freitag, der 13.“ oder „Scream“, aber auch „Suspiria“, bleibt aber immer selbstständig und lässt einen sogar manchmal an „die guten alten“ Edgar-Wallace-Filme denken. David Brückner ist ein Film gelungen, der von der ersten bis zur letzten Minute Spaß macht und bei dem man als Zuschauer tatsächlich bis zur Auflösung nicht dahinterkommt, wer sich hinter der Wolfsmaske verbirgt und aus welchem Grund er die Morde begeht. Die Schauspieler verkörpern allesamt sehr glaubhaft ihre Charakter und zeigen wirklich gutes Schauspiel. Hinzu kommt dann noch der herrliche elektronische Retro-Score von Cornel Hecht, der allein schon durch seinen Sound an manchen Stellen ein tolles 80er-Jahre Flair auferstehen lässt. Auch handwerklich ist an „Der Wolf“ so gut wie nichts auszusetzen, was wieder einmal zeigt, dass deutsche Horrorfilme durchaus Qualitäten zeigen können.

Die handgemachten Effekte sind hervorragend gelungen. Auch diese erinnern an die 1980er-Jahre und brauchen sich hinter Klassikern des Genres zu verbergen. Wenn das Blut aus aufgeschnittenen Kehlen spritzt, so ist das eine wahre Freude für Splatterfans. Bislang hat mich jeder Film von David Brückner überzeugen können, so dass ich nach „Der Wolf“ umso gespannter bin, was er uns als sein nächstes Projekt vorstellt. Ich mag Brückners Filme jedenfalls, weil sie, wie oben bereits erwähnt, mit Herzblut produziert werden und man im fertigen Werk sieht, mit welcher Freude das ganze Team mitgewirkt hat.

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Fazit: Spannender Slasher aus Deutschland, der in allen Belangen überzeugen kann.

©2022 Wolfgang Brunner

Demonic (2021)

Originaltitel: Demonic
Regie: Neill Blomkamp
Drehbuch: Neill Blomkamp
Kamera: Byron Kopman
Musik: Ola Strandh
Laufzeit: 104 Min.
Darsteller: Carly Pope, Chris William Martin, Michael J. Rogers, Nathalie Boltt, Terry Chen, Kandyse McClure
Genre: Horror, Science-Fiction
Produktionsland: Kanada, Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Carlys Mutter liegt im Koma. Durch eine neue Technologie kann Carly Kontakt mit ihr aufnehmen und landet im „Kopf“ der Patientin. Dort erkennt Carly, dass ihre Mutter von einem Dämon besessen ist. Doch damit nicht genug, denn Mutter und Tochter werden auch mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und müssen nicht nur gegen die fremde Macht, sondern auch gegen ihre eigenen Ängste ankämpfen.

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Wie so oft, scheiden sich auch bei Blomkamps neuestem Film die Geister. „Elysium“ und „Chappie“ brachte ihm bei vielen Filmfans Vergleiche mit Night. M. Shyamalan ein (dessen Filme ich im übrigen, außer vielleicht „Die Legende von Aang“, wie Blomkamps Werke allesamt mag). Man sagt, „Demonic“ sei unausgereift, habe zu schlechte Spezialeffekte, die Schauspieler wären nicht gut und der Regisseur würde das Potential, das in der Story liegt, nicht nutzen. Was soll ich sagen? Ich persönlich empfinde das absolut anders und muss sagen, dass mich „Demonic“ in meinen Erwartungen sogar noch übertroffen hat. Mich hat dieser Genremix von der ersten bis zur letzten Minute in den Bann gezogen. Es gab schon lange keinen Film mehr, der mich so fasziniert hat, dass ich nicht merkte, wie die Zeit verging. „Demonic“ ist ein Familiendrama, ein unheimlicher Horrorfilm und eine visuelle Reise in die Gedanken eines im Koma liegenden Menschen in einem. Ich hätte gut und gerne noch weitere zwei Stunden zusehen können.

Gerade die virtuelle Welt im Kopf der Mutter waren aus meiner Sicht optimal dargestellt. Klar sah es aus, wie die Grafik eines alten Videospiels, aber die Technik, mittels derer man in den Kopf eines Komapatienten gelangen konnte, stand (im Film) noch in den Kinderschuhen. Meiner Meinung nach hätte man das gar nicht besser (und glaubwürdiger) umsetzen können. Zudem wirkte es ein wenig wie ein Ausflug in die goldene Filmära der 1980er-Jahre. Die absichtlich pixelige Welt besaß für mich einen ganz besonderen Reiz, der auf mich teilweise auch sehr unheimlich wirkte.
Als ich den Dämon sah, dachte ich kurzzeitig, dass er wie ein Monster in einem billigen Kostüm wirkte (was letztendlich ja auch stimmt 😉 ), aber auch hier fühlte ich mich an die alten Horrorfilme der 1980er-Jahre zurückerinnert. Ob das von Blomkamp jetzt so beabsichtigt war, weiß ich nicht, ich hatte für mich jedenfalls letztendlich großen Spaß an diesem Umstand.

Schauspielerisch fand ich Carly Pope in der Hauptrolle sehr passend und authentisch. Ich mochte ihre Ausstrahlung, die absolut zur Rolle und in die Handlung passte. Aber auch die anderen Darsteller konnten mich überzeugen. Besonders beeindruckend gefiel mir der Score von Ola Strandh, der den Bildern einen entsprechende Untermalung und Atmosphäre verschaffte. „Demonic“ wirkte auf mich wie eine innovative Mischung aus „The Cell“, „Der Exorzist“, „Akte X“ und „Silent Hill“. Es herrschte durchgängig eine unheimliche, bedrückende Stimmung. Die „Vorwürfe“, die viele Neill Blomkamp machen, kann ich nicht nachvollziehen, ganz im Gegenteil. Ich empfand „Demonic“ als echte Bereicherung des modernen Horrorgenres, da er überwiegend auf unnötige Jumpscares verzichtet, sondern eine interessante Geschichte erzählt, die eben einmal nicht den gängigen Konventionen des Horrors folgt.

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Fazit: Innovative „The Cell“ trifft auf „Der Exorzist“ trifft auf „Akte X“ trifft auf „Silent Hill“-Mischung.

©2021 Wolfgang Brunner

The Djinn (2021)

Originaltitel: The Djinn
Regie: David Charbonier, Justin Powell
Drehbuch: David Charbonier, Justin Powell
Kamera: Julian Estrada
Musik: Matthew James
Laufzeit: 82 Min.
Darsteller: Ezra Dewey, Tevy Poe, Rob Brownstein, John Erickson
Genre: Horror, Fantasy
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Dylan Jacobs ist stumm und wohnt mit zusammen mit seinem Vater in einer neue Wohnung, nachdem seine Mutter gestorben ist. Dort findet der Junge ein Buch mit einer Anleitung, wie man einen Dschinn herbeiruft, um sich von ihm einen Wunsch erfüllen zu lassen. Dylan ruft den Geist herbei und wünscht sich, dass er sprechen kann. Doch stattdessen bedroht der Dschinn Dylan und hält ihn in der Wohnung gefangen. Dylan muss sich gegen die unheimliche Kreatur verteidigen.

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„The Djinn“ ist ein hervorragendes Horror-Kammerspiel der Regisseure David Charbonier und Justin Powell, die auch mit ihrem Thriller „The Boy Behind the Door“ auf ganzer Linie überzeugen konnten. Man spürt, dass die beiden Filmliebhaber und Fans von Horrorfilmen der 1980er-Jahre sind, denn in vielen Szenen fühlt man sich an Klassiker dieses „goldenen Zeitalters des Horrorfilms“ erinnert. Das kommt nicht nur in bestimmten Einstellungen zum Tragen, die dann eine entsprechende Atmosphäre verbreiten, sondern auch in dem mehr als passenden Score, der zum Teil an die Synthesizer-Klänge jener Zweit erinnern. „The Djinn“ macht in dieser Hinsicht einfach unglaublich Spaß und ist zudem noch mega spannend. Oftmals wirken die Szenen und Bilder so beklemmend wie in „Don’t Breathe“, zumindest war das für mich so.

Hinzu kommt, dass das Regie-Duo mit Ezra Dewey wirklich einen sehr talentierten jungen Mann für die Hauptrolle gewinnen konnte, der seine Arbeit höchst professionell erledigte und sehr überzeugend und glaubhaft wirkt. Ich fühlte mich tatsächlich an die Zeit zurückversetzt, in der Jungs (und natürlich auch Mädchen) die Hauptrollen in Klassikern wie „Die Goonies“, „Explorers“, „E.T. – Der Außerirdische“ oder „Stand by me“ übernahmen, um nur einige zu nennen, und damit eine ganze Generation von Filmfans begeistern konnten. Und genau in diese Kategorie fällt aus meiner Sicht auch „Der Djinn“, der auf ähnliche Art und Weise das Kind in uns anspricht und uns ein unglaubliches Abenteuer erleben lässt, das Kindheitserinnerungen hervorruft, in denen man sich unter der Bettdecke einer Gruselgeschichte gewidmet hat und nicht zugeben wollte, dass man an der ein oder anderen Stelle eine Gänsehaut bekam.

„The Djinn“ behandelt sowohl Kindertraumata als auch eine innige Beziehung zu den Eltern. Der Indie-Horrorfilm setzt geschickt tolle Bilder in Verbindung mit einem stimmungsvollen Score ein und zeigt, dass sich Kinder auch durchaus zur Wehr setzen können. „The Djinn“ wirkt, als müsste „Kevin – Allein zu Haus“ nicht gegen fiese Einbrecher kämpfen, sondern sich gegen einen unheimlichen, hinterlistigen Dämon verteidigen.
Für mich war „The Djinn“ eine echte Überraschung und ich freue mich schon sehr auf einen neuen Film dieses talentierten Regie-Duos, das seine Filme mit Herzblut inszeniert.

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Fazit: Düsteres und atmosphärisches Horror-Kammerspiel.

©2021 Wolfgang Brunner

The Night – Es gibt keinen Ausweg (2020)

Originaltitel: The Night
Regie: Kourosh Ahari
Drehbuch: Kourosh Ahari, Milad Jarmooz
Kamera: Maz Makhani
Musik: Nima Fakhrara
Laufzeit: 108 Min.
Darsteller: Shahab Hosseini, Niousha Noor, George Maguire, Michael Graham, Elester Latham, Armin Amiri, Steph Martinez, Kathreen Khavari, Gia Mora
Genre: Horror, Mystery, Thriller
Produktionsland: Iran, Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Ein iranisches Ehepaar verbringt nach einem feuchtfröhlichen Abend bei Freunden eine Nacht in einem Hotel. Während dieser Nacht ergreift eine dunkle Macht sowohl vom Gebäude als auch von seinen Gästen Besitz und konfrontiert sie mit ihren düstersten Geheimnissen.

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Durch das Plakat fühlt man sich unweigerlich an Peter Hyams „Das Relikt“ erinnert und durch die Nennung des Produzenten von „Texas Chainsaw Massacre“ denkt man sofort, man würde es mit einem blutigen, brutalen Horror-Thriller zu tun bekommen. Doch weit gefehlt! Wer so etwas erwartet, wird mit Sicherheit enttäuscht werden und den Film als äußert langweilig empfinden. Regisseur Kourosh Ahari serviert dem Publikum einen cineastischen Trip, der wie eine Mischung aus einem David-Lynch-Film, Stanley Kubricks „Shining“ und dem äußerst intelligenden „The House at the End of Time“ wirkt. „The Night – Es gibt keinen Ausweg“ ist ein Film zum Nachdenken, ein fast schon melancholischer Film zu darin Versinken. Ich kann meiner Begeisterung gar nicht richtig Ausdruck verleihen, so hat mich dieser Film gepackt. Aber man muss sich darauf einlassen können und darf keinen Mainstream-Horrorfilm erwarten.

Diese iranisch-amerikanische Produktion kann auf hohem Niveau ihren Spannungsbogen halten und sogar konstant nach oben schrauben. Und das ohne jeglichen Splatter-, geschweige denn Computereffekte. Hier geht es um Schauspiel, kreative Kameraführung und Inszenierung, geschickten Aufbau eines Drehbuchs und dem Zulassen von eigenen Interpretationen durch den Zuschauer. Das ist Kino zum Miterleben, Mitfühlen und eben auch Nachdenken. Ich liebe solche Filme, bei denen man am Ende denkt, man hat alles verstanden, aber dennoch unentwegt darüber nachdenkt und versucht, alle Fäden und Geschehnisse zu ergründen. „The Night – Es gibt keinen Ausweg“ ist mystisch, spannend und absolut unheimlich. Das Set erinnert mit seinen verlassenen Korridoren in der Tat ein wenig an „The Shining“, aber Kourosh Ahari geht einen eigenen, innovativen Weg, der es in sich hat. Vor allem die Mischung aus fremdländischem Inszenierungsstil (Iran) und gängigen Genreproduktionen (USA) macht „The Night – Es gibt keinen Ausweg“ zu einem außergewöhnlichen Filmerlebnis.


Auch schauspielerisch kann man an diesem Film absolut nichts aussetzen. Die beiden Hauptdarsteller Niousha Noor und Shahab Hosseini verkörpern ihre Charaktere sehr überzeugend, sodass man relativ schnell vergisst, dass alles nur gespielt ist. Auch hier wirkt sich die „fremdartige“ (iranische) Herangehensweise der Schauspieler auf die ungewöhnliche und hypnotisierende Atmosphäre des Films aus. Die Spannung und der Gruselfaktor ist an manchen Stellen nahezu unerträglich und erschafft beim Zuschauer ein mulmiges Gefühl in der Magegengegend. Und das ohne jeglichen sogenannten Jump-Scares, die heutzutage bei fast jedem Grusel- und Horrorfilm eine wichtige, wenn nicht gar die wichtigste Rolle spielen. Auch unter diesem Aspekt zeigt „The Night – Es gibt einen Ausweg“ eine erfrischende Abkapselung vom Mainstream und zeigt, dass man durchaus ohne solche „spektakulären“ Inszenierungstricks eine spannende und bedrückende Stimmung aufbauen kann.
Für mich war „The Night – Es gibt keinen Ausweg“ eine ganz große Überraschung, die ich mir mit Sicherheit noch ein zweites Mal ansehen werde, weil es höchstwahrscheinlich noch viele Dinge zu entdecken gibt, die man bei der ersten Sichtung gar nicht bemerkt hat.

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Fazit: Mystisch, rätselhaft und unglaublich spannend.

©2021 Wolfgang Brunner

Superdeep (2020)

Originaltitel: The Superdeep
Regie: Arseny Syuhin
Drehbuch: Arseny Syuhin
Kamera: Hayk Kirakosyan
Musik: Dmitry Selipanov
Laufzeit: 100 Min. (Langfassung 115 Min.)
Darsteller: Milena Radulovic, Sergey Ivanyuk, Nikolay Kovbas, Nikita Dyuvbanov, Viktor Nizovoy, Vadim Demchog
Genre: Science Fiction, Horror
Produktionsland: Russland
FSK: ab 16 Jahre

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Ein Forschungsteam begibt sich durch ein gigantisches Bohrloch unter die Erdoberfläche, um eine geheimnisvolle, schreckliche Krankheit zu erforschen. Was sie im Erdinneren finden, überschreitet ihr Vorstellungsvermögen und stellt sich als größte Bedrohung in der Geschichte der Menschheit heraus. Die Zukunft der Erde liegt in den Händen der Forscher.

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Vergleiche wie John Carpenters „Das Ding aus einer anderen Welt“ oder Ridley Scotts „Alien“ lassen den geneigten Filmfan zum einen aufhören und zum anderen sofort argwöhnisch werden. Wie kann man sich nur erdreisten einen neuen Film mit Kultklassikern zu vergleichen, die deren Qualität ohnehin niemals erreichen werden? Es ist letztendlich immer das gleiche Spiel und man sollte vollkommen unvoreingenommen an solche reißerischen Aufzählungen herangehen. Im Falle von „Superdeep“ sind jedoch beide Vergleiche wirklich sehr naheliegend, obwohl Regisseur Arseny Syuhin eine eigenständige Geschichte erzählt, die dennoch immer wieder in verschiedenen Szenen an die beiden genannten Klassiker erinnert. Aber das ist auch gar nicht verwerflich, sondern macht, ganz im Gegenteil, sogar unglaublich viel Spaß. „Superdeep“ besitzt eine tolle Atmosphäre, die hin und wieder tatsächlich sogar den Anschein macht, er wäre vom Meister John Carpenter höchstpersönlich inszeniert worden. Auch der Score von Dmitry Selipanov unterstützt diesen Eindruck ebenfalls, besonders dann im spannenden Finale. „Superdeep“ könnte man also fast einen John-Carpenter-Film nennen, der nicht von Carpenter gedreht wurde. 😉

Die Verwendung von überwiegend handgemachten Spezialeffekten verströmt eine Horror-Ästhetik der 1980er-Jahre und macht daher unglaublich viel Spaß.
Leider wirken einige Dialoge etwas unbeholfenen und hölzern. Hinzu kommt, dass sie die Handlung auch nicht wirklich vorantreiben oder eine tiefere Charakterzeichnung eines Protagonisten zeichnen, sondern einem eher wie Füllsel vorkommen. Wirklich störend ist es allerdings nicht, weil man dennoch gespannt ist, wie sich die Geschichte weiterentwickelt. Hauptsächlich sind es aber die brillanten Spezialeffekte, die „Superdeep“ zu einem sehenswerten Film machen.
Regisseur Arseny Syuhin lässt sich Zeit mit seiner Konstruktion des Schreckens. Das mag für den ein oder anderen Zuschauer Grund genug sein, Kritik am Film zu üben, andere werden diesen schleichenden Aufbau genießen, weil er sich dadurch ein wenig von gängigen Genrebeiträgen abhebt. Vor allem der unterirdische Schauplatz ist grandios und vermittelt eine bedrückende Atmosphäre, die sich durch den ganzen Film zieht. Unter diesem Aspekt besitzt „Superdeep“ einige überaus lohnende Szenen und kann dadurch über einige Unstimmigkeiten und inszenatorische Fehler hinwegsehen lassen. Insgesamt gesehen hat mir persönlich „Superdeep“ sehr gut gefallen und ich habe mich vor allem perfekt unterhalten.

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Fazit: Spannender Sci-Fi-Horror-Albtraum, der durch seine hervorragenden Effekte überzeugen kann.

©2021 Wolfgang Brunner

Coronoia 21 – It Comes with the Snow (2021)

Originaltitel: Coronoia 21 – It Comes with the Snow
Regie: Robert Sigl
Drehbuch: Robert Sigl
Kamera: Rostislav Stepanek
Musik: Markus Urchs
Laufzeit: 10 Min.
Darsteller: Robert Sigl, Annette Kreft
Genre: Kurzfilm, Drama, Horror
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Ein Mann verliert in der Isolation während der Corona-Pandemie immer mehr seinen Verstand.

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Ein neuer Film von Robert Sigl? Und das in einer Zeit, in der eigentlich gar keine Filme gedreht werden können? Dann auch noch das Thema Corona, das man im Grunde genommen nicht mehr hören will? Und zu guter Letzt ist es „nur“ ein Kurzfilm?
Wer jetzt denkt, „Coronoia 21“ lohnt sich nicht, irrt sich gewaltig, denn es wäre kein Robert-Sigl-Film, wenn da nicht innerhalb einer kurzen Laufzeit ein Ergebnis herauskäme, das fasziniert, begeistert und einen nicht mehr loslässt. Sigl steht für künstlerische Qualität und eine starke Ausdrucksform, wie man sie heutzutage nur noch selten in einem (deutschen) Film zu sehen bekommt. „Coronoia 21“ ist einerseits mystisch verklärt und andererseits bedrückend realistisch, weil man sich an manchen Stellen selbst darin erkennt.
Inmitten des Münchner Schneetreibens versucht ein einzelner Mensch der Pandemie, der Isolation, der Unsicherheit zu entfliehen und gerät in einen Strudel voller Selbstzweifel, ob er dem Druck standhalten kann, und Wahnsinn, der einen ereilt, wenn man irgendwann erkennt, dass der Irrsinn keine Grenzen mehr hat.
Regisseur Robert Sigl in der Hauptrolle ist ein Gewinn für diesen Kurzfilm, denn Sigl hat nicht nur das Ruder für die filmische Umsetzung, sondern auch das der darstellerischen Kraft in der Hand. Das Ergebnis ist ein Trip durchs Ich, eine Welt voller Hoffnungen und Ängste, denen man sich nicht nur während einer Pandemie stellen muss.

Und da kommt auch schon ein Aspekt zum Tragen, der mich zusätzlich zu den eigentlichen Bildern des Films begeistert. „Coronoia 21 – It Comes With The Snow“ ist in hohem Grade interpretationsfähig, denn er zeigt eine menschliche Seite, die in uns allen steckt, und eben nur in Extremsituationen zum Vorschein kommt. Hier ist es die Corona-Pandemie, die den Protagonisten an sich selbst zweifeln und verzweifeln lässt, die Ängste, die tief in uns stecken, zum Vorschein bringt, weil wir nichts anderes mehr zu tun haben, als sich mit uns selbst zu beschäftigen. Sigls Kurzfilm wirkt wie eine Mahnung, wie ein Hilferuf an die Menschen, sich nicht von all den Dingen, die auf sie einwirken, erdrücken zu lassen. Zurück zum eigenen Ich, lernen, damit umzugehen.
Die Kulisse des verschneiten München wirkt fast wie aus einem Horrorfilm, und letztendlich hat sich die Pandemie zu einem Horrorszenario für manch einen entwickelt.
Robert Sigl agiert als Schauspieler wie in einem seiner ersten Kurzfilme mit dem Titel „Der Weihnachtsbaum“. Es ist so dermaßen schön anzusehen, wie sich ein Mensch in seiner darstellerischen Ausdrucksweise kaum verändert hat und auch nach so langer Zeit mit seiner Mimik und seinen Bewegungen noch immer faszinieren und den Zuschauer in seinen Bann ziehen kann.

Aber nicht nur die Einstellungen in freier Natur, sondern auch die im Inneren des Hauses und der Wohnung verströmen eine unglaublich bedrückende (aber dennoch auch wiederum schöne) Atmosphäre aus, die man nicht mehr so schnell vergisst. Die Wohnung vermittelt eine Heimeligkeit, die immer wieder durch paranoiaartige Schreckensszenarien durchbrochen wird und dadurch zeigt, dass man nicht einmal mehr zu Hause vor erschreckenden Begebenheiten sicher ist. Gerade diese Szenen zeigen, dass wir das Grauen einer solchen Pandemie irgendwann schließlich mit in unsere Wohnstätten nehmen, von ihm eingeholt werden und uns nicht mehr dagegen wehren können.
Sigl verneigt sich selbst in „nur“ zehn Minuten vor seinen cineastischen Vorbildern, spielt mit Schatten und Lichteinfällen, lässt den Zuschauer durch diese künstlerischen Feinheiten die Zeit vergessen und zieht ihn mitten hinein ins Geschehen. „Coronoia 21“ wirkt wie ein Stummfilm aus einer glanzvollen Arä, wie ein künstlerisches Artefakt, das einer der besten deutschen Regisseure in unsere Moderne holt, um uns zu zeigen, wie man Filme dreht. Ja, wie man „echte“ Filme drehen sollte, was leider in der heutigen Zeit immer seltener passiert. Mit wenig Mitteln, einen eindrucksvollen Film zu erschaffen, das ist Kunst. Neben Robert Sigl wirkt noch die Schauspielerin Annette Kreft mit, die dem Film durch ihr Auftreten zusätzlich noch eine besondere Note verleiht, denn sie verkörpert mit ihrer Rolle viele Dinge, über die es sich lohnt, nachzudenken. Sigl-Kenner wissen außerdem, dass sie beispielsweise in dessen Filmen „School’s Out 2“ (2001) oder dem Tatort „Rache-Engel“ (2005) mitgespielt hat. Auch diese Überraschung ist äußerst gelungen, lässt sie doch mitunter die „alten“ Zeiten wieder aufleben.

„Coronoia 21“ ist gleichermaßen Anklage gegen einzelne Maßnahmen seitens des Staates als auch erst einmal selbstloses Ergeben in die Situation, die sich mit der Zeit aber immer mehr in Unsicherheit, Zweifel und letzten Endes auch in Wahnsinn äußert. Man stellt sich unweigerlich die Frage, was mit den Menschen während dieser Pandemie geschieht, die einsam und alleine in ihren Wohnungen sitzen, während ihre Seele zerbröckelt. Menschlichkeit wird leider oftmals nicht mehr so großgeschrieben wie in früheren Zeiten. Der Kurzfilm ist eine Parabel über das Menschsein, über Ängste und Hoffnungen, aber auch Selbstaufgabe und Todesängste. Zehn Minuten, die eine Unmenge an menschlichen Emotionen abdecken, und sich fest im Kopf des Betrachters verankern. Es ist fast so, als hätte man auf diesen Film gewartet, um sämtliche Auswirkungen von Corona auf den Menschen und sein Seelenleben verstehen zu können. Robert Sigl hat mit seinem Film ein Meisterwerk erschaffen, denn er hat es geschafft, den tiefsten Horror, den diese Krankheit der Menschheit beschert hat, sicht- und fühlbar zu machen.
Es wird definitiv Zeit, dass Robert Sigl einen Kinofilm macht, denn genau solche, aus tiefstem Herzen künstlerisch gedrehten Filme braucht die Branche endlich wieder. In dieser Zeit sogar mehr denn je. Sigl könnte mit wenig anderen Regisseuren dem anspruchsvollen deutschen Film zu einer Wiedergeburt verhelfen.

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Fazit: Was macht Corona aus einem Menschen? Robert Sigl zeigt dies in kurzer Zeit auf fulminante Weise.

©2021 Wolfgang Brunner

Spides (2020)

Originaltitel: Spides
Regie: Joern Heitmann, Rainer Matsutani
Drehbuch: Peter Hume, Fabian Marquez, Rainer Matsutani, Carola M. Lowitz, Eckhard Vollmar, Mark Wachholz
Kamera:  Clemens Messow
Musik: Mario Grigorov, Steven Schwalbe
Laufzeit: 360 Min. (8 x 45 Min.)
Darsteller: Rosabell Laurenti Sellers, Falk Hentschel, Florence Kasumba, Désirée Nosbusch, Francis Fulton-Smith, Susanne Wuest, Aleksandar Jovanovic, Lion-Russell Baumann, Anna Bullard-Werner
Genre: Science Fiction
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre

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Nachdem Nora eine mysteriöse neue Modedroge namens Blis genommen hat, erwacht sie ohne Erinnerung an ihr früheres Leben aus dem Koma. Die beiden Ermittler Leonhart und Navar wollen wissen, was sich hinter der Droge verbirgt, und finden dabei zahlreiche Fälle vermisster Teenager, die damit zusammenhängen. Nora entdeckt eine unglaubliche Verschwörung hinter Blis, denn Aliens versuchen mit dieser synthetischen Droge Menschen zu kontrollieren und deren Körper als Wirt zu benutzen.

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Ich war sehr gespannt, was eine deutsche Produktion im Science-Fiction-Genre schafft. „Spides“ ist eine wilde Mischung aus diversen SF-Filmen wie etwa „Die Körperfresser kommen“, „Species“ und „V – Die Außerirdischen kommen“. Das größte Vorbild der Serie dürfte dennoch der erstgenannte, im Jahre 1956 unter der Regie von Don Siegel entstandene „Die Körperfresser kommen“ sein. Die Regisseur Joern Heitmann und Rainer Matsutani, die jeweils verschiedene Episoden inszeniert haben, erschufen eine interessante und spannende Version dieser Geschichte, die nur die Situation an sich zum Anlass nimmt und ansonsten einen vollkommen anderen Weg geht. Leider funktioniert die Geschichte nur halbwegs und die Qualität der Episoden ähnelt einer Achterbahnfahrt. Es geht nämlich nach jedem Aufwärtstrend meist wieder ernüchternd nach unten. Gerade die ersten vier Episoden hangeln sich mehr oder weniger innovativ dem Handlungsstrang entlang, ohne besonders faszinierend zu wirken. Einzig die Einführung und Entwicklung einzelner Charaktere macht die erste Hälfte dieser deutschen SF-Serie interessant und hält den Zuschauer am Ball, weiterzusehen. In vielen Belangen gleitet „Spides“ leider auch immer wieder in für das Genre typische Klischeefallen, die eine Außergewöhnlichkeit (nämlich eine hochwertige, deutsche Science-Fiction-Serie) irgendwie zunichte machen. Aber das ändert sich dann ja glücklicherweise in den letzten vier Episoden.

Wie gesagt, der Ansatz ist gut und letztendlich ist das Gesamtpaket durchaus ansehnlich. Dennoch wird man durch bestimmte Szenen, Dialoge und Begebenheiten aus der überwiegend düsteren Atmosphäre herausgerissen und denkt sich nur, wie die Drehbuchautoren so etwas nur haben schreiben können. Ab der Hälfte geht es dann weitaus stimmiger und vor allem stimmungsvoller zur Sache, auch wenn man immer wieder den Eindruck hat, dass sich die Drehbuchautoren viel zu viel von anderen Genrebeiträgen haben beeinflussen lassen. Letztendlich gibt es dann doch nichts Neues in „Spides“, das man nicht schon irgendwo anders gesehen hat.
Schauspielerisch gibt es nicht viel zu bemängeln, die Akteure machen ihre Sache auf alle Fälle gut. Besonders positiv herausgestochen sind für mich Désirée Nosbusch (obwohl sie nur eine relativ kleine Rolle innehatte), die Hauptdarstellerin Rosabell Laurenti Sellers, Susanne Wuest und Aleksandar Jovanovic. Hinzu kommen natürlich auch noch Falk Hentschel und Florence Kasumba, die die beiden Ermittler verkörperten. Ihr Zusammenspiel war unglaublich authentisch und hat ungemein Spaß gemacht. All die genannten Personen haben „Spides“ aus schauspielerischer Sicht interessant gemacht und oftmals über wirre, unausgegorene Handlung hinwegsehen lassen.

Zwei große Mankos gibt es allerdings, die sich durch sämtliche Episoden ziehen und manchmal richtig nerven: Das eine ist die Synchronisation und das andere die manchmal sehr holprig wirkenden Dialoge. Wenn dann auch noch beides zusammenkommt, so kommt man als Zuschauer so manches Mal an seine Grenzen, dem Drang zu widerstehen, die Stop-Taste zu drücken.
Im Nachhinein wirkt es gar nicht mehr so schlimm, wie es während der Sichtung war, aber dennoch bleibt dieser fade Beigeschmack an der Serie hängen. Besonders die emotionslose, teils gelangweilt wirkende Synchronisation der Marie, gespielt von Anna Bullard-Werner, macht viel Atmosphäre zunichte. Diese ausdruckslose Stimme lässt jegliche Gefühle der Schauspielerin vollkommen verschwinden und macht aus der Figur einen uninteressanten Charakter, der einem völlig egal ist. Sobald sie den Mund aufmacht, geht die Spannung der Szene absolut verloren und man denkt, man sieht sich gerade einen Low-Budget-Film an, bei dem an der Synchronisation gespart wurde.
Trotz dieser Kritikpunkte ist „Spides“ allemal einen Blick wert, zumal einige wirklich ansehnliche Spezialeffekte und schauspielerische Leistungen zu sehen sind. Ob die Geschichte allerdings aufgrund der genannten Mängel mittels einer zweiten Staffel fortgesetzt wird, ist für mich fraglich.

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Fazit: Anfangs etwas schwerfällige, aber danach durchaus sehenswerte deutsche Variante von „Die Körperfresser kommen“.

©2021 Wolfgang Brunner

The Beach House (2019)

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Originaltitel: The Beach House
Regie: Jeffrey A. Brown
Drehbuch: Jeffrey A. Brown
Kamera: Owen Levelle
Musik: Roly Porter
Laufzeit: 88 Min.
Darsteller: Liana Liberato, Noah Le Gros, Maryann Nagel, Jake Weber
Genre: Horror, Thriller, Mystery
Produktionsland: USA
FSK: ab 16 Jahre

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Emily und Randall wollen einen romantischen Urlaub im abgelegenen Strandhaus von Randalls Eltern verbringen, um Details für ihre Zukunft zu besprechen. Sie treffen auf Freunde seines Vaters und verbringen einen gemeinsamen Abend, an dem sie nicht nur Alkohol, sondern auch Drogen zu sich nehmen. Am nächsten Tag leiden alle unter den Auswirkungen dieses Abends – denken sie zumindest, denn irgendetwas ist im Wasser und am Strand erscheinen plötzlich schleimige, quallenartige Lebewesen.
Die vier erinnern sich, dass sich am Abend zuvor ein leuchtender Nebel über die Landschaft gelegt hat. Emily, Randall und die Freunde seiner Eltern begreifen schon bald, dass sich die Natur gegen sie stellt und ein gnadenloser Kampf ums Überleben beginnt.

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In den ersten Minuten denkt man tatsächlich, man bekäme einen etwas besser inszenierten B-Movie zu sehen, doch das ändert sich ziemlich schnell. Um es gleich schon einmal vorweg zu sagen, „The Beach House“ war eine große Überraschung für mich, weil ich solch eine ambitionierte Arbeit nicht erwartet habe. Aber eines nach dem anderen: Wie gesagt, nach den ersten Minuten zeigen die Schauspieler, allen voran natürlich die beiden Hauptdarsteller Liana Liberato und Noah Le Gros, immer mehr ihr Talent und überzeugen im Verlaufe des Films immer mehr. In manchen Szenen konnten sie mich sogar regelrecht aufgrund ihrer Schauspielkunst begeistern. Der Spannungsaufbau des Films ist grandios. Denkt man anfangs noch an einen verrückten Drogentrip, der große Ähnlichkeit mit Filmen wie „Auslöschung“ oder „Die Farbe aus dem All“ hat, entpuppt sich „The Beach House“ nach und nach immer mehr zu einem der gruseligsten Filme, die ich in letzter Zeit gesehen habe.

Die Spannungsschraube wird konstant und vor allem konsequent höher gedreht und endet in einem surrealen Albtraum, der Fans von H.P. Lovecraft begeistern dürfte. Die Handlung ist nicht unbedingt neu, aber neu ist die Art der Inszenierung, die Steigerung des schleichenden Grauens, die unheimliche Kulisse und das mystische Finale. Irgendwie passte für mich so ziemlich alles an diesem Film, der mir wahrscheinlich auch gerade wegen seiner unkonventionellen Machart so gut gefällt. Da werden Erinnerungen an Horrorfilme aus den 1970er- und 1980er-Jahren wach, obwohl „The Beach House“ niemals altbacken oder gar kopiert wirkt. Nein, ganz im Gegenteil, der Film ist innovativ und nutzt einige überaus positive Inszenierungsmethoden einer leider vergangenen Kino-Ära. Klingt wie ein kleines Meisterwerk? Ist es auch irgendwie. 🙂 Und für mich definitiv eine kleine Perle im Horrorbereich.

Wie oben schon erwähnt, ist für mich „The Beach House“ einer der unheimlichsten und gruseligsten Filme der letzten Zeit. Er verzichtet größtenteils auf die heutzutage allzu beliebten (oder mittlerweile nicht mehr) Schreckmomente und schöpft sein Grauen aus im Grunde genommen simplen Szenen, bei denen einem ein Schauer über den Rücken jagt. Das Szenario wirkt wie eine lange Episode aus „Twillight Zone“, zumal sie auch in einem ähnlichen Stil gedreht wurde und eine entsprechende Handlung vorweist.
Es ist immer wieder erstaunlich, dass man von Filmen so positiv überrascht wird, von denen man es gar nicht erwartet. Ich habe mir einen Horrorfilm vorgestellt, der in die Mainstream-Schublade passt und wurde eines besseren belehrt. ArtHouse trifft auf „The Crazies“. Der Großteil des heutigen Publikums wird allerdings die handwerkliche, visuelle und schauspielerische Prämisse dieses Films nicht verstehen, denn es gibt nicht wirklich viele Spezialeffekt (die sind dann aber handgemacht 🙂 ) und keinerlei bombastische Storyline, was man heutzutage wohl erwartet, um einen Film „gut“ zu nennen.
Für mich ist „The Beach House“ ein außergewöhnlicher und bemerkenswerter Genrebeitrag, den ich mir mit Sicherheit noch öfter ansehen werden. Volle Punktzahl.

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Fazit: Innovativ und sowohl inszenatorisch, visuell und schauspielerisch eine kleine Perle im Horrorgenre.

©2021 Wolfgang Brunner

Meg (2018)

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Originaltitel: Meg
Regie: John Turteltaub
Drehbuch: Dean Georgaris
Kamera: Tom Stern
Musik: Harry Gregson-Williams
Laufzeit: 113 Minuten
Darsteller: Jason Statham, Li Bingbing, Rainn Wilson, Ruby Rose, Winston Chao, Cliff Curtis, Robert Taylor, Shuya Sophia Cai, Page Kennedy
Genre: Action, Horror
Produktionsland: USA
FSK: ab 12 Jahre

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Ein Tiefsee-Unterwasserfahrzeug wird von einer riesigen Kreatur angegriffen. Als das Boot manövrierunfähig im tiefsten Graben des Pazifik liegt, wird der Taucher Jonas Taylor gerufen, der als Experte für Rettungsaktionen in der Tiefsee gilt. Er soll die Crew retten. Was keiner ahnt: Es handelt sich bei der Kreatur um einen prähistorischen, über 20 Meter großen Hai, einem sogenannten Megalodon. Taylor riskiert sein Leben, um die eingeschlossenen Menschen zu retten und muss dem größten und schrecklichsten Raubtier aller Zeiten gegenübertreten.

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Viele Jahre hat es gedauert, bis Steve Altens Hai-Horror endlich das Licht der Kinoleinwand erblicken konnte. Lange redete der Autor auf den sozialen Netzwerken von einer möglichen Verfilmung seines Debütromans. Jetzt endlich ist es soweit. Was auf den ersten Blick wie ein müder Abklatsch von „Der weiße Hai“ erscheinen mag, entpuppt sich allerdings als nicht ganz ernstzunehmende Action-Orgie, der man einen gewissen Trashfaktor nicht absprechen kann. Gelungene Effekte, stimmungsvolle Bilder wechseln sich mit einem gutgelaunten Jason Statham und einer rasanten Handlung ab.
Turteltaubs Inszenierung ist (zumindest in meinen Augen)in höchstem Maße unterhaltsam, auch wenn man manchmal über eine gewisse fehlende Dramatik streiten kann. Denn der Film wirkt manchmal wie eine Abarbeitung einzelner Sequenzen, was aber wiederum nicht besonders schlimm ist, denn man vergisst in der Tat, wie die Zeit vergeht.

Harry Gregson-Williams Score untermalt den Actionfilm hervorragend und vermittelt gerade in den ruhigen Unterwasserszenen eine fantastische Atmosphäre, die auf den Zuschauer fast schon hypnotisierend wirkt. Der Einstieg des Films erinnerte mich sogar an manchen Stellen an James Camerons grandioses Unterwasserdrama „The Abyss“. Der Hai selbst ist sehr gut animiert und gerade die Effekte sind es, die den Film sehr spannend und zu einem gewissen Grad sogar auch ein wenig glaubwürdig machen. Der Saurier-Hai ist wirklich hervorragend gelungen und vermittelt selbst in den trashig wirkenden Szenen ein tolles Bild. „Meg“ ist ein Film, den man sich ohne weiteres ein paar Mal ansehen kann. Er eignet sich zum einen für einen Partyabend mit Freunden, ist aber auch für einen unterhaltsamen, spannenden und kurzweiligen Filmeabend allein geeignet. Darstellerisch kann man an dem Film nichts aussetzen. Auch wenn Statham nicht unbedingt der geborene Charakterschauspieler ist, so macht er in „Meg“ seine Arbeit gut und ansehnlich.

Inszenatorisch war der Film für mich schlichtweg ein Blockbuster, wie man ihn zuhauf kennt und der nicht viel Wert auf Tiefe der Charaktere legt. Dieses Manko in Bezug auf die Charaktere hatte übrigens auch schon Steve Altens Romanvorlage. Der Film (und auch das Buch) will einfach nur unterhalten, und das tut er auf alle Fälle. Viele meinen, „Meg“ wäre zu unblutig und viel zu wenig brutal. Ich bin allerdings der Meinung, man kann solch einen Tierhorror auch mit FSK 12 ganz gut inszenieren, was Regisseur Turteltaub auch bewiesen hat. Man muss nicht immer Körperteile fliegen sehen (obwohl das sogar teilweise in geringem Maße passiert). Wer Splatter will, sollte sich an die Neuverfilmung(en) von „Piranhas“ halten, da geht es ordentlich zur Sache. „Meg“ ist keine filmische Meisterleistung, aber ein ansehnlicher Zeitvertreib, der zu unterhalten vermag. Popcornkino eben!

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Fazit: Unterhaltsamer, aber seichter und blutarmer Hai-Terror.

© 2021 Wolfgang Brunner