Interview mit der Schauspielerin Annika Strauss



© Julian Wieshoff

Annika Strauss wurde 1984 in Nürtingen geboren und wuchs in Reutlingen auf. Nach dem Abitur, studierte sie Allgemeine Rhetorik und Germanistik an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen und schloss dieses mit dem Master of Arts ab.
Schon als Kind spielte sie hingebungsvoll in Theateraufführungen an der Schule. Ihre erste Hauptrolle war die des Drachen Tabaluga aus Peter Maffays Musical „Tabaluga und Lilly.“
Annika Strauss besuchte eine private Schauspielschule und fand durch den Independent-Film „La Petit Morte“ des Regisseurs Marcel Walz Einstieg ins Filmgeschäft. Seither hat sie in knapp dreißig Produktionen mitgespielt.
Film-Besprechungen freut sich, der von Spiegel Online betitelten „Deutschen Scream-Queen“ ein paar Fragen stellen zu dürfen.

1. Du warst ja in der letzten Zeit wieder unglaublich fleißig und bist derzeit in „Blood Feast“ von Marcel Walz und bald in „Scars Of Xavier“ von Kai E. Bogatzki zu sehen. Gibt es denn Pläne für ein neues Projekt und darfst Du schon darüber reden.

Naja, für meine Verhältnisse habe ich ja eher einen Gang zurückgeschaltet und weniger Projekte als die Jahre zuvor gemacht. Das liegt vor allem daran, dass ich mich momentan mehr meiner Tätigkeit als Autorin widme und bei Filmproduktionen mehr selektiere. Meine Auftritte in „Blood Feast“ und „Scars of Xavier“ sind dabei auch nur kleine Nebenrollen und nicht im üblichen Umfang. Ein anderes Projekt, das mir großen Spaß gemacht hat war „Skin Creepers“ von Ezra Tsegaye, indem ich eine Nebenrolle habe.

2. Du spielst in sehr vielen Filmen des deutschen Regisseurs Marcel Walz mit. Zwischen euch scheint die Chemie zu stimmen. Wie wichtig ist es für Dich als Schauspielerin, mit dem Regisseur auf gleicher Wellenlänge zu sein?

Marcel und ich hatten von Anfang an einen guten Draht zueinander und haben uns auch privat angefreundet. Mittlerweile kennen wir uns schon seit 8 Jahren und haben 9 Filme zusammen gedreht. Das verbindet natürlich außerordentlich. Und wenn man sich so gut kennt, ist es auch einfach, zusammen zu arbeiten. Ich weiß, wie er tickt und was er sich wünscht. Prinzipiell ist ein gutes Verhältnis zum Regisseur schon wichtig und vor allem angenehm. Ich denke aber nicht, dass es ein Muss ist. Solange er dir gut erklären kann, was er möchte und er das Beste aus dir rausholen kann, ist es mir egal, ob wir Best Friends werden oder nicht. Aber normalerweise verstehe ich mich eigentlich mit allen immer sehr gut.


In „La Petit Morte 2“ von Marcel Waltz


3. Gibt es eine Rolle, die Du nie im Leben annehmen würdest?

Ja! Eine Rolle in einem Human Centipede Film! 😉

4. Horror scheint Dein Lieblingsgenre zu sein. Warum drehst Du nicht einmal einen Liebesfilm?

Oh, ich würde sehr gerne einen Liebesfilm drehen. Aber anscheinend sehen mich diese Produktionen nicht. Das mit dem Horrorgenre war von mir nie bewusst beabsichtigt und hat sich von alleine entwickelt. Das finde ich auch nicht schlimm, da ich Horrorfilme mag, aber ich hätte große Lust auf andere Genres. Ich hätte auch total Bock auf eine Komödie oder einen Actionfilm. Also wer was weiß – immer her damit!

5. Du betätigst Dich auch als Drehbuchautorin und Schriftstellerin. Anscheinend sprudelst Du nur so vor Kreativität. 😉
Was bedeutet Dir, Hand aufs Herz, am meisten. Schauspielerei oder Schreiberei?

Hand aufs Herz: Die Schauspielerei! Die Schauspielerei macht aus mir einen ganz anderen Menschen – im wahrsten Sinne des Wortes – und das liebe ich einfach! Es ist das, was mir am meisten Freude macht und das immer an erster Stelle stehen wird. Leider ist es ein hartes Pflaster und es ist sehr schwer, davon zu leben. Die Schreiberei macht mir großen Spaß und damit verdiene ich auch meine Brötchen. Allerdings fällt es mir recht leicht und ich sollte es daher auf jeden Fall ausbauen. Trotzdem bin ich lieber auf der Bühne oder an einem Filmset als alleine vorm Rechner.

6. Du schreibst gerade an einem neuen Roman. Verrätst Du ein wenig, um was es geht?

Es wird ein schöner Psychothriller mit einigen Horrorelementen, womit wir wieder bei meinem Steckenpferd wären. Es heißt „Grand Guignol“ und ist der Pilot einer Serie mit insgesamt 13 Folgen/Büchern. Ganz wie der Titel verspricht handelt es von dem einem kleinen, französischen Theater in Paris, dass auf der Bühne grausame Stücke inszeniert. Das gab es ja bis in die 60er wirklich in Paris (ich war sogar dort – jetzt ist es ein Theater für Gehörlose Menschen). In meinem Roman wird es wieder eröffnet.


7. Die schlimmste Situation in Deiner Schauspielerlaufbahn war …?

Ein Kaktus in meinem Oberschenkel während einer Szene zum Dreh von „Seed 2“ in der Wüste.

                                                           In „Seed 2“ von Marcel Waltz – Foto: ItWaits Art

8. Fünf Filme für die einsame Insel und warum?


Sind Serien auch ok?

Also:

  • Sex and the City – die Serie plus beide Filme: das vertreibt schlechte Laune und ist einfach fabelhaft
  • Cast Away: davon kann ich sicher noch was lernen
  • The Walking Dead: auch hier kann ich noch was lernen plus Unterhaltungswert
  • Das letzte Einhorn: ist mein Lieblingsfilm
  • Kill Bill 1&2: ist ebenfalls mein Lieblingsfilm

9. Fünf Bücher für die einsame Insel und warum?

  • Meine Goethe-Sammlung! Ich habe eine komplette Goethe-Sammlung zu Hause inklusive aller Briefe und Tagebuch-Einträge des werten Herr Goethe – werde aber sicher nie dazu kommen alles zu lesen. Außer auf einer einsamen Insel vielleicht…
  • Ein Überlebenshandbuch (kann ich sicher brauchen)
  • Ein Buch über giftige Pflanzen (kann ich sicher auch brauchen)
  • Geschichten aus 1001 Nacht – ich brauche Märchen zum Einschlafen…
  • Parzival (Wolfram von Eschenbach) – weil ich es gerne noch einmal lesen würde und auf jeder der rund 600 Seiten ein Abenteuer geschieht! Ich liebe Artus-Romane!

 

10. Welcher männliche Schauspieler (national oder international) wäre für Dich Dein Traumpartner? Ich spreche aber nicht vom Aussehen, sondern von seinen schauspielerischen Fähigkeiten. 😉


Kevin Costner! Kevin Costner! Kevin Costner!

Der hat auch beides: Aussehen und schauspielerische Fähigkeiten. Das ist einfach ein Schauspieler, dem ich immer zugucken kann und außerdem hat der sowas unglaublich ruhiges, das mich fürchterlich beeindruckt. Und er ist sexy. Ziemlich sexy.

11. Nenne die fünf wichtigsten Dinge in Deinem Leben.


Mein Mann.

Meine Familie und Freunde.

Gesundheit.

Freiheit.

Kreativität.

Ich bedanke mich ganz herzlich für die interessanten Antworten und freue mich noch auf sehr viele Filme mit Dir.

Ich bedanke mich ebenso für das nette Gespräch und für tolle Fragen, die ich nicht immer gestellt bekomme.

Mehr über die Schauspielerin auf ihrer Homepage.

© 2017 Wolfgang Brunner / Annika Strauss

Arrival (2016)

Originaltitel: Arrival
Regie: Denis Villeneuve
Drehbuch: Eric Heisserer
basierend auf der Kurzgeschichte Story of Your Life von Ted Chiang
Kamera: Bradford Young
Musik: Jóhann Jóhannsson
Laufzeit: 117 Minuten
Darsteller: Amy Adams, Jeremy Renner, Forest Whitaker, Michael Stuhlbarg, Mark O’Brien, Tzi Ma
Genre: Science Fiction
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 12 Jahre

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Zwölf außerirdische Raumschiffe landen an verschiedenen Stellen auf der ganzen Erde.  Die Linguistin Louise Banks soll zusammen mit dem Mathematiker Ian Donnelly Kontakt zu der außerirdischen Lebensform aufnehmen.  Die Kommunikation mit den Aliens entwickelt sich als bedeutend schwieriger als angenommen. Nach Monaten stellt Louise fest, dass die Außerirdischen gekommen sind, um Unheil von der Menschheit abzuwenden.
Eine unglaubliche Reise in die Geister der Menschen und Außerirdischen beginnt.

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Manchmal gibt es Filme, die man schlecht in Worte fassen kann. „Arrival“ ist einer davon. Und er zählt zu jenen Filmen, die man zu verstehen glaubt, tagelang darüber nachdenkt und immer unsicherer wird, ob man den wahren Sinn erkannt hat. Wie bei einem Werk von David Lynch lässt einen der Plot nicht mehr los und man versucht immer wieder, Dinge in die Handlung hineinzuinterpretieren, die einem plötzlich wie aus heiterem Himmel in den Sinn kommen. Dennis Villeneuve ist ein bombastischer, gewaltiger und beeindruckender Film zum Nachdenken gelungen, der einen nicht mehr loslässt.
Das komplexe Thema eines Erstkontakts mit einer außerirdischen Lebensform wird absolut realitätsnah, nachvollziehbar und äußerst spannend erzählt. Man fiebert und rätselt mit den Wissenschaftlern mit, ist beeindruckt von der unglaublich ausdrucksstarken „Sprache“ der Aliens und verfällt automatisch ins  Philosophieren über das eigene Leben.

Schon der düstere Einstieg in den Film vermittelt „Großes“, das auf den Zuschauer zukommt. Und man wird nicht enttäuscht. Die ruhige, melancholische Inszenierung tut das ihrige dazu, eine höchst stimmungsvolle Atmosphäre aufzubauen, der man sich nicht entziehen kann. Anfangs fühlt man sich noch an eine Science-Fiction-Variante von „Apocalypse Now“ erinnert, wenn die Hubschrauber durchs Bild rattern. Später ändert sich aber der Kurs eindeutig in Richtung „Contact“ oder auch „Interstellar“. Und wie Christopher Nolan schafft Regisseur Villeneuve es ebenfalls, den Zuschauer zu verzaubern und zu hypnotisieren, in dem er Gedanken zwischen seine Filmbilder zaubert, die zum Nachdenken und Philosophieren anregen. Ohne es zu wollen, stellt sich der Zuschauer dem Rätsel, das den Protagonisten geboten wird, und nimmt daran teil. Villeneuve erzählt zwei Geschichten: Eine, die er in seinen wunderschönen Bildern zeigt und eine, die er zwischen seinen Bildern, den Monologen und Dialogen geschickt versteckt, damit der Zuschauer sie selbst entschlüsselt. Oder es zumindest versucht, denn wie bereits angedeutet, wirft der Film viele Fragen auf, die auf lyncheske Weise den Zuschauer beschäftigen.

Schauspielerisch geben Amy Adams und Jeremy Renner eine wirklich gute Figur ab.  Gerade erstere unterstreicht mit ihrer Mimik die melancholische Seite des Films hervorragend.
Die Spezialeffekte sind wohltuend dezent eingesetzt. Man sieht die Aliens nicht wirklich und das ist auch gut so. Die „Kommunikationsringe“ sind so faszinierend, das ich davon geträumt habe. „Arrival“ lässt einen einfach nicht mehr los und die philosophischen Aspekte (des eigenen und menschlichen Lebens im Allgemeinen) wirken langhaltig nach. Villeneuves Meileinstein lässt sämtliche CGI-Orgien weit hinter sich, indem er das Publikum zum Denken auffordert, es in den Film involviert, und nicht einfach nur mit bombastischen Effekten vollballert. „Arrival“ zeigt nicht nur, wie der Erstkontakt mit Außerirdischen ablaufen könnte, sondern er zeigt auch, was Menschsein und Leben bedeutet, und das auf äußert beeindruckende Weise. Der „Sinn“ dieses Films ist weitaus bombastischer und epischer als ein Effekte-Feuerwerk. „Ariival“ ist für mich jetzt schon Kult und reiht sich in philosophische, ernstzunehmende Meisterwerke wie „Contact“, „Interstellar“ oder auch „Solaris“ ein.

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Fazit: Beeindruckend, philosophisch und visuelle atemberaubend. Weitab vom Mainstream zeigt Villeneuve Science-Fiction-Kino zum Nachdenken. Ein Meisterwerk!

© 2017 Wolfgang Brunner

Hardcore (2015)

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Originaltitel: Hardcore Henry
Regie: Ilya Naishuller
Drehbuch: Ilya Naishuller
Kamera: Pavel „Pasha“ Kapinos, Vsevolod Kaptur,, Fedor Lyass
Musik: Darya „Dasha“ Charusha
Laufzeit: 92 Minuten
Darsteller: Sharlto Copley, Danila Kozlovsky, Haley Bennett, Tim Roth, Andrei Dementiev, Cyrus Arnold, Ilya Naishuller, Will Stewart, Darya „Dasha“ Charusha, Svetlana Ustinova
Genre: Action
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Russland
FSK: ab 18 Jahre

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Henry wacht eines Tages in  Moskau auf und muss feststellen, dass seine Frau von einem psychopatischen Kriminellen namens Akan entführt wurde.  Henry hat nur noch ein Ziel: nämlich seine Frau zu finden und den Entführer Akan zu töten.

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Gamer werden ihre wahre Freude an diesem Film haben. Aber nicht nur die, ich hatte auch großen Spaß, allerdings nur bis zu einem gewissen Punkt. Anders als bei dem deutschen „First Person Shooter“, der ja ebenfalls in diesem Stil gedreht wurde (allerdings ein Jahr vorher), ermüdete ich hier irgendwann einmal. Es war einfach zu viel des Guten, so dass ich ehrlich gesagt das Ende herbeisehnte. Insgesamt wirkt „Hardcore“ leider dennoch unbefriedigend auf mich, obwohl ich an einzelnen Szenen durchaus Gefallen gefunden habe.
Man muss Regisseur Ilya Naishuller durchaus innovative Ideen zugestehen. Es ist zweifellos eine enorme technische und inszenatorische Herausforderung gewesen „Hardcore“ zu drehen. Doch ich hätte mir einfach ein wenig mehr Handlung gewünscht. Hin und wieder wird man von der neuartigen Ästhetik überrascht, doch trotz atemloser Spannung setzt ab der Hälfte des Films ein Übersättigungseffekt ein, durch den man dem Film wahrscheinlich nicht mehr genügend Respekt zollen kann.

Sicherlich sind die blutigen, teils splatterartigen Gewalteinschübe sehenswert und lockern das sinnlose Geballere ein wenig auf, aber irgendwann dachte ich tatsächlich, ich schaue einem Freund dabei zu, wie er einen Ego-Shooter spielt. Da wurden die Möglichkeiten, die dieser neuartige und mutige Inszenierungsstil geboten hätte, einfach nicht genügend ausgereizt oder perfektioniert. Es fehlen Ansätze, um dem Ganzen eine echte Handlung und einen Plot zum Mitfiebern zu verschaffen. Naishuller geht aufs Ganze und überschwemmt den Zuschauer zu sehr mit seiner Idee, so dass dieser das meiste gar nicht mehr bewusst wahrnimmt beziehungsweise wahrnehmen kann. „Hardcore“ ist ein Actionfeuerwerk, das mit schnellen Schnitten und einer Aneinderreihung von rasanten Szenen den Zuschauer dennoch überstrapaziert.

Es hätte dem Film gut getan, wäre man auf die Charaktere der Protagonisten eingegangen und hätte sich nicht nur dem Actionanteil gewidmet. An manchen Stellen wirken die Dialoge gekünstelt und teilweise etwas hohl, auch das hätte man um Längen besser machen können. Insgesamt ist „Hardcore“ durchaus sehenswert, vor allem, wenn man den Film als inszenatorisches Experiment betrachtet, sich darauf auch einlassen kann und die lange Laufzeit erträgt. Wer verwackelte Found Footage-Filme nicht mag, wird hier feststellen, dass es noch schlimmer geht, denn die verwackelte Kamera geht einem bereits nach kurzer Zeit auf die Nerven. Man erkennt, dass hier großer Aufwand betrieben wurde, aber herausgekommen ist letztendlich ein „Filmchen“ für Hardcore-Ego Shooter-Fans und eine Youtube-Generation, die sich Videos „reinzieht“, ohne Sinn dahinter entdecken zu wollen.

Mein Fall war „Hardcore“ nicht wirklich, obwohl ich, wie schon erwähnt, einige Stellen genoß. Schauspielerisch sind bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls nur schwache Leistungen zu sehen, denn, wenn Menschen zu sehen sind, agieren sie wie computergenerierte Personen und wirken nicht wirklich menschlich. Potential wäre durchaus da gewesen, wurde aber leider nicht genutzt. Ein Film zum einmal ansehen, um mitreden zu können, mehr aber auch nicht.

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Fazit: Vom Grundsatz her nette Idee, die aber auf die lange Laufzeit schon bald ermüdend wirkt und den Zuschauer überstrapaziert.

© 2017 Wolfgang Brunner