City under Fire – Die Bombe tickt (2020)

Originaltitel: Shock Wave 2
Regie: Herman Lau
Drehbuch: Herman Yau, Erica Li, Eric Lee
Kamera: Joe Chan
Musik: Mak Chun Hung
Laufzeit: 120 Min.
Darsteller: Andy Lau, Sean lau, Ni Ni, Tse Kwan-Ho, Philip Keung, Ron Ng, Kenny Wong, Timothy Cheng, Timmy Hung, Ben Yuen
Genre: Action, Thriller
Produktionsland: Hongkong, China
FSK: ab 16 Jahre

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Nach einem terroristischen Bombenanschlag wird der ehemalige Sprengstoffexperte Poon Shing-Fung bewusstlos am Ort des Geschehens aufgefunden. Er leidet unter Gedächtnisverlust und weiß weder, wer wer er ist, noch, was passiert ist. Und dann gerät er auch noch unter Verdacht, selbst für den Anschlag verantwortlich zu sein. Shing-Fung muss sein Gedächtnis wiedererlangen, , doch dazu benötigt er die Hilfe seiner ehemaligen Kollegen.

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Der Film „City under Fire – Die Bombe tickt“ trägt den Originaltitel „Shock Wave 2“, demzufolge dem Publikum eine Fortsetzung (oder ein Prequel) des Films „Shock Wave“ aus dem Jahre 2017 suggieriert wird. Hinzu kommt, dass auch noch viele Personen des „ersten Teils“ am vorliegenden Film beteiligt sind: Andy Lau spielt die Hauptperson und Herman Yau führt Regie. Doch auch wenn Andy Lau erneut einen Sprengstoffexperten verkörpert, so ist es nicht der gleiche wie im ersten „Shock Wave“. Das führt natürlich, sofern man den ersten Teil gesehen hat, anfangs erst einmal zu völliger Verwirrung, weil man verzweifelt versucht, die Schicksale der beiden Personen (die zwar einen anderen Namen im Film tragen, aber eben mit dem gleichen Darsteller besetzt sind, die die gleiche Arbeit machen) miteinander in Verbindung zu bringen. Irgendwann bekommt man dann doch das Gefühl, einen „anderen Sprengstoffexperten“ zu begleiten. Für mich persönlich ist der Originaltitel „Shock Wave 2“ mehr als irreführend, da er, wie gesagt, mit dem ersten Film überhaupt nichts zu tun hat.
Dies aber nur vorweg, um darauf hinzuweisen, dass er es hier nicht mit der gleichen Person wie in „Shock Wave“ zu tun hat.

Abgesehen von diesen „Ungereimtheiten“ und „Verwirrnissen“, die einen dadurch am Anfang ereilen, bekommt man mit „Under Fire – Die Bombe tickt“ einen astreinen Actionfilm zu sehen, der zu keiner Sekunde Langeweile aufkommen lässt. Andy Lau spielt seine Rolle perfekt, man nimmt ihm jede seiner Handlungen ab, so dass ein wirklich spannendes Katz-und-Maus-Spiel entsteht, bei dem man die Zeit vergisst. Dennoch ist der Vorgänger „Shock Wave“ ein klein wenig besser, was wahrscheinlich, zumindest aus meiner Sicht, an der weitaus bedrohlicheren Situation liegt.
Es gibt einige Actionszenen, die an die Filme von Jackie Chan erinnern und dem Zuschauer den Atem rauben. Die Choreografie dieser Sequenzen ist wirklich spitzenmäßig und macht „City under Fire – Die Bombe tickt“ tatsächlich zu einem außergewöhnlichen, rasanten Actionfilm aus Hongkong.

Der Film beginnt mit einem atemberaubenden Unglück voller Zerstörung, so dass man sich unweigerlich fragt, wie die Geschichte überhaupt weitergehen soll. Doch die Handlung wird dann mit einem Rückblick ins rechte Licht gerückt, man erfährt also die Hintergründe, die dazu geführt haben.
Der Charakter des Protagonisten wird hier weitaus tiefer ausgelotet wie im ersten Film, so dass hier neben den beeindruckenden Actioneinlagen auch immer wieder die Menschlichkeit in den Vordergrund rückt, was „City under Fire -Die Bombe tickt“ zumindest unter diesem Aspekt besser macht als seinen Vorgänger. Insgesamt kann Andy Laus neuer Film in erster Linie mit den bereits erwähnten Actionszenen beeindrucken und weist einige Wendungen auf, die die Handlung in ein neues Licht rücken. Das zweistündige Ergebnis kann sich absolut sehen lassen.

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Fazit: Rasanter Actionfilm mit spektakulären Sequenzen und guten Schauspielern.

©2022 Wolfgang Brunner

Dangerous (2021)

Originaltitel: Dangerous
Regie: David Hackl
Drehbuch: Christopher Borrelli
Kamera: Mark Dobrescru
Musik: Todd Bryanton
Laufzeit: 99 Min.
Darsteller: Scott Eastwood, Kevin Durand, Mel Gibson, Framke Janssen, Tyrese Gibson, Brendan Fletcher, Ryan Robbins, Brenda Bazinet, Leanne Lapp
Genre: Thriller, Action
Produktionsland: Kanada, Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Dylan Forrester ist auf Bewährung und möchte ein neues Leben anfangen. Als sein Bruder stirbt, macht er sich auf den Weg zu seiner Beerdigung, obwohl seine Mutter nicht gut auf ihn zu sprechen ist. Kaum auf der Insel Guradian Island angekommen, auf der seine Familie wohnt, attackiert eine Truppe bewaffneter Söldner das Haus. Anscheinend hat Dylans Bruder etwas Wertvolles versteckt, auf das die Angreifer es abgesehen haben.

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Hin und wieder gibt es Filme, bei denen man denkt, man bekäme ein Action-Gewitter serviert, das man ohnehin schon weitestgehend aus anderen Filmen kennt. Beim vorliegenden „Dangerous“ trifft das absolut nicht zu, ich wurde überrascht wie schon lange nicht mehr in diesem Genre. Regisseur Hackl geht seine Geschichte langsam an, was schon einmal einen großen Pluspunkt darstellt. Bevor es ans „Eingemachte“ geht, lernt man die Charaktere kennen, nimmt an deren Leben (und Problemen) teil, bevor ersteres außer Kontrolle gerät.
Scott Eastwood kann seinen Vater nicht verleugnen, sowohl was das Aussehen als auch seine darstellerischen Leistungen betrifft. Es macht unglaublich Spaß, ihn dabei zu beobachte, wie er in die Fußstapfen seines berühmten Vaters tritt und dabei dennoch unübersehbar einen eigenen Weg geht. Ich bin sicher, dass man Scott Eastwood noch in vielen beeindruckenden Rollen sehen wird.

Trotz seiner in der zweiten Hälfte rasanten Handlung wirkt „Dangerous“ niemals hektisch, sondern, ganz im Gegenteil, eher ruhig. Das schafft eine tolle und bedrohliche Atmosphäre, weil es ja nicht ausschließlich um einen Actionfilm handelt. Die Leistungen der Schauspieler sind durchweg gut: Abgesehen von Scott Eastwood, der, wie bereits erwähnt, ähnlich wie sein Vater agiert, kann vor allem Kevin Durand in seiner Rolle als „Böser“ überzeugen. Er schafft es immer wieder, den Charakter eines Psychopathen absolut glaubhaft darzustellen, und erinnerte mich so manches Mal an den grandiosen Christopher Walken. Wenngleich Mel Gibson nur eine Nebenrolle einnimmt, so ist ihm diese wie auf den Leib geschnitten. Jedes Mal wenn eine Szene mit ihm kam, wertete dies den Film noch einmal auf. Gerade der Humor zwischen ihm und Eastwood, obwohl sie sich im Film nie begegnen, ist unglaublich sympathisch. Auch in dieser Hinsicht macht „Dangerous“ großen Spaß.

Auch inszenatorisch gibt es nichts auszusetzen. Die ruhige Vorgehensweise und die teilweise beeindruckenden Aufnahmen machen den Film zu etwas Besonderem, heben ihn vom Einheitsbrei an Actionfilmen ab, weil den Charakteren auch ein wenig Tiefe verliehen wird. Oftmals wirkt „Dangerous“ daher auch wie ein (Familien-)Drama mit Action-Einlagen. Selbst in den Nebenrollen glänzen Brenda Bazinet, Leanne Lapp und vor allem der Junge Atlee Smallman. „Dangerous“ ist ein kurzweiliges Vergnügen mit einem Ensemble auf hohem Niveau. So machen Actionfilme Spaß.

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Fazit: Ruhig inszenierter Actionfilm, der unglaublich Spaß macht.

©2022 Wolfgang Brunner

Titane (2021)

Originaltitel: Titane
Regie: Julia Ducournau
Drehbuch: Julia Ducournau
Kamera: Ruben Impens
Musik: Jim Williams
Laufzeit: 108 Min.
Darsteller: Vincent Lindon, Agathe Rouselle, Laïs Salameh, Garance Marillier, Dominique Frot, Myriem Akheddiou, Mehdi Rahim-Silvioli
Genre: Horror, Thriller, Drama
Produktionsland: Frankreich, Belgien
FSK: ab 16 Jahre

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Das Mädchen Alexia bekommt nach einem schweren Autounfall Titanplatten in den Kopf implantiert. Im Verlaufe der folgenden Jahre entwickelt sie ein immer stärker werdende Beziehung zu Fahrzeugen anstatt zu Menschen. Als sie einen aufdringlichen Mann tötet, flüchtet sie und nimmt die Identität eines vor Jahren verschwundenen Jungen an. Als Alexia den Vater des Jungen kennenlernt, nimmt sie dessen Identität an und eine wundersame, unheimliche Verwandlung nimmt ihren Lauf.

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Es gibt immer wieder Filme, bei denen man eine gewisse Erwartungshaltung hat, nachdem man den Trailer gesehen hat, sich aber irgendwie nicht rantraut, weil man denkt, man könnte letztendlich dann doch enttäuscht werden. „Titane“ war für mich einer derjenigen Filme, die mich dann aber vollkommen sprachlos zurückgelassen haben, nachdem ich ihn mir angesehen hatte.
Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll, denn Regisseurin Julia Ducournau hat keine zehn Minuten gebraucht, um mich vollkommen mit ihren düsteren, fast schon traumartigen Bildern gefangen zu nehmen und bis zum Finale nicht mehr loszulassen. „Titane“ gehört wahrscheinlich in die Kategorie „Entweder man mag ihn und kann was damit anfangen, oder eben nicht.“ Ich für meinen Teil fühlte ich mich an eine Zeit erinnert, in der mich Filme von David Cronenberg oder in neuerer Zeit auch Gaspar Noé mit offenem Mund vor der Kinoleinwand oder dem Fernsehbildschirm zurückgelassen haben. Genau so erging es mir bei „Titane“ auch.

Ein Muss, um diesem innovativen und vollkommen von der Norm abweichenden Film etwas abgewinnen zu können, ist die Fähigkeit, sich zuerst einmal darauf einzulassen. Wer bestimmte Passagen als unglaubwürdig, verrückt und schwachsinnig abtut, kann gleich wieder aussteigen und braucht den Rest dieser wilden, cineastischen Achterbahnfahrt nicht mitzumachen: er wird weder Gefallen noch Spaß daran haben. Wer allerdings sitzenbleibt, bekommt ein Meisterwerk zu sehen, dass sich an Genreklassikern des Body-Horror-Films in keiner Weise verstecken braucht. Ganz im Gegenteil, Julia Ducournau erschafft mit ihrem Film eine gewagte Gratwanderung zwischen Fantasy, Horror und Drama. „Titane“ handelt von Traumabewältigung, Persönlichkeitsstörungen und -entwicklungen, von der Suche nach Liebe und Sicherheit, von der Bedeutungslosigkeit der gesellschaftlich festgesetzten Geschlechterrollen. Es ist so vieles, was zwischen den Bildern, Dialogen und Gesichtsausdrücken der Schauspieler ausgedrückt wird und seinen Weg in die Gedanken des Zuschauers findet. „Titane“ ist Kino zum Fühlen, Denken und Erleben.

Von der Idee, der Konzeption und Inszenierung einmal abgesehen, bietet „Titane“ aber noch einiges andere: Da wären beispielsweise Agathe Rouselle und Vincent Lindon, die beide eine oscarreife Leistung abliefern und zu der wahnsinnig intensiven Atmosphäre des Films in hohem Maße beitragen. Rouselles Verwandlung von einer Frau zu einem Mann jagt mir noch immer Gänsehaut über den Rücken und Lindons intensives Schauspiel ist einfach nur der Hammer. Ich hätte den beiden gut und gerne noch einmal zwei Stunden zusehen können. Einfach spitzenmäßig.
Und sozusagen als I-Tüpfelchen kommt dann noch der Score von Jim Williams und die im Film verwendeten Songs dazu. Um ein Beispiel zu nennen, bei dem mir alleine beim Gedanken daran Gänsehaut über den Körper läuft: Die Szene, in der Rouselle und Lindon als Vater und Sohn zum Song „Light House“ von Future Islands tanzen, ist eine der besten und emotionalsten im Film. Besser hätte man es nicht machen können. Ich liebe diese Szene!

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Fazit: Ein Film, der nachhaltig beeindruckt. Wer sich darauf einlassen kann, erlebt ein Meisterwerk.

©2022 Wolfgang Brunner

Outback (2019)

Originaltitel: Outback
Regie: Mike Green
Drehbuch: Brien Kelly, Mike Green
Kamera: Tim Nagle
Musik: Justin Bell
Laufzeit: 86 Min.
Darsteller: Lauren Lofberg, Taylor Wiese, Brendan Donoghue, Kym Cramp
Genre: Thriller, Drama, Survival
Produktionsland:
FSK: ab 16 Jahre

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Ein junges amerikanisches Paar will einen abenteuerlichen Urlaub in Australien verbringen. Durch ein defektes Navigationsgerät landen sie auf dem Weg zum Ayers Rock im rauen australischen Outback und verlieren vollkommen die Orientierung. Ein harter Überlebenskampf beginnt.

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Beim Titel des vorliegenden Films denkt man unweigerlich an Nicholas Roegs „Walkabout“ aus dem Jahr 1971, in dem zwei Kinder im australischen Outback um ihr Überleben kämpfen. Zumindest ging es mir so, als ich das erste Mal vom vorliegenden „Outback“ hörte. Mike Greens Regiedebüt sieht optisch schon einmal sehr professionell aus und nimmt den Zuschauer von der ersten Minute an auf eine hypnotische Reise mit. Entgegen einiger anderer Rezensenten fühlte ich mich dem Paar sofort nahe und habe während des gesamten Films mit ihnen mitgefiebert. Gerade die Liebesgeschichte (beziehungsweise die Probleme in der Beziehung) waren aus meiner Sicht sehr überzeugend dargestellt. Green lässt sich zudem Zeit mit dem Drama, bringt uns die beiden Protagonisten und die wunderschöne Landschaft Australiens erst einmal nahe, um dann einen Albtraum zu präsentieren, der betroffen macht. Das Gefühl von bevorstehenden schönen Zeiten während eines Individualurlaubs wird sehr gut rübergebracht, so dass man sich sofort angesprochen fühlt, weil man sich solch einen Trip genau in dieser Art vorstellt.

Die beiden Darsteller machen ihre Sache hervorragend. Lauren Lofberg und Taylor Wiese agieren sehr ungezwungen und daher authentisch. Ihr Schauspiel überzeugt in sämtlichen Situationen und lässt die Laufdauer des Films von eineinhalb Stunden wie im Flug vergehen. Mike Green schafft es, aus einer im Grunde genommen einfachen Handlung einen megaspannenden und kurzweiligen Film zu machen, der in keiner Sekunde Längen aufkommen lässt. Für den heutigen Mainstream-Kinogänger dürfte allerdings der Überlebenskampf des Paares oft langweilig sein, weil keinerlei spektakuläre Action zu sehen ist, sondern eindeutig mehr Wert auf Schauspielerei und dramatische Entwicklungen gelegt wird. „Outback“ ist in meinen Augen ein (Liebes-)Drama, das zu Herzen geht, wenn man sich auf die Geschichte einlassen kann. Regie, Kameraarbeit und Score sind unglaublich gut und vermitteln eine intensiv erzählte Geschichte, die einen noch lange beschäftigt, könnte sie schließlich jedem von uns passieren.

„Outback“ hat meine persönlichen Erwartungen übertroffen, was sowohl an der Inszenierung als auch den Schauspielern lag. Gerade die Ungezwungenheit, mit der das Drama beginnt, vermag einen Hauch von Realität zu vermitteln, der das Gezeigte um so furchtbarer erscheinen lässt. Ich bin gespannt, mit was Regisseur Mike Green als nächstes überrascht, denn sein Handwerk als Regisseur versteht er definitiv. Und Kameramann Tim Nagle hält die Schönheit und den Reiz des australischen Outbacks in beeindruckenden Bildern fest.

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Fazit: Kurzweiliges, schön inszeniertes und gut gespieltes Überlebensdrama.

©20222 Wolfgang Brunner

Raging Fire (2021)

Originaltitel: Nù Huǒ
Regie: Benny Chan
Drehbuch: Benny Chan, Ryan Ling, Tong Yiu-ling
Kamera: Edmond Fung
Musik: Nicolas Errèra
Laufzeit: 125 Min.
Darsteller: Donnie Yen, Nicolas Tse, Qin Lan, Simon Yam, Ray Lui, Ben Yuen, Ken Lo, Patrick Tam, Kenny Wong, Deep Ng, Derek Koka
Genre: Thriller, Action
Produktionsland: Hongkong, China
FSK: ab 16 Jahre

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Cheung Sung-bong ist Beamter einer Spezialeinheit und hat bereits viele wichtige Fälle gelöst. Sein Schützling und Partner Yau Kong-ngo wurde durch einen schrecklichen Unfall inhaftiert und verwandelte sich in dieser Zeit in einen wütenden Mann, der jeden töten will, der ihm einst Unrecht getan hat.  Auch sein damaliger Freund Cheung steht auf der Liste.

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Ein neuer Film mit Donnie Yen in der Hauptrolle macht per se neugierig. In seiner Rolle als legendärer Ip-Man konnte er mich in jedem Teil der Reihe ohne Einschränkungen überzeugen und zeigte, dass er solcherart Hauptrollen souverän beherrscht. Daher konnte ich es kaum erwarten, Yen erneut in einer Hauptrolle zu sehen. „Raging Fire“ hat mich nicht enttäuscht und meine Erwartungen erfüllt. Während man Donnie Yen oftmals nur in Nebenrollen zu sehen bekommt, kann er auch hier wieder unter Beweis stellen, dass er durchaus eine tragende Rolle übernehmen und einen Film stemmen kann. „Raging Fire“ kann mit einer durchdachten Handlung aufwarten, die rund wirkt und dem Film eine zusätzliche Note verleiht, in dem das Hauptaugenmerk nicht nur auf Martial-Arts-Kämpfe gelegt wird. Das empfand ich persönlich als sehr erfrischend und erfreulich. Das soll aber nicht heißen, dass das Publikum keinerlei spektakuläre Kämpfe zu sehen bekommt, ganz im Gegenteil. Aber eben gut über den Film verteilt und natürlich dann im Finale.

Der Charakter, den Donny Yen verkörpert, ist wieder überaus sympathisch, da er sich gegen eine „böse Seite“ entscheidet und seinen eigenen Überzeugungen folgt. Wer einen reinen Action-Kracher erwartet, könnte unter Umständen enttäuscht werden, denn, wie oben bereits erwähnt, lenkt Regisseur Benny Chan Wert auf eine Geschichte. Aber am Ende wird man dann doch mit handfesten Martial-Arts-Kämpfen belohnt, die erfreulicherweise ohne viele Schnitte gedreht wurden, so dass man sieht, dass die Beteiligten auch wirklich ihren Kampfsport beherrschen und nicht nur durch viele, hektische Schnitte den Anschein erwecken, sie könnten tatsächlich kämpfen. Alleine aus diesem Grund hebt sich „Raging Fire“ von vielen Genreproduktionen erfreulicherweise ab. „Raging Fire“ ist daher ein Film, den man sich auf jeden Fall ein weiteres Mal ansehen kann.

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Fazit: Martial-Arts-Film mit einer guten Geschichte und tollen Darstellern.

©2022 Wolfgang Brunner

The Djinn (2021)

Originaltitel: The Djinn
Regie: David Charbonier, Justin Powell
Drehbuch: David Charbonier, Justin Powell
Kamera: Julian Estrada
Musik: Matthew James
Laufzeit: 82 Min.
Darsteller: Ezra Dewey, Tevy Poe, Rob Brownstein, John Erickson
Genre: Horror, Fantasy
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Dylan Jacobs ist stumm und wohnt mit zusammen mit seinem Vater in einer neue Wohnung, nachdem seine Mutter gestorben ist. Dort findet der Junge ein Buch mit einer Anleitung, wie man einen Dschinn herbeiruft, um sich von ihm einen Wunsch erfüllen zu lassen. Dylan ruft den Geist herbei und wünscht sich, dass er sprechen kann. Doch stattdessen bedroht der Dschinn Dylan und hält ihn in der Wohnung gefangen. Dylan muss sich gegen die unheimliche Kreatur verteidigen.

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„The Djinn“ ist ein hervorragendes Horror-Kammerspiel der Regisseure David Charbonier und Justin Powell, die auch mit ihrem Thriller „The Boy Behind the Door“ auf ganzer Linie überzeugen konnten. Man spürt, dass die beiden Filmliebhaber und Fans von Horrorfilmen der 1980er-Jahre sind, denn in vielen Szenen fühlt man sich an Klassiker dieses „goldenen Zeitalters des Horrorfilms“ erinnert. Das kommt nicht nur in bestimmten Einstellungen zum Tragen, die dann eine entsprechende Atmosphäre verbreiten, sondern auch in dem mehr als passenden Score, der zum Teil an die Synthesizer-Klänge jener Zweit erinnern. „The Djinn“ macht in dieser Hinsicht einfach unglaublich Spaß und ist zudem noch mega spannend. Oftmals wirken die Szenen und Bilder so beklemmend wie in „Don’t Breathe“, zumindest war das für mich so.

Hinzu kommt, dass das Regie-Duo mit Ezra Dewey wirklich einen sehr talentierten jungen Mann für die Hauptrolle gewinnen konnte, der seine Arbeit höchst professionell erledigte und sehr überzeugend und glaubhaft wirkt. Ich fühlte mich tatsächlich an die Zeit zurückversetzt, in der Jungs (und natürlich auch Mädchen) die Hauptrollen in Klassikern wie „Die Goonies“, „Explorers“, „E.T. – Der Außerirdische“ oder „Stand by me“ übernahmen, um nur einige zu nennen, und damit eine ganze Generation von Filmfans begeistern konnten. Und genau in diese Kategorie fällt aus meiner Sicht auch „Der Djinn“, der auf ähnliche Art und Weise das Kind in uns anspricht und uns ein unglaubliches Abenteuer erleben lässt, das Kindheitserinnerungen hervorruft, in denen man sich unter der Bettdecke einer Gruselgeschichte gewidmet hat und nicht zugeben wollte, dass man an der ein oder anderen Stelle eine Gänsehaut bekam.

„The Djinn“ behandelt sowohl Kindertraumata als auch eine innige Beziehung zu den Eltern. Der Indie-Horrorfilm setzt geschickt tolle Bilder in Verbindung mit einem stimmungsvollen Score ein und zeigt, dass sich Kinder auch durchaus zur Wehr setzen können. „The Djinn“ wirkt, als müsste „Kevin – Allein zu Haus“ nicht gegen fiese Einbrecher kämpfen, sondern sich gegen einen unheimlichen, hinterlistigen Dämon verteidigen.
Für mich war „The Djinn“ eine echte Überraschung und ich freue mich schon sehr auf einen neuen Film dieses talentierten Regie-Duos, das seine Filme mit Herzblut inszeniert.

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Fazit: Düsteres und atmosphärisches Horror-Kammerspiel.

©2021 Wolfgang Brunner

Proxima – Die Astronautin (2019)

Originaltitel: Proxima
Regie: Alice Winocour
Drehbuch: Alice Winocour
Kamera: Georges Lechaptois
Musik: Ryuichi Sakamoto
Laufzeit: 107 Min.
Darsteller: Eva Green, Matt Dillon, Zélie Boulant, Aleksey Fateev, Lars Eidinger, Sandra Hüller, Trond-Erik Vassal, Nancy Tate, Grégoire Colin, Igor Filippov
Genre: Science Fiction, Drama
Produktionsland: Frankreich, Deutschland
FSK: ab 6 Jahre

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Sarah ist Astronautin Sarah und bereitet sich als einzige Frau auf eine einjährige Mission ins All vor. Sie ist alleinerziehende Mutter einer achtjährigen Tochter und ihr Vorhaben entpuppt sich immer mehr zu einem schier unüberwindbaren Problem, mit dem sowohl die Mutter als auch die Tochter kämpfen müssen.

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Schon zu Anfang wird einem bewusst, dass man hier etwas Besonderes, Außergewöhnliches zu sehen bekommt. Man spürt es schon an Eva Greens Schauspielkunst, dass sich „Proxima – Die Astronautin“ eher in Richtung Familiendrama als Weltraum-Science-Fiction bewegt. Es wirkt von der ersten Minute an sehr ruhig, was Regisseurin Alice Winocour da inszeniert hat, und man muss sich auf diese grandiose Geschichte einlassen können, die von den Problemen einer liebenden Mutter erzählt, die sich genau genommen nicht zwischen der Liebe zu ihrer Tochter und der, in den Weltraum zu fliegen, entscheiden kann. Eva Green spielt ihre Rolle grandios, anders kann man das nicht bezeichnen, was die natürlich wirkende Schauspielerin hier leistet. Man nimmt ihr jede Mimik und Gefühlsregung ab. Es ist sehr intensiv, was in „Proxima – Die Astronautin“ passiert, und, wenn man selbst ein Kind hat, kann man den Kampf zwischen Gewissenbissen, dem Ehrgeiz der beruflichen Karriere und die Sehnsucht nach einem Ziel, das man erreichen möchte, absolut nachvollziehen.

Aber nicht nur Eva Green überzeugt mit ihrer Rolle, auch ihre männlichen Kollegen, Matt Dillon und Lars Eidinger, machen ihre Sache äußerst gut. Doch vor allem das Zusammenspiel zwischen Green als Mutter und Zélie Boulant als Tochter funktioniert auf beeindruckende Weise. Auch wenn es an vielen Stellen traurig und trostlos ist, so möchte man den beiden am liebsten stundenlang zusehen, so hervorragend passt die Chemie zwischen den beiden Schauspielerinnen. Boulant verkörpert sehr eindringlich die liebevolle, andererseits aber auch trotzige Tochter, die der Mutter einerseits natürlich Erfolg wünscht, andererseits aber nicht auf sie verzichten möchte. Es wirkt sehr natürlich und glaubhaft, wenn Bouland zwischen bockiger Göre und tougher, junger Frau auftritt und ihrer Verzweiflung und Unschlüssigkeit, wie sie sich in dieser Situation verhalten soll, Ausdruck verleiht.

Matt Dillon gewinnt in der ersten Hälfte einen Preis als unsympathischer Kollege, entwickelt sich aber später dann doch noch zu einem ganz annehmbaren Charakter, was wiederum zeigt und beweist, dass Dillon gut schauspielern kann. Auch hier muss man sagen, dass das Zusammenspiel wirklich gut klappt. Neben Green und Boulant hat mich jedoch am meisten Lars Eidinger in der Rolle als Vater überzeugt. Auch er hat, wie Eva Green, eine sehr natürliche und unverfälschte Ausstrahlung, die seiner Rolle eine uneingeschränkte Glaubwürdigkeit verleiht.
„Proxima – Die Astronautin“ ist ein ernstes, aber dennoch auf gewisse Art und Weise wunderschönes Familiendrama, das in eine Science-Fiction-Handung eingebettet wurde. Der Film behandelt Ehrgeiz, mütterliche Liebe, eine in die Brüche gegangen Beziehung, die dennoch nicht vollkommen kaputt ist, und ein Wagnis, neue Wege zu gehen. Ich bin sehr begeistert und weiß schon jetzt, dass ich mir diesen Film definitiv noch einmal ansehen werde. Unbedingt erwähnt werden muss noch der fantastische und optimal passende Score von Ryuichi Sakamoto, der spannend, elegisch und sehr emotional die gezeigten Bilder unterstreicht.

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Fazit: Ruhiges, emotionales Familiendrama im SF-Gewand mit wunderbaren Schauspielern.

©2021 Wolfgang Brunner

Da scheiden sich die Geister (2020)

Originaltitel: Blithe Spirit
Regie: Edward Hall
Drehbuch: Nick Moorcroft, Meg Leonard, Piers Anthony
Kamera: Ed Wilde
Musik: Simon Boswell
Laufzeit: 95 Min.
Darsteller: Dan Stevens, Leslie Mann, Isla Fisher, Judi Dench, Emilia Fox, Julian Rhind-Tutt, Adil Ray
Genre: Komödie, Fantasy
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 12 Jahre

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Eine Schreibblockade sucht den bis dato erfolgreichen Autor Charles Condomine heim. Fatalerweise muss er ein neues Drehbuch abliefern, und das ausgerechnet auch noch an seinen Schwiegervater. Daraufhin sucht er Inspiration bei einer Séance. Doch das berühmte Medium beschwört aus Versehen den Geist von Charles verstorbener Gattin Elvira herauf – und die sorgt für reichlich Verwirrung im Leben des Schriftstellers. Und auch seiner noch quicklebendigen Ehefrau Ruth …

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Ich wusste nicht wirklich, was mich bei diesem Film erwartete, ging aber davon aus, dass er, wenn Judi Dench mitspielt, zumindest sehenswert sein müsste. Umso überraschter war ich, dass Regisseur Edward Hall eine höchst amüsante Komödie gedreht hat, die die Gratwanderung zwischen Humor, Klamauk und Slapstick hervorragend meistert und niemals ins Peinliche abgleitet. Denn genau vor solch einer Entwicklung habe ich bei solcherart Filmen eigentlich immer Angst. „Da scheiden sich die Geister“ macht aber in dieser Hinsicht alles richtig. Sicherlich rutscht manche Szenen fast schon in Klamauk, aber, wie bereits erwähnt, ist dies niemals zum Fremdschämen, sondern immer äußerst witzig und unterhaltsam. Die Besetzung lässt nichts zu wünschen übrig. Über Judi Dench muss man nicht viel sagen, denn sie beherrscht ihr Handwerk einfach. Dan Stevens in der Rolle des Schriftstellers hat mich total überzeugt. Er agierte sehr glaubwürdig und auch seine witzigen Szenen waren absolut gut gelungen. Er war, neben Dench, für mich eindeutig die tragende Rolle des ganzen Films. Seine Mimik war grandios und ich fühlte mich durch seine Schauspielerei sehr gut unterhalten.

Erfreulicherweise hat Regisseur Hall das Bühnenstück aus dem Jahr 1941, das schon einmal von Meisterregisseur David Lean verfilmt wurde, nicht in die Gegenwart verlegt. Das hat zur Folge, dass sich zu den bereits oben erwähnten Pluspunkten noch ein weiterer gesellt: nämlich der Nostalgie-Faktor. Das fängt mit der Villa an, die zwar modern wirkt, aber dennoch einen gewissen Retrocharme ausstrahlt, den Gebäude der heutigen Zeit nicht mehr besitzen. Weiter geht es mit den Kleidungsstücken, die die Protagonisten tragen, auch sie entführen uns in eine Vergangenheit, die uns besser als die Gegenwart erscheint. Und am Ende kommt dann noch das Aussehen und Verhalten der „schrulligen“ Wahrsagerin hinzu, das ebenfalls wie aus einem Film der 1950er-Jahre wirkt. Insgesamt bekommt das Publikum also eine Verfilmung des Theaterstücks zu sehen, die nicht modernisiert wurde, sondern absolut nostalgisch daherkommt, ohne jedoch altbacken zu wirken. Und genau diese Kombination ist es höchstwahrscheinlich, die „Da scheiden sich die Geister“ so interessant und kurzweilig macht.

Halls Interpretation unterscheidet sich gegenüber Leans Film vor allem im augenzwinkernden Blick auf die Filmindustrie der damaligen Zeit. Der Schriftsteller im vorliegenden Film begegnet beispielsweise Alfred Hitchcock oder Greta Garbo in den berühmten Pinewood-Studios. Diese Szenen, wenngleich kurz, sind vor allem für Filmfans interessant und vergnüglich. Trotz des teils schwarzen Humors verstrahlt „Da scheiden sich die Geister“ eine herrliche Unbekümmertheit, die den Zuschauer zumindest für die Laufzeit den Alltag vergessen lässt. Und genaugenommen erwartet man bei solch einem Film ja gar nichts anderes, also, alles gut gemacht, Herr Hall. Sein Film ist ein perfekter (Familien-)Film, den man sich an einem verregneten Sonntagnachmittag anschauen kann, um wenigstens in den eigenen vier Wänden die Sonne erstrahlen zu lassen.

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Fazit: Kurzweilig, höchst amüsant, unterhaltsam und mit einer sehr guten Besetzung.

©2021 Wolfgang Brunner

Im Herzen des Dschungels (2021)

Originaltitel: Edge of the World
Regie: Michael Haussman
Drehbuch: Rob Allyn
Kamera: Jaime Feliu-Torres
Musik: Will Bates
Laufzeit: 104 Min.
Darsteller: Jonathan Rhys Myers, Josie Ho, Dominic Monaghan, Ralph Ineson, Hannah New, Bront Palarae, Atiqah Hasiholan, Wan Hanafi Su, Kathar Jimi, Shaheizy Sam, Peter John
Genre: Abenteuer, Historie
Produktionsland: USA, Vereinigtes Königreich, China, Malaysia
FSK: ab 16 Jahre

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Mitte des 19. Jahrhunderts kauft sich James Brooke einen Schoner, um die Welt zu entdecken. Er segelt nach Borneo und trifft dort auf einen Sultan, mit dem er zusammen gegen Piraten und feindliche indigenen Stämme kämpft. Dadurch wurde er vom Sultan zum Raja ernannt und herrschte über ein riesiges Gebiet, das größer als England war. Doch als Britannien versucht, sein Reich zu kolonisieren, werden sogar Brookes Landsmänner zu seinen Feinden.

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Um eines vorweg zu nehmen: Wer hier Abenteuer-Popcorn-Kino a lá Indiana Jones oder Tomb Raider erwartet, wird fürchterlich enttäuscht sein. Denn was Regisseur Michael Haussman hier abliefert, ist vielmehr eine geniale Mischung aus „The Mission“ und „Apocalypse Now“. „Im Herzen des Dschungels“ erzählt eine wahre Geschichte und wirkt natürlich alleine aus diesem Grund sehr beeindruckend. Der vorliegende Abenteuerfilm ist ein sehr ambitioniertes Werk, das versucht, die Stimmung der damaligen Zeit aufleben zu lassen. Dies funktioniert aus meiner Sicht auch sehr gut, man muss sich nur darauf einlassen können, dass das Ganze sehr ruhig und unspektakulär zugeht. Wobei die Naturaufnahmen und die Inszenierung an sich äußerst spektakulär daherkommt und man sich an den Bildern teilweise gar nicht sattsehen kann, so wunderschön sind diese gelungen.
Ich wusste nicht, was mich bei diesem Film erwartetet, und wurde mehr als positiv überrascht. Manche Szenen waren derart hypnotisch, dass ich mich in der Tat des Öfteren an das Ende von „Apocaylpse Now“ erinnert fühlte.

Auch darstellerisch kann man nichts aussetzen. Rhys Mayers und vor allem auch Monaghan (vor allem auch bekannt durch die Erfolgsserie „Lost“) machen ihre Sache mehr als gut. Man nimmt ihnen jedwede Handlungsweise ab und kann sich sehr in die jeweilige Gefühlswelt der Person hineinversetzen, was die Dramatik der Handlung im Zusammenspiel mit den fantastischen Bildern noch mehr vertieft. Ein weiterer Pluspunkt ist der passende Score von Will Bates, der die Szenen intensiv untermauert und eine tolle Atmosphäre erschafft. Die Partitur ist fantastisch und schafft es hervorragend, die Emotionen zu unterstreichen. Wie gesagt, wenn man nicht von einem actionreichen Abenteuerfilm ausgeht, wird man mit einem tollen, historischen Drama belohnt, an das man sich alleine schon wegen seiner Bildgewalt gerne zurückerinnert. „Im Herzen des Dschungels“ erzählt eine wilde Reise, die einen Menschen bis ans Ende der Welt führt, wo er ein neues Leben beginnen kann und dennoch immer wieder mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird.

Das einzige Problem des Films könnte tatsächlich das Tempo sein, in dem er inszeniert ist. Diese Behäbigkeit passt vor allem nicht mehr in die heutige Zeit des Kinos, wo normalerweise ein spektakulärer Spezialeffekt den anderen jagt. So könnte ich mir durchaus vorstellen, dass der ein oder andere bei diesem Biopic einschläft, weil die schauspielerischen Leistungen und die beeindruckenden Aufnahmen alleine es nicht schaffen, die Langsamkeit der Geschichte aufzufangen. Sicherlich kommen hin und wieder auch sehr blutige Details zum Tragen, vor allem bei den Angriffen und Kämpfen mit den Urvölkern ist die FSK-16-Freigabe absolut nachvollziehbar.
Für mich war „Im Herz des Dschungels“ dennoch ein cineastisches Highlight, gerade oder vor allem wegen seiner ruhigen Erzählweise.

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Fazit: Ruhig erzähltes Biopic mit beeindruckenden Aufnahmen, tollen Schauspielern und einem exzellenten Score.

©2021 Wolfgang Brunner

She Dies Tomorrow (2020)

Originaltitel: She Dies Tomorrow
Regie: Amy Seimetz
Drehbuch: Amy Seimetz
Kamera: Jay Keitel
Musik: Mondo Boys
Laufzeit: 85 Min.
Darsteller: Kate Lyn Sheil, Jane Adams, Chris Messina, Katie Aselton, Tunde Adebimpe, Jennifer Kim, Kentucker Audley
Genre: Mystery, Thriller, Drama
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Amy ist vollkommen davon überzeugt, am nächsten Tag zu sterben. Sie vertraut sich ihrer Freundin Jane an, die natürlich versucht, sie von diesem absurden Gedanken abzubringen. Doch Amys Angst vor einem bevorstehenden Tod steckt auch Jane an. Auf der Geburtstagsfeier ihrer Schwägerin scheint diese nicht nachzuvollziehbare Angst plötzlich alle Gäste zu infizieren.

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Es fällt mir schwer, diesen Film zu beurteilen, weil er sich immer wieder zwischen voller Punktzahl und Mittelmäßigkeit bewegt. Aber von Anfang an: Die Grundidee von „She Dies Tomorrow“ ist sehr gut und macht schon in den ersten Filmminuten neugierig. Regisseurin Amy Seimetz inszeniert einen ArtHouse-Film, der alleine schon wegen seinem Konzept und der außergewöhnlichen Umsetzung einen besonderen Platz in der Filmwelt verdient, vor allem in der heutigen Zeit, in der nur noch bombastische Spezialeffekte zählen. Aus dieser Sicht sollte man sich „She Dies Tomorrow“ also schon einmal unbedingt ansehen, denn man wird – wie bereits erwähnt – mit ungewöhnlichen Bildern und einer dementsprechenden Handlung belohnt. Der Einstieg in die Geschichte ist aus meiner Sicht gut gelungen und macht neugierig auf die Entwicklung des Plots. Und auch an diesem kann man nicht wirklich herummeckern, es ist vielmehr die Art und Weise, wie dieses Drama erzählt wird.

Bei manchen Szenen bekam ich den Eindruck nicht los, dass selbst die Schauspieler, die ihre Sache eigentlich recht gut machen, nicht viel mit dem Stoff anfangen konnten und daher unentschlossen ihre Rollen spielten, ohne wirklich davon überzeugt zu sein. Genau diese „Unschlüssigkeit“ (ein anderes Wort fällt mir da nicht ein) ist es auch, die mich dann letztendlich nicht gepackt hat, und daher den Film immer wieder zwischen „genial“ und „mittelmäßig“ erscheinen ließ.
Erfreulich ist dennoch, dass „She Dies Tomorrow“ zum Nachdenken anregt. Und zwar über die eigenen Ängste, eines Tages sterben zu müssen und darüber, dass man immer wieder mit unlösbaren Problemen konfrontiert wird. Amy Seimetz’ Film hat, wie gesagt, einen sehr guten Ansatz, der viele Interpretationen zulässt, aber eigenartig inszeniert wird, sodass viel von dem Mysterium, das der Film behandelt, untergeht.

Insgesamt betrachtet ist „She Dies Tomorrow“ trotzdem für mich ein sehenswerter Ausnahmefilm, den man sich durchaus auch ein zweites Mal ansehen kann, um dabei vielleicht einige Dinge zu entdecken, die bei der Erstsichtung übersehen werden. Es könnte nämlich durchaus sein, dass man bei einer Zweitsichtung vollkommen anders an diesen Film herangeht, da man ja seine Machart nun kennt, und sich mehr darauf einlassen kann. Freunde von außergewöhnlichen, künstlerischen und intellektuellen Filmen, die sich außerhalb des Mainstreams bewegen, sollten unbedingt einen Blick riskieren. Wer weiß, vielleicht ändere ich ja sogar nach einer Zweitsichtung meine gespaltene Meinung zu „She Dies Tomorrow“.

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Fazit: Interessanter Ansatz, dem aber durch die gewöhnungsbedürftige Inszenierung irgendwie die Luft ausgeht. Dennoch sehenswert.

©2021 Wolfgang Brunner