Violent Obsession (2023)

Originaltitel: Violent Obsession
Regie: Sebastian Zeglarski
Drehbuch: Sebastian Zeglarksi
Kamera: Dr. Kalt, Sebastian Zeglarski, Tim Rabenstein
Musik: Prisma Audio (Song: ALone – Kaltes Blut)
Laufzeit: 34 Minuten
Darsteller: Jim Aal, Kat Divine, Azraela Macabre, Jen Grotesque, Ben Grotesque, Ramona Groth, Carina
Genre: Horror, Splatter, Amateur
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Ein Mann erwacht. Er ist verwirrt und wird von seltsamen, blutigen Visionen heimgesucht. Während er durch den Wald torkelt, plagen ihn ekelerregende Erinnerungen, die Tod und Verderben beschwören. Illusion und Wirklichkeit verschmelzen immer mehr …

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Wer die Filme von Sebastian Zeglarski kennt, weiß genau, was einen erwartet. Nicht anders verhält es sich bei seinem neuen Kurzfilm „Violent Obsession“, der in 34 Minuten einen blutigen Albtraum erzählt, der abartiger nicht sein könnte. Da wird in keiner einzigen Minute mit Blut gespart. Zeglarski ist Teil von P.S.Y.C.H.O. Productions, wo er sowohl als Effektezauberer als auch Schauspieler mitwirkt. Doch entgegen der humorvollen Herangehensweise dieser Filme, setzt Zeglarski in seinen Solo-Projekten auf Zurschaustellung von Qualen, Folterungen und blutigen Toden. Wer auf handgemachte Spezialeffekte steht, wird hier eine halbe Stunde lang bestens unterhalten. Zeglarski versteht sein Handwerk. Seine Effekte brauchen sich nicht hinter größeren Produktionen zu verstecken. Als Beispiel sei hier nur die Szene genannt, in der einer Person das Auge mit einem Korkenzieher aus dem Schädel gerissen wird. Das wirkt durchaus wie eine Verbeugung vor Luis Buñuels und Salvador Dalís „Der andalusische Hund“ oder Lucio Fulcis Holzsplitterszene aus „Woodoo – Die Schreckensinsel der Zombies“.

Handlungstechnisch braucht man beim vorliegenden „Violent Obsession“ nicht viele Worte verlieren, denn Zeglarski geht es in seinen Filmen um etwas ganz anderes als Handlung. Zum einen sind es natürlich die bereits erwähnten Spezialeffekte, die seine Werke ausmachen, zum anderen sind es die Botschaften, die dem Regisseur wichtig sind. Ähnlich wie Jörg Buttgereit befasst sich Zeglarski mit den düsteren und deprimierenden Seiten des Lebens, setzt sich mit dem Tod und allen damit verbundenen Verästelungen auseinander, hält dem Publikum schonungslos den Spiegel vor Augen. Aber das ist bei weitem noch nicht alles: „Violent Obsession“ behandelt Schmerz, sexuelle Ausschweifungen, Wollust und Nekromantie; versucht eine Verbindung zwischen Leben und Tod herzustellen, die man durch die gezeigten Bilder durchaus versteht.

Gerade die Mischung aus brutaler Blutorgie und dunkler Poesie und Philosophie macht Zeglarskis Arbeit aus und verschafft ihm eine Art Sonderstellung in der Welt der Amateurfilmer. Auch wenn mir persönlich seine vorherigen Werke wie „What’s Wrong with You?“ oder „Lilli Got Sick“ ein klitzeklein bisschen besser gefallen haben, so reiht sich „Violent Obsession“ dennoch nahtlos in die filmischen Prämissen Zeglarskis ein. Und eines ist sicher: Sein neuestes Werk ist definitiv das blutigste, grenzwertigste und irgendwie auch mutigste. Sebastian Zeglarski – ein Name, den man sich merken sollte, wenn man an gut gemachten Amateurfilmen interessiert ist.

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Fazit: Blutiger Amateursplatter mit hervorragenden Spezialeffekten.

©2023 Wolfgang Brunner

Der König der Kannibalen (2016)

Originaltitel: Der König der Kannibalen
Regie: Master W & Cripper Criss
Drehbuch: Master W
Kamera: ?
Musik: European Breakdown
Laufzeit: 120 Minuten
Darsteller: Master W, Crippler Criss, Sebastian Zeglarski, Blutkid, Jim Aal, Sebastian Badenberg, Marc Gore, Uwe Choroba, Bemo B., Christof-Milla Braun
Genre: Horror, Splatter, Komödie
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Der Sildscheder Wald befindet sich fest in der Hand von Kannibalen.
Crippler Criss und Master W machen sich auf den Weg, um dem „Pfadfinder“ dabei zu helfen, das animalische Biest zur Strecke zu bringen, das vor nicht allzu langer Zeit seinen Bruder verspeist hat.
Ein blutiger, lebensgefährlicher Trip beginnt …

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Kaum hatte ich mir das neueste Produkt aus der Schmiede P.S.Y.C.H.O, Productions, nämlich den abgedrehten Kurzfilm „Das Geheimnis der Teufelspilze“ angesehen, da wurde ich natürlich neugierig, was die außergewöhnliche Truppe in der Vergangenheit bereits auf die Beine gestellt hat (ein paar Filme von Sebastian Zeglarski, der auch hier mit dabei ist, hatte ich ja schon gesehen).
Gleich vorweg: „Der König der Kannibalen“ besitzt einen ähnlichen Charme wie die erwähnten „Teufelspilze“, man muss sich lediglich darauf einlassen können, und das könnet für den ein oder anderen schwer sein. Das Team um Crippler Criss und Master W geht dermaßen gutgelaunt an ihre Projekte heran, dass man schon nach den ersten Minuten ein Grinsen ins Gesicht bekommt, das während der gesamten Laufzeit bestehen bleibt. Ich weiß, der Vergleich hinkt, aber in manchen Momenten dachte ich, ich schaue gerade die deutsche Version eines Monty-Python-Films an. Denn die Briten beachten genauso wenig irgendwelche Grenzen und den guten Geschmack, sondern machen, was sie wollen. So wie P.S.Y.C.H.O. Productions eben auch. 😉 Dies scheint ja wohl ein typisches Merkmal dieses Unternehmens zu sein.

Es ist gerade der außergewöhnliche Humor, der so manches Mal abgrundtief schwarz ist und vielen negativ aufstoßen dürfte, der „Der König der Kannibalen“ ausmacht. Man muss übrigens den Kurzfilm „Der letzte Kannibale“ , der letztendlich dann zu der vorliegenden Langfassung geführt hat, nicht unbedingt vorher sehen, aber hilfreich ist es dennoch, wenn man die „Vorgeschichte“ kennt. Master W sticht wieder durch seinen trockenen Humor hervor, dem Crippler Cris aber letztendlich in nichts nachsteht. Es macht einfach unglaublich Spaß, den beiden zuzusehen. Und wenn ich an die „Headbanger“-Szene mit Letzterem denke, bekomme ich gleich schon wieder das Grinsen für längere Zeit nicht aus dem Gesicht. Es sind vor allem die abgedrehte, unkonventionelle, fast schon kindische Art von Witz, die den Charme des Films ausmacht. Man spürt die Begeisterung der Filmemacher, was dazu führt, dass man sich während der gesamten Laufzeit keine Sekunde langweilt, sondern sich hervorragend amüsiert.

Die Spezialeffekte sind absolut gut gelungen, wenn man bedenkt, mit welchen Mitteln sie hergestellt wurden. Man fühlt sich unweigerlich an die Anfangszeit eines Olaf Ittenbach erinnert, auch Zeglarski beherrscht sein Handwerk. Sicherlich kann man das alles mit keinen Großproduktionen vergleichen (die ja oftmals auch noch CGI einsetzen), aber es stellt sich auch unweigerlich die Frage, ob man das auch überhaupt will. Denn „Der König der Kannibalen“ ist genau das, was man hin und wieder auch mal sehen will: Eine Produktion, die von Herzblut lebt und der man die Freude am Dreh in jeder Filmminute ansieht. „Der König der Kannibalen“ ist in erster Linie Funsplatter, der sein „Niveau“ in (für manch einen sicherlich gewöhnungsbedürftigem) Humor und Hommagen an Splatter- und Kannibalenfilmen sucht. Genau diese Verbindung klappt hervorragend und bringt einen Amateursplatter hervor, der aufgrund seiner nicht ernstzunehmenden und nicht zwanghaft nur auf Brutalität angelegte Prämisse funktioniert.
Für mich eindeutig ein Highlight in der deutschen Amateurfilm-Splatter-Szene.

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Fazit: Höchst amüsanter Splatterfilm mit gutgelaunten Schauspielern.

©2023 Wolfgang Brunner

Das Geheimnis der Teufelspilze (2023)

Originaltitel: Das Geheimnis der Teufelspilze
Regie: Sebastian Zieglarski & Master W
Drehbuch: Sebastian Zeglarksi & Master W
Kamera: Sebastian Zeglarksi & Master W
Musik: European Breakdown
Laufzeit: 20 Minuten
Darsteller: Jim Aal, Master W, Ska, Sebastian Zeglarski
Genre: Horror, Splatter, Komödie
Produktionsland: Deutschland
FSK: k.A.

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Zwei Freunde wollen die Wirkung von Pilzen ausprobieren … und entfesseln damit eine Hölle, die es in sich hat.

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Man muss sich schon auf die Prämisse von „Das Geheimnis der Teufelspilze“ einlassen können, um diese abgedrehte, durch und durch witzige Splatterorgie auch in dem Maße genießen zu können, wie von den am Film Beteiligten beabsichtigt. Das Ganze kann einen dann schon nach den ersten paar Minuten begeistern, was vor allem an den beiden Darstellern Jim Aal und Master W liegt, die einen mit ihrer charmanten Art sofort packen und mitreißen. Ich hatte schon zu Beginn des Öfteren ein Grinsen im Gesicht, das sich im Verlauf des Kurzfilms sogar noch steigerte. Wer diese Art von Humor versteht, wird – wie ich – süchtig nach „Das Geheimnis der Teufelspilze“ sein. Ich könnte mir diesen dämlichen Film (und das ist jetzt uneingeschränkt positiv zu verstehen) unentwegt ansehen. Klar darf man bei diesem Kurzfilm keine überragende Handlung erwarten, denn hier steht eindeutig der Spaß an der Freude im Vordergrund. Und diese gute Laune, die mit Sicherheit beim Dreh herrschte, wird sowohl von der abgedrehten Handlung als auch den mehr als gutgelaunten Darstellern transportiert.

Wenn man Jim Aal und Master W zusieht und zuhört, kommt man aus dem Grinsen nicht mehr raus. Ich kann mir vorstellen, wie schwer es für die beiden in manchen Szenen gewesen sein muss, ernst zu bleiben. Der trockene Humor und die Liebe zu Splatterfilmen kommt in diesem Kurzfilm so gut zum Tragen, dass man sich diesen immer wieder ansehen könnte. Auch wenn er natürlich wie ein Amateurfilm daherkommt – was er ja schließlich auch ist – so kann man durchaus die Talente der Mitwirkenden (seien es nun Darsteller, die Kamera oder Regie) erkennen, von denen sich so manch größere Produktion eine Scheibe abschneiden könnte. Die 20 Minuten machen schlichtweg unglaublich Spaß. Doch, wie anfangs schon erwähnt, sollte man wissen, dass man sich auf ein abgefahrenes, grenzüberschreitendes und absolut unkonventionelles Schlachtfest einlässt. Auf ähnliche Art und Weise hat uns bereits Olaf Ittenbach mit seinen beiden „Familienradgebern“ nicht ernstzunehmende Ausflüge in die Welt des harten und abartigen Splatterfilms serviert. „Das Geheimnis der Teufelspilze“ steht mit diesen beiden Filmen für mich auf einer Stufe.

Man kann den Film natürlich auch als absolut ekligen und unmoralischen Schwachsinn abtun, keine Frage. Dann hat man aber nicht verstanden, worum es den Regisseuren Sebastian Zeglarski und Master W geht, nämlich in erster Linie um Spaß und gute, selbstgemachte Spezialeffekte. Produziert von P.S.Y.C.H.O. PRODUCTIONS und Violent Art passt sich der Kurzfilm hervorragend in das Portfolio der beiden Produktionsfirmen ein und wird mit Sicherheit Freunde finden. So wie mich! 😉
„Das Geheimnis der Teufelspilze“ ist tabulose Splatterorgie und Situationskomik in einem. Ein Muss für Fans von unabhängigen (Kurz-)Filmen. Absolute Empfehlung!

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Fazit: Vollkommen bizarr, grotesk und originell. Ein blutiger Anschlag auf die Lachmuskeln!

©2023 Wolfgang Brunner

Fall (2022)

Originaltitel: Fall
Regie: Scott Mann
Drehbuch: Jonathan Frank, Scott Mann
Kamera: MacGregor
Musik: Tim Despic
Laufzeit: 107 Minuten
Darsteller: Grace Caroline Currey, Virginia Gardner, Jeffrey Dean Morgan, Mason Gooding
Genre: Thriller, Überlebensthriller
Produktionsland: Vereinigte Staaten, Vereinigtes Königreich
FSK: 16 Jahre

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Die beiden Freundinnen Hunter und Becky beschließen, einen verlassenen etwa 600 Meter hohen Funkturm, der mitten in der Wüste steht, hochzuklettern.
Doch kurz bevor sie die Spitze des Turmes erreichen, löst sich eine Schraube des Stahlgerüsts und die Leiter, die die beiden Frauen nach oben gestiegen sind, bricht weg. Die beiden Kletterinnen können sich zwar auf die kleine Plattform an der Spitze des Funkturms retten, aber sie müssen erkennen, dass kein Weg nach unten führt. Die Seile, die sie dabei haben, sind zu kurz und ihre Mobiltelefone haben kein Netz.

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Man erinnere sich an den spektakulären und atemberaubenden Anfang des Bergsteigerfilms „Vertical Limit“ aus dem Jahr 2000 und dehne das Ganze auf eine Länge von 107 Minuten. Heraus kommt „Fall“, ein Film, bei dem man selbst als Schwindelfreier noch Schnappatmung bekommt. Regisseur Scott Mann ist mit seinem handlungstechnisch minimalistischen Film ein Survivalthriller gelungen, der seinesgleichen sucht. Was bei „Fall“ in atemberaubenden Höhen und mit grandiosen Effekten gelingt, ist der pure Wahnsinn und macht den Film zu einem cineastischen „Pageturner“. Die Laufzeit von 107 Minuten vergeht wie im Flug, wenn man den beiden Protagonistinnen bei ihrem Abenteuer begleitet, das zum einen nervenzerfetzend spannend ist und zum anderen mit ruhigen Zwischentönen ausgestattet ist, so dass man seine in Decken oder Kissen verkrallten Finger auch mal etwas entspannen kann. „Fall“ ist ein filmischer Adrenalinstoß nach dem anderen. Und auch wenn die Handlung nicht immer nachvollziehbar und an manchen Stellen leicht übertrieben erscheint, unwiderlegbarer Fakt ist, dass dieser Film an die Nerven geht. Die Höhe des Funkturms wirkt nicht authentisch, und dennoch kann man sich dieser Achterbahnfahrt nicht entziehen. Man ist hautnah mit dabei, wenn sich Metall verbiegt, der Wind um die Ohren der beiden Kletterinnen pfeift und der Blick nach unten ein unangenehmes Schwindelgefühl verursacht.

Grace Caroline Currey und Virginia Gardner spielen ihre Rollen absolut glaubhaft und sehr sympathisch. Man nimmt den beiden sämtliche Handlungen ab, auch die gezeigten Kraftanstrengungen wirken glaubhaft.
Bei solcherart Filmen „sucht“ man fast schon nach Schwachstellen bei den Spezialeffekten. Doch was hier gelungen ist, ist wirklich atemberaubend. Die Sprünge in großer Höhe, die Stürze, die Weite des Landes unter der Plattform – das alles passt einfach und wirkt schon nach kurzer Zeit nicht mehr wie ein Effekt, sondern wie Realität. „Fall“ ist ein Film, den man sich tatsächlich öfter anschauen kann, weil man von den spektakulären Aufnahmen nicht genug bekommen kann.
Regisseur Scott Mann baut eine nahezu unerträgliche Spannung auf, die er erstaunlicherweise bis zum Ende zumindest gleichbleibend halten kann. Man stellt sich während des Films unweigerlich immer wieder die Frage, was man selbst in so einer Situation tun würde. Ich denke, ich werde einige der Bilder wohl für eine Zeit lang nicht mehr aus dem Kopf bekommen.
Und der, wenngleich auch kurze und an sich unbedeutende Auftritt von Jeffrey Dean Morgan tut dem Film sehr gut, zeigt er doch in den wenigen Momenten, welch ein großartiger Schauspieler Morgan ist.
„Fall“ ist eigentlich ein Film für die große Leinwand. Ich möchte nicht wissen, wie vielen aus dem Publikum bei so mancher Aufnahme übel wird, überfällt mich ja schon ein leichtes Schwindelgefühl, obwohl ich „Fall“ im heimischen Kino erlebt habe.
Obwohl ich mir genau dies von „Fall“ versprochen habe, nachdem ich erste Teaser gesehen habe, hat der Film dann letztendlich doch meine Erwartungen sogar noch übertroffen.
Für mich ein Highlight im Bereich des Survival-Thrillers, das man als Fan des Genres unbedingt gesehen haben muss.

Eurovideo veröffentlicht den Film auf DVD und Blu-Ray am 15.12.2022, der VoD-Start von „Fall“ ist am 01.12.2022.

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Fazit: Atemberaubend, nervenzerfetzend und unendlich spannend.

©2022 Wolfgang Brunner

Lilli got sick (2022)

Originaltitel: Lilli got sick
Regie: Sebastian Zeglarski
Drehbuch: Sebastian Zeglarski
Kamera: Sebastian Zeglarski
Musik: Sebastian Zeglarski
Laufzeit: 14 Minuten
Darsteller: Sebastian Zeglarski, Azraela Macabre
Genre: Horror, Gore, Amateurfilm, Kurzfilm
Produktionsland: Deutschland
FSK: ungeprüft

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Lilli sucht sich ein Opfer, um an ihm ein Ritual durchzuführen.

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Sebastian Zeglarski ist ein Name, den ich mir damals schon nach seinem „What’s wrong with you?“ unbedingt merken wollte. Nun erschien ein neuer Kurzfilm von ihm, der mich erneut alleine schon wegen der experimentierfreudigen Inszenierungsweise überzeugen konnte. Auf den ersten Blick mag der Film wie eine Aneinanderreihung unsinniger Folterszenen erscheinen, aber es steckt wieder viel zwischen diesen abscheulichen Bildern, die mich auch hier wieder an die Anfänge eines Peter Greenaway erinnerten. Hinzu kommt, dass manche Szenen wie aus einem fotorealistischen Gemälde des genialen österreichischen Künstlers Gottfried Helnwein erinnern. Vor allem die Einstellungen, in denen sich das Opfer mit verklebtem Mund in der Gewalt von Lili windet, wirken wie ein künstlerischer Albtraum, den man nicht mehr so schnell vergisst.
Es ist wirklich erstaunlich, mit welch geringen Mitteln Sebastian Zeglarski und Azraela Macabre eine derartig bedrohliche und beklemmende Atmosphäre erschaffen, die einen so in den Bann zieht, sodass man die Laufzeit von nur 14 Minuten wie in einer Art Drogenrausch empfindet.

Da es sich um ein Kurzfilm-Projekt handelt, übernahm Zeglarski alle Arbeiten, die anfielen. Von der Regie, über den Score und Schnitt, bis hin zu Skript, Kamera und natürlich Spezialeffekte. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie jemand in solch brutale, beklemmende und teils deprimierende eine Stimmung hineinzaubert, die künstlerisch wertvoll wirken. Zeglarski bewegt sich damit auf einem ähnlichen Niveau wie Jörg Buttgereit oder Marian Dora. Man kann natürlich darüber streiten, ob solche pseudokünstlerischen Werke eine Existenzberechtigung haben, aber mich regen solche Filme immer wieder zum Nachdenken an, lassen Raum zu Selbstinterpretationen und beschäftigen. Etwas Besseres kann man über einen Film letztendlich gar nicht sagen, oder?
Zeglarski bedient mit seinem von Violent Art produzierten Film sowohl Splatter- und Gorefans, als auch Leute, die einen gewissen Anspruch erwarten. Gerade diese Kombination machen Zeglarskis Filme aus. Die Effekte sind handgemacht und sehen dementsprechend realistisch und eklig aus. Wer sich für gut gemachte Independend-Filme interessiert, kommt an Sebastian Zeglarski und Violent Art nicht vorbei. Alleine die Anfangs- und Titelsequenz von „Lili got sick“ ist super gemacht. Ich freue mich schon sehr auf den nächsten Film von Zeglarski.

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Fazit: Erneut kann Zeglarski mit einem anspruchsvollen, künstlerischen Film mit hohem Goreanteil überzeugen.

©2022 Wolfgang Brunner

Wild Republic (Staffel 1) (2021)

Originaltitel: Wild Republic
Regie: Marcus Goller, Lennart Ruff
Drehbuch: Arne Nolting, Jan Martin Scharf, Klaus Wolfertstetter, Peer Klehmet, Jan Galli
Kamera: Christian Stangassinger, Jan-Marcello Kahl
Musik: Volker Bertelmann
Laufzeit: 8 Episoden a 50 Min.
Darsteller: Emma Drogunova, Merlin Rose, Maria Dragus, Béla Gabor Lenz, Rouven Israel, Aaron Altaras, Camille Dombrowsky, Luna Jordan, Anand Batbileg
Genre: Thriller, Drama, Action
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 16 Jahre

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Eine Gruppe jugendlicher Straftäter nimmt an einer Resozialisierungsmaßnahme in den Bergen teil. Doch schon am ersten Tag gerät dieses Experiment außer Kontrolle und die Jugendlichen flüchten in die Berge, wo sie sich eine eigene Existenz aufbauen.

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Es vergehen keine fünf Minuten und man ist süchtig nach „Wild Republic“. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen bekommt man immer wieder atemberaubende Natur- und Landschaftsaufnahmen zu sehen, die zeigen, wie wunderschön und gleichzeitig rau die Natur sein kann. Und zum anderen liefern die jungen Darstellerinnen und Darsteller teilweise eine oscarreife Glanzleistung ab. Die Handlung erscheint wie eine in die Alpen verlegte Neuinterpretation von „Herr der Fliegen“, hat aber weitaus mehr zu bieten, als eine abgeänderte Kopie des Kultromans und dessen erfolgreicher Verfilmung. „Wild Republic“ ist ein Psychogramm jugendlicher Straftäter, bei dem man zu sehen bekommt, wie solche „Straftaten“ entstehen. Die Rückblicke in die Vergangenheit jedes einzelnen aus der Gruppe erschaffen ein Bild, bei dem man die Handlungsweisen des jeweiligen Charakters und ihre Entwicklung durchaus versteht.

Die Serie ist so dermaßen spannend, obwohl sie im Grunde genommen sehr ruhig und unspektakulär erzählt wird, Aber wahrscheinlich ist es genau diese Erzählweise, die „Wild Republic“ zu einem unvergesslichen Erlebnis macht. Stellenweise erinnert die Inszenierung an die grandiose Fernsehserie „Der Pass“, die ebenfalls mit ihrer Atmosphäre von der ersten bis zur letzten Folge überzeugen kann. „Wild Republic“ ist ganz großes, emotionales Kino im Serienformat, von dem man sich wünscht, es würde niemals enden. Die Charaktere wachsen einem allesamt ans Herz, sogar die Antagonisten überzeugen in ihren Rollen derart intensiv, dass es eine wahre Freude ist, ihnen bei ihrem Schauspiel zuzusehen. Vor allem Béla Gabor Lenz trumpft mit seiner Rolle als Justin auf und erinnert zeitweise an einen jungen Klaus Kinski. Auf beeindruckende Weise stellt er einen undurchsichtigen jungen Mann dar, der teils unheimlich erschreckend und dann wiederum erwachsen vernünftig erscheint. Aber auch alle anderen Darsteller sind grandios. Wie gesagt, die Schauspieler dieser Serie sind unglaublich talentiert.

Zu den wunderschönen Aufnahmen und der fast schon melancholisch erzählten Geschichte gesellt sich noch der hypnotisierende Score von Volker Bertelmann hinzu, der die Atmosphäre nicht nur auf geniale Weise unterstützt, sondern auch in manchen Szenen geradezu mystische Emotionen erschafft. Bei dieser Serie, die, wenn man genauer darüber nachdenkt, eigentlich gar keine bahnbrechende Handlung aufweist, stimmt einfach alles: Setting, Schauspieler, Atmosphäre, Kameraführung, Spannungsaufbau und Soundtrack. Sicherlich kann man den Drehbuchautoren vorwerfen, dass so manches ein wenig vorhersehbar ist, aber die Wendung am Ende kommt dann doch wiederum überraschend und sorgt für frischen Wind. Mich persönlich hat „Wild Republic“ absolut begeistert.

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Fazit: Atemberaubende Bilder und ein perfektes Ensemble machen die Serie zu einem Highlight.

©2022 Wolfgang Brunner

Warten auf’n Bus – Staffel 2 (2021)

Originaltitel: Warten auf’n Bus
Regie: Fabian Möhrke
Drehbuch: Oliver Bukowski, Anne Rabe, Sophie Decker, Hannah Zufall, Dirk Laucke
Kamera: Falko Lachmund, Matthias Reiss
Musik: Johannes Repka
Laufzeit: 8 Folgen a ca 30 Min.
Darsteller: Felix Kramer, Ronald Zehrfeld, Jördis Triebel
Genre: Komödie
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 12 Jahre

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Sie sind wieder da: Ralle und Hannes!
Und es geht nahtlos weiter. Schon nach den ersten Folgen war ich bereits wieder fasziniert vom Ideenreichtum der Drehbuchautoren, die sich auf so geniale Weise den vielfältigen Themen näherten. Dieses Mal spielt auch Busfahrerin Kathrin eine tragende Rolle und macht aus dem sympathischen Duo ein fulminantes Trio. Vor allem die fünfte Folge „Ich Tarzan, Du Jane“, in der die drei von der Liebe sprechen, hat es in sich. Wie auf einfachste Weise über dieses komplexe Thema und die Differenzen zwischen Mann und Frau gesprochen wird … Hut ab! Das macht unglaublich Spaß, diesen Gesprächen zuzuhören und dabei die Mimik der Darsteller zu beobachten.

Die Männerfreundschaft, die in der ersten Staffel so tiefsinnig begonnen hat, wird in der vorliegenden zweiten Staffel vertieft. Man ist direkt dabei, wenn die beiden über alles Mögliche reden und dabei auf galante Weise Lösungen finden, die zufriedenstellen. Die Themen mögen auf den ersten Blick wie ein einfache Diskussion am Stammtisch aussehen, aber es steckt sehr viel hinter dem, was Ralle, Hannes und Kathrin da besprechen. Man möchte Folge um Folge inhalieren und wünscht sich, es würde niemals enden. Wüsste ich, wo sich diese fiktive Bushaltestelle befindet, ich würde mich ohne zu zögern auf den Weg machen, um die Protagonisten der Serie zu besuchen und mit ihnen zu diskutieren. Die zweite Staffel von „Warten auf’n Bus“ ist, wie die erste, direkt aus dem Leben gegriffen. Die Themen betreffen uns alle, mal mehr, mal weniger.

Die Situationskomik überzeugt, was nicht nur dem Drehbuch sondern auch den Talenten der Darsteller zu verdanken ist. Alles wirkt zeitlos und ungestellt, glaubhaft, ehrlich und vor allem sympathisch. Die Protagonisten harmonieren vor der Kamera miteinander, wie es besser nicht sein könnte. Vor allem Ronald Zehrfeld und Felix Kramer verkörpern ihre Charakter unglaublich gekonnt. Und in dieses Duo fügt sich nun Jördis Triebel hervorragend mit ein. Ich hoffe wirklich sehr, dass die Macher noch eine dritte (vierte, fünfte) Staffel hinterherschicken, denn leider bekommt man selten so eine grandiose, auf den Punkt gebrachte Serie aus Deutschland zu sehen. So macht das „Warten auf’n Bus“ definitiv Spaß.

Übrigens ertappe ich mich oft dabei, dass ich die Titelmelodie vor mich hin summe oder im Kopf höre. 🙂

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Fazit: Grandiose zweite Staffel der deutschen Ausnahmeserie.

©2022 Wolfgang Brunner

Life in Space (2021)

Originaltitel: Settlers
Regie: Wyatt Rockefeller
Drehbuch: Wyatt Rockefeller
Kamera: Willie Nel
Musik: Nitin Sawney
Laufzeit: 103 Min.
Darsteller: Sofia Boutella, Ismael Cruz Córdova, Brooklynn Prince, Nell Tiger Free, Johnny Lee MillerGenre: Science Fiction, Drama
Produktionsland: Großbritannien
FSK: ab 16 Jahre

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Mutige Siedler stellen sich den Herausforderungen, den Mars zu besiedeln. Eine Familie, bestehend aus einer Frau, einem Mann und einer Tochter, bauen sich eine neue Existenz auf, in der alles annehmbar und zufriedenstellend verläuft. Doch dann tauchen Fremde auf und bedrohen die Familie und ihre Wohnstätte in Anspruch nehmen wollen. Plötzlich ist nichts mehr, wie es vorher war …

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Der vorliegende Film ist wieder einmal ein Paradebeispiel deutscher Filmtitelkunst: Aus dem Originaltitel „The Settlers“ (zu deutsch: „Die Siedler“) den „deutschen“ Kinotitel „Life in Space“ zu machen ist grandios. Einen englischen Titel in einen anderen englischen einzudeutschen zeigt, wie intelligent in der deutschen Filmbranche gearbeitet wird. Auf meine Bewertung hat dieser Schwachsinn keinen Einfluss, aber eine deutsche Übersetzung in „Die Siedler“ wäre der Handlung des Films auf jeden Fall gerechter geworden und wäre auch sinniger gewesen. Nun denn …
Wer beim vorliegenden Film eine ausschließlich ruhige und langweilige Erzählung erwartet, wird schon nach den ersten Minuten eines Besseren belehrt: „Life in Space“ ist unglaublich spannend und vor allem authentisch in Szene gesetzt, so dass in keiner Filmminute Langeweile aufkommt und man permanent wissen möchte, wie die Geschichte weitergeht. Dennoch wird alles sehr unspektakulär und zurückhaltend erzählt, was viele als „langweilig“ bezeichnen dürften. Allein dieses besonnene Vorgehen ist aber schon ein großer Pluspunkt des Films, an den man sich noch lange erinnert. Hinzu kommt aber dann noch die Besetzung, die nicht besser sein könnte. Die Schauspieler schlüpfen absolut überzeugend in ihre Rollen und verkörpern ihre Charaktere vollkommen glaubwürdig.

Gerade die Mischung aus ruhiger, glaubwürdiger Erzählweise und spannenden Thriller-Elementen machen „Life in Space“ zu einem absolut sehenswerten Film, der noch eine zeit lang im Gedächtnis haften bleibt und nachhallt. Sowohl die souveräne Kameraführung durch Willie Nel als auch die mehr als passende Musik von Nitin Sawney unterstreichen die Dichte dieses Films, der sich dadurch auch von gängigen Science-Fiction-Produktionen erfrischenderweise etwas abhebt. Hier wird nicht auf Effekte, sondern auf Story und Schauspiel Wert gelegt.
Die meisten werden leider mit „Life in Space“ nicht viel anfangen können, weil er für die heutigen Sehverhältnisse und Erwartungshaltungen schlichtweh zu ruhig (und daher langweilig) daherkommt. Regisseur Wyatt Rockefeller wird mit seinem Film eher die Generation an Filmliebhabern ansprechen, die sich (auf „altmodische“ Art und Weise) auf ein solches Abenteuer einlassen können und nicht alle fünf Minuten ein Spezialeffekte-Gewitter oder Jumpscares erwarten, sondern sich gefangennehmen und hypnotisieren lassen.
Für mich war „Life in Space“ eine große Überraschung, genau aus dem Grund, weil sich der Film von anderen Genrebeiträgen abhebt und einen eigenen Weg geht, in dem er nämlich schlicht und ergreifend eine tolle Geschichte erzählt. Von mir gibt es daher volle Punktzahl.

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Fazit: Ruhiger, stimmungsvoller SF-Film, der von Anfang bis Ende zu fasziniert.

©2022 Wolfgang Brunner

Warten auf’n Bus – Staffel 1 (2020)

Originaltitel: Warten auf’n Bus
Regie: Dirk Kummer
Drehbuch: Oliver Bukowski, Anne Rabe, Sophie Decker, Hannah Zufall, Dirk Laucke
Kamera: Falko Lachmund, Matthias Reiss
Musik: Johannes Repka
Laufzeit: 8 Folgen a ca 30 Min.
Darsteller: Felix Kramer, Ronald Zehrfeld, Jördis Triebel
Genre: Komödie
Produktionsland: Deutschland
FSK: ab 12 Jahre

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Die beiden arbeitslosen Endvierziger Hannes und Ralf treffen sich jeden Tag an der Busendhaltestelle und reden und philosophieren über das Leben im Allgemeinen und ihr Leben im Speziellen.

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Es ist immer wieder erstaunlich, wie überrascht man von Serien sein kann, an die man mit keinerlei Erwartungshaltung herangeht. „Warten auf’n Bus“ entwickelte sich für mich von Folge zu Folge immer mehr zu einer fast schon kultverdächtigen Serie, die mich so dermaßen in ihren Bann gezogen hat, dass ich nach der letzten Folge wirklich traurig war, die beiden Hauptdarsteller nicht mehr sehen zu können. (Nun gut, glücklicherweise gibt es ja noch eine zweite Staffel.)
Felix Kramer als Ralf und Ronald Zehrfeld als Hannes sind einfach unglaublich authentisch und sympathisch. Es macht so eine Freude, den beiden beim Philosophieren, Streiten und Diskutieren zuzusehen, dass man sich bei jeder Folge wünscht, sie würde Spielfilmlänge haben. Da werden die verschiedensten Themen auf eine Art und Weise behandelt, die sich immer zwischen melancholischer Ernsthaftigkeit und schwarzhumorigem Lebenswitz befindet, genau so, wie das reale Leben.

Nazis, Ost und West, Arbeitslosigkeit, Liebe, Leben, Frust, Sexualität, Kindheit und Glück … über all diese Dinge unterhalten sich die beiden Freunde und geben dem Zuschauer bei jeder Folge einen Anstoß zum Nachdenken mit. Das Schauspiel der beiden ist umwerfend, man kann gar nicht genug davon bekommen, wie die beiden miteinander umgehen, wie sie Probleme bereden, zerreden und letztendlich auch lösen. Man möchte sich zu ihnen setzen und mitdiskutieren, mit den beiden lachen und weinen, mit ihnen leben. Denn nichts anderes als das Leben selbst behandelt „Warten auf’n Bus“. Mein Respekt gilt den Drehbuchautoren, die punktgenaue Dialoge abliefern, aber auch dem Regisseur Dirk Kummer, der die Episoden so dermaßen kurzweilig inszenierte, dass man gar nicht glauben kann, wenn sie zu Ende sind.

„Warten auf’n Bus“ bedeutet für mich Nostalgie, Melancholie, Menschlichkeit und noch so vieles mehr. Da steckt in jeder Folge, ja, in jedem Satz eine Lebensweisheit und ein Lebenshumor drin, an die man sich auch in der Realität gewöhnen könnte und die man sich wünscht. Ich weiß jetzt schon, dass ich mir diese Serie immer wieder einmal anschauen werde, weil sie ich wirklich begeistert hat. Nicht nur die Themen und die Inszenierungsweise, sondern auch die beiden Darsteller, die sich in mein Herz gespielt haben. DAS nenne ich mal eine tolle, durchdachte, kurzweilige und niveauvolle Serie aus Deutschland, die mich schlichtweg umgehauen hat.
Und jetzt bin ich umso mehr auf die zweite Staffel gespannt.

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Fazit: Eine der besten deutschen Serie, die extrem viel an Lebensgefühl und -weisheit vermittelt.

©2022 Wolfgang Brunner

Archenemy (2020)

Originaltitel: Archenemy
Regie: Adam Egypt Mortimer
Drehbuch: Adam Egypt Mortimer, Lucas Passmore
Kamera: Halyna Hutchins
Musik: Matt Hill (als Umberto)
Laufzeit: 90 Min.
Darsteller: Joe Manganiello, Jessica Allain, Skylan Brooks, Amy Seimetz, Joseph D. Reitman, Mac Brandt
Genre: Action
Produktionsland: Vereinigte Staaten
FSK: ab 16 Jahre

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Max Fist behauptet, ein Held aus einer anderen Dimension zu sein. Einst fiel er durch Zeit und Raum auf die Erde, wo er seine Kräfte verlor und seitdem als Obdachloser durch die Welt streift. Niemand glaubt seine Geschichten, außer einem Teenager namens Hamster. Mit der Zeit kristallisiert sich heraus, dass Max’ Geschichten sich immer mehr mit der Realität vermischen …

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„Archenemy“ zählt für mich zu den Filmen, auf die man sich einlassen muss, um sie so richtig genießen zu können. Denn Regisseur Adam Egypt Mortimer spricht definitiv nicht das Mainstream-Publikum an, sondern geht einen ganz eigenen, speziellen Weg. Die Kombination aus Realfilm und Comic gelingt ihm außerordentlich gut, sofern man sich mit den relativ simplen Zeichnungen anfreunden kann. Genau die sind es aber auch wiederum, die den Film zu etwas Besonderem machen. Wie gesagt, man muss sich darauf einlassen können. Sobald dies geschehen ist, wird man mit einem außergewöhnlichen Film belohnt, der seine Geschichte auf sehr unkonventionelle Weise erzählt und zudem mit tollen Schauspielern aufwarten kann. Es macht ungemein Spaß, den Protagonisten bei ihren Abenteuern zu begleiten.

Auch wenn „Archenemy“ immer wieder vorgeworfen wird, er würde sein Potential verschenken, um eine echte Ausnahme unter den Superheldenfilmen darzustellen, so wage ich zu widersprechen, denn genau das hat Regisseur Mortimer doch gemacht: Einen Superheldenfilm gedreht, der irgendwie dann doch wieder keiner ist. Genau das macht mir den Film sympathisch, weil er eben anders ist und nicht doch aus Versehen ins Fahrwasser der Großproduktionen gerät, sondern konsequent seinen unabhängigen Weg geht.
Vor allem Jessica Allain und Skylan Brooks haben es mir neben Hauptdarsteller Joe Manganiello angetan. Die beiden jungen Schauspieler agieren herrlich erfrischend und unverbraucht, was dem Film einen wirklich sehenswerten Aspekt verleiht. Überhaupt profitiert „Archenemy“ von den Leistungen der Schauspieler, die sich sehr überzeugend in ihren Rollen verhalten.

Sicherlich kann man dem Film vorwerfen, dass er sich nicht genügend um die Vermischung beider Welten kümmert. Eines kann tatsächlich nicht von der Hand gewiesen werden: Die Comicwelt kommt einfach zu kurz, besitzt zu wenig Tiefe, um das Aufeinandertreffen der beiden Welten dramatisch genug zu machen. Aber dieser, in meinen Augen für das Gesamtergebnis nicht ausschlaggebende „Makel“ wird überdeckt von einem tollen, düsteren Setting, das sich durch den ganzen Film zieht und eine erfrischende Abwechslung gegenüber den modernen Comicadaptionen darstellt, bei der man sich mehr auf Schauspiel als auf ein buntes Effektegewitter konzentriert. Allein unter diesem Aspekt ist „Archenemy“ auf jeden Fall einen Blick wert. Der Score von Matt Hill und die Kinematografie von Halyna Hutchins tragen ebenfalls dazu bei, dass das Publikum einen Ausnahmefilm abseits des Mainstream zu sehen bekommt. Mit hat „Archenemy“ definitiv gefallen..

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Fazit: Ein etwas anderer Superheldenfilm.

©2022 Wolfgang Brunner